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Bericht
01.07.2020
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Erwartungen des Europäischen Parlamentes an die Deutsche EU Ratspräsidentschaft

Gesprächskreis (Videokonferenz) mit Rainer Wieland MdEP, Vizepräsident des Europäischen Parlamentes
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Für ihn sei das nun die dritte Deutsche EU-Ratspräsidentschaft, die er als Europaparlamentarier begleite, 1999 unter Bundeskanzler Gerhard Schröder, 2007 und nun 2020 unter Bundeskanzlerin Angela Merkel, erläuterte Rainer Wieland MdEP.

 

„Die Deutsche EU-Ratspräsidentschaft wird durch die Corona-Pandemie und die dadurch verursachte Gesundheits- und Wirtschaftskrise geprägt sein, die wahrscheinlich die sozialen und politischen Spannungen innerhalb der EU vertieft hat. Leider sind durch die Corona-Krise die Arbeitsmöglichkeiten für die deutsche Ratspräsidentschaft in Brüssel erheblich eingeschränkt und führen zu einem Verlust an Effizienz.

Die EU muss aber rasch wieder in die Lage kommen, über das unmittelbare Krisenmanagement hinaus ihre politische Agenda, angefangen bei der Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit bis zu Klimaschutz und Digitalisierung, voranzubringen. Dazu gehört, dass Politik und Diplomatie wieder im persönlichen Kontakt und direkten Austausch stattfinden können.

Die Bundesregierung muss nun als ehrlicher Makler dazu beitragen, dass 2020 das Jahr wird, in dem die EU auf die Zukunft vorbereitet wird. Die Unterstützung des wirtschaftlichen Aufschwungs sollte die großen Umwälzungen der Digitalisierung und den „Green Deal“ durch wirkliche europäische Projekte entscheidend vorantreiben“, sagte Rainer Wieland MdEP zu Beginn des Gespräches mit dem Wirtschaftsrat Brüssel.

 

Der europäische Binnenmarkt, in den Deutschland über 60% seiner Waren und Dienstleistungen exportiere, sei von herausragender Bedeutung für die deutsche Wirtschaft. Daher sei es auch im Interesse der Bundesrepublik Deutschland, dass alle EU Mitgliedsstaaten mittel- bis langfristig wieder wirtschaftlich gesund aus der jetzigen Krise herauskämen. „Eine Transferunion aber lehne ich ab“ betonte der Vizepräsident des Europäischen Parlamentes.

 

Solidarität und Solidität gehörten zusammen, genauso wie Verantwortung und Haftung. Der Wiederaufbaufonds und der Mehrjährige Finanzrahmen, der noch im Juli 2020 von den Staats- und Regierungschefs beschlossen werden soll, dürfe kein frisches Geld für alte Probleme bereit stellen.

 

Rainer Wieland plädierte dafür, das Ziel des Green Deal, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen, mit Augenmaß und Realismus zu verfolgen. Die EU müsse die Gelder aus dem Wiederaufbaufonds und dem Mehrjährigen Finanzrahmen in sinnvolle Investitionen und die technologische Transformation kanalisieren. Ein disruptiver Ansatz dagegen berge die Gefahr von schweren Verwerfungen in der europäischen Wirtschaft und am Arbeitsmarkt.

 

Die jetzige Krise habe auch gezeigt, dass die EU für solche akuten Situationen nicht vorbereitet war. Daher erwarte man von der Deutschen Ratspräsidentschaft die Grundlagen für einen zukünftigen Krisenreaktionsmechanismus zu legen. Das Europäische Parlament werde sich hierfür zusammen mit den anderen EU Institutionen einsetzen.