Finanzmarktklausur 2025
Privates Kapital stärker mobilisieren
Privates Kapital stärker mobilisieren
Die Finanzmarktklausur des Wirtschaftsrates zählt in Berlin zu den wichtigsten Foren für einen fachlichen Austausch über die Bedeutung der Finanzwirtschaft für Wirtschaft, Wachstum und Wohlstand. Die diesjährige Berliner Finanzmarktklausur stand im Zeichen einer zentralen Kernfrage: Wie gelingt es, privates Kapital stärker für Wirtschaft, Wachstum und öffentliche Projekte zu mobilisieren? Diese Schwerpunktsetzung fand auch in der Börsen-Zeitung Resonanz, die die Mobilisierung privaten Kapitals als Kernthema der Klausur hervorhob.
Dabei ist die Finanzmarktklausur nicht nur der Ort, an dem das Who is Who der Finanzwirtschaft mit den hochrangigen Vertretern des politischen Berlins zusammenkommen. Sie ist immer auch unter den Finanzmarktteilnehmern ein Stimmungstest zu Schlüsselthemen der Branche.

Astrid Hamker ©Jens Schicke
Die Präsidentin des Wirtschaftsrates der CDU, Astrid Hamker, eröffnete die Finanzmarkklausur mit einem alarmierenden Befund. Das Produktivitätswachstum in Deutschland und Europa sei zuletzt negativ, gleichzeitig stünden die Unternehmen vor einem tiefgreifenden Strukturwandel. Es sei ein Kraftakt an Innovationen nötig, der ohne privates Kapital schlicht nicht zu schaffen sei. Sie betonte daher: „Für mehr Produktivität brauchen wir mehr Investitionen – und dafür braucht es mehr privates Kapital. Die Finanzwirtschaft nimmt eine Schlüsselrolle zur Finanzierung von Wachstum und Wirtschaft ein.“

Nicola Beer ©Jens Schicke
Auch die Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank (EIB), Nicola Beer, griff in ihrer Keynote diesen Punkt auf: „Ohne private Investitionen sind die Herausforderungen nicht zu stemmen.“ Sie warb für eine Renaissance der Öffentlich-Privaten-Partnerschaften und machte deutlich: „Wir machen Privat Public Partnership überall in der EU, nur in Deutschland diskutieren wir das rauf und runter.“ Das könne sich Deutschland nicht mehr leisten. Auch für die Unternehmensfinanzierung brauche es „endlich die Vertiefung des Kapitalmarkts. Auf dem Weg vom Startup zum Scaleup und dann zum Börsengang klafft in Europa eine Finanzierungslücke".

Dr. Cornelius Riese, Clemens Koch ©Jens Schicke
In der Opening Session konnten die politischen Thesen mit Dr. Cornelius Riese, Vorstandsvorsitzender der DZ Bank, und Clemens Koch, Mitglied der Geschäftsführung bei PwC Deutschland, vertieft erörtert werden. Beide stellten auf einen internationalen Zusammenhang ab und betrachteten die Rolle Europas in der Welt. Dr. Cornelius Riese sieht für Europa eine Doppelstrategie aus internationaler Kooperation einerseits und eigener Souveränität andererseits. Auch Clemens Koch sah die Aspekte von Souveränität und Resilienz untrennbar miteinander verbunden. Als Gastgeber und Hausherr betonte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Prof. Dr. Ulrich Reuter: „Wir müssen privates Kapital im großen Stil und systematisch investieren. Investitionen zu ermöglichen, muss im Mittelpunkt politischer Entscheidung stehen und nicht mehr die Sorge darüber, dass Investitionen ein Risiko darstellen.“

Dr. Joachim von Schorlemer, Dr. Andreas Schwarz, Eduard Borscher, Matthias Meyer ©Jens Schicke
Unter der Moderation von Dr. Joachim von Schorlemer wurde die Rolle eines Europäischen Finanzbinnenmarktes in einem anschließenden Panel von Dr. Andreas Schwarz, Kabinettchef der EU-Kommissarin Ekaterina Zaharieva, Edouard Boscher, Leiter Private Markets bei Carmignac und Matthias Meyer, Global Head of Product Specialists and Development der DWS Group, diskutiert.
Edouard Boscher sieht im Private Equity Segment einen zentralen Motor für Innovationen und Unternehmenswachstum, das künftig auch weniger erfahrenen Anlegern offenstehen sollte. Der Handel mit bestehenden Beteiligungen am Privaten Markt, sogenannte Secondaries, böten dafür einen geeigneten Weg, da sie Risiken reduzieren und mehr Liquidität schaffen. Für Matthias Meyer leidet Europa an fehlendem Kapital. Es brauche eine bessere Regulierung, um mehr private Mittel zu mobilisieren. Reformschritte im deutschen Rentensystem seien nötig, das Interesse internationaler Investoren anhaltend hoch. Dr. Andreas Schwarz warb für die neue Initiative der EU für eine „Start-up- und Scale-up-Strategie“. Es würden Hürden abgebaut, Finanzierungsmöglichkeiten verbessert sowie grenzüberschreitendes Wachstum, Zugang zu Talenten und moderne Infrastruktur gezielt gestärkt.

Angela Wefers, Anja Karliczek MdB, Dr. Joachim Schmalzl ©Jens Schicke
Der Zusammenhang zwischen einem starken EU-Kapitalmarkt und der Resilienz in der EU wurde auch in einem One-on-One zwischen der Abgeordneten Anja Karliczek MdB, CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und dem Mitglied der DSGV-Geschäftsführung, Dr. Joachim Schmalzl, zum Digitalen Euro aufgegriffen. Die Abgeordnete Karliczek betonte zwar die Notwendigkeit europäischer Souveränität im Zahlungsverkehr; hier warnte sie davor, dass Europa im digitalen Zahlungsverkehr von US-Stablecoins abhängig werde, wenn Plattformen künftig nur noch diese akzeptieren. Sie schlussfolgerte jedoch, es brauche privatwirtschaftliche Lösungen sowie mehr Engagement der deutschen Finanzindustrie. Einem Digitalen Euro als Retail-CBDC steht sie skeptisch gegenüber. Dr. Joachim Schmalzl kritisierte, dass Europa als einziger großer Wirtschaftsraum kein einheitliches Zahlungssystem besitze. Er sieht marktbasierten Lösungen wie EPI als innovationsstärker als einen administrativ getriebenen Digitalen Euro, warnte aber zugleich, dass eine gesetzliche Annahmepflicht für digitale Zahlungen private Anbieter verdrängen könnte.
Der Nachmittag der Finanzmarktklausur widmete sich insbesondere den Potentialen privaten Kapitals für die Finanzierung der Wirtschaft, aber auch öffentlicher Aufgaben. Bei der künftigen Finanzierung der Wirtschaft in Deutschland ergäben sich auch Herausforderungen der mittelständischen Unternehmen.

Angela Wefers, Klaus Wiener MdB, Dr. Matthias Voelkel, Frank Schönherr, Ralf Brunkow ©Jens Schicke
Ralph Brunkow, langjähriger CFO für verschiedene Unternehmen in Deutschland, beschrieb, dass 40 Prozent der Investitionen der letzten Jahre nicht mehr über Kredite liefen, sondern über Eigenkapital ohne Banken. Die Kapitalmarktunion werde kommen, hierauf müsse sich die mittelständische Wirtschaft noch stärker vorbereiten. Auch für Dr. Klaus Wiener MdB, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Wirtschaftsausschuss, sei ein tiefer deutscher Kapitalmarkt „der Schlüssel zum Erfolg“. Die Langzeitfinanzierung werde für Banken regulatorisch erschwert. Banken müssten in der Lage sein, Mezzanine-Kapital und alternative Instrumente der Langfristfinanzierung anzubieten.

Frank Schönherr ©Jens Schicke
Frank Schönherr, Group Senior Country Officer Germany der Crédit Agricole, machte deutlich, dass es hierfür auch einen echten europäischen Bankenmarkt brauche. Solange trotz der EU unterschiedliche nationale Regulierungsregime hohe Zusatzkosten verursachten, sei es für Banken schwer, Geschäftsmodelle grenzüberschreitend zu skalieren. Zugleich warnte er davor, den klassischen Kredit zu unterschätzen: Dieser bleibe ein zentraler Hebel für Innovation. Private-Equity-Investitionen funktionierten in Deutschland dort besonders gut, wo Unternehmen mit innovativen Geschäftsmodellen aufträten – Kapital sei grundsätzlich vorhanden, wenn Rahmenbedingungen und Perspektive stimmten.

Dr. Matthias Voelkel ©Jens Schicke
Dr. Matthias Voelkel, CEO der Boerse Stuttgart Group, warb für einen europäischen Markt auch für Kapital. Zugleich warnte er vor einer verkürzten Debatte um die Kapitalmarktunion. Es gehe um die zersplitterten Kapitalmärkte in der EU, nicht um die Einrichtung einer zentralen europäischen Einheitsbörse. Problematisch sei zudem, dass kaum deutsche Anleger in DAX-Unternehmen investiert seien. Positives Gegenbeispiel sei Schweden, das sich als „Land der Aktionäre“ verstehe. Dort sei man bei der Umsetzung europäischen Rechts deutlich pragmatischer, was zu einer stärkeren Einbindung von Aktienanlagen in die private Altersvorsorge führte. Deutschland müsse hier rasch aufholen.

Marcel Beverungen, Sandra Veseli ©Jens Schicke
In der anschließenden Podiumsdiskussion „Investitionsbaustelle Deutschland – Hebeln privaten Kapitals für öffentliche Investitionen“ rückte die Finanzierung staatlicher Aufgaben in den Mittelpunkt. Marcel Beverungen, Managing Director CVC DIF Germany, betonte, Kapital sei grundsätzlich verfügbar, aber extrem mobil und werde bei veränderten Rahmenbedingungen schnell neu allokiert. Selbst US-Investoren sähen den europäischen Markt derzeit vielfach positiv, weil dieser regulatorische Sicherheit biete. Sandra Veseli, Head of Europe und Country Manager Germany bei Moody’s, verwies darauf, dass Deutschland weiterhin ein solides Rating habe. Die Bewertung fuße allerdings auf die langfristigen Erwartungen für Wachstumspotenziale. Kurz- und mittelfristig fehle es jedoch an einer besseren Balance zwischen konsumtiven Ausgaben und zukunftsorientierten Investitionen.

Katharina Beck MdB, Stefan Müller ©Jens Schicke
Die finanzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen, Katharina Beck MdB, hob hervor, dass Wettbewerbsfähigkeit und eine konsequente Hebelung privater Investitionen zwei Seiten derselben Medaille seien. Es gelte, einen tragfähigen Mittelweg zu finden: marktwirtschaftliche Ordnung mit klaren, akzeptierten Regeln, bei gleichzeitiger Bereitschaft, überzogene oder ineffiziente Regulierung abzubauen. Stefan Müller, Präsident und Vorstandsvorsitzender, Genossenschaftsverband Bayern, unterstrich, dass mit dem Standortfördergesetz für Fonds neue Möglichkeiten entstünden, private Mittel für öffentliche Investitionen zu mobilisieren. Entscheidend sei, diese Instrumente nun pragmatisch zu nutzen und die Denke in Richtung einer stärkeren Rolle privaten Kapitals bei der Finanzierung öffentlicher Aufgaben weiterzuentwickeln.

Florian Rentsch ©Jens Schicke
Im anschließenden Impuls zur Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland machte Florian Rentsch, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Sparda-Banken und Sonderbeauftragter für den Finanzplatz Frankfurt, deutlich, dass Deutschland und insbesondere Frankfurt im Wettbewerb mit anderen europäischen Finanzzentren stünden. Es gehe nicht darum, Konkurrenz zwischen deutschen Finanzplätzen zu organisieren, sondern Frankfurt als starken europäischen Finanzplatz zu positionieren.

Marcus W. Mosen ©Jens Schicke
Wie digitale Finanzdienstleister neue Zielgruppen für Vermögensaufbau und Altersvorsorge erschließen können, stand im Fokus des Impulses von Marcus W. Mosen, Co-CEO von N26. Er unterstrich, dass FinTechs vor allem jüngeren Generationen das Investieren deutlich erleichtert hätten; in Deutschland gebe es inzwischen mehr Aktionäre unter 40 Jahren als über 40. Mosen warb für ein standardisiertes, kosteneffizientes, digitales Depot, mit dem ein frühzeitiger Vermögensaufbau idealerweise von Geburt an möglich werde. Deutschland müsse wieder Mut zur Vereinfachung aufbringen, auch in der Regulierung.

Dr. Benon Janos, Kim Felix Fomm ©Jens Schicke
In der anschließenden Podiumsdiskussion „Hebeln privaten Kapitals – Rolle von Vermögensaufbau und Altersvorsorge für einen tiefen Kapitalmarkt“ griff der Moderator Christian Pellis, Chief Executive Officer bei Amundi Deutschland, den Impuls von Marcus Mosen auf: Die Amundi Digitalstudie zeige, dass 78 Prozent der Befragten über digitale Plattformen investierten, mit dem Hauptmotiv der Altersvorsorge. Die Diskussion vertiefte daher den Zusammenhang zwischen dem Kapitalmarkt und dem Vermögens- und Vorsorgeaufbau. Kim Felix Fomm illustrierte die Größenordnungen, um die es geht: Während für eine Frühstart-Rente nur verhältnismäßig geringe Mittel vorgesehen seien, beliefen sich die Ausgaben für zusätzliche rentenpolitische Leistungen wie die Mütterrente auf ein Vielfaches. Hier zeige sich, dass Prioritäten anders gesetzt werden müssten, wenn man den Kapitalmarkt nachhaltig stärken wolle. Dr. Benon Janos verwies auf internationale Beispiele: Länder wie Polen, die sich am schwedischen Modell orientierten, hätten gezeigt, dass entschlossene Reformschritte in Richtung kapitalgedeckter Elemente möglich seien.

Christian Pellis, Dr. Carsten Brodesser MdB, Karl Matthäus Schmidt ©Jens Schicke
Dr. Carsten Brodesser MdB machte deutlich, dass Deutschland bei der kapitalgedeckten Altersvorsorge „zu spät dran“ sei und die Politik hierfür eine wesentliche Mitverantwortung trage. Seit vielen Jahren werbe er für Reformen, die Verzahnung von Frühstart-Rente und Riester-Reform sowie die bessere Nutzung der betrieblichen Altersvorsorge. Karl Matthäus Schmidt hob hervor, dass eine stärkere Fokussierung auf aktienbasierte Anlageformen notwendig sei, um die Renditechancen der Kapitalmärkte besser zu nutzen. Hierüber würde auch der deutsche Kapitalmarkt wiederum gestärkt.

Angela Wefers, Dr. Alexandra Hachmeister, Dr. Peter Robejsek, Sascha Schwarz, Andrea Trapp, Alexander Höptner ©Jens Schicke
Den technologischen Aufbruch in der Finanzwirtschaft nahm das Panel „Technologiepotential für die Finanzwirtschaft – vom Digitalen Euro zur Tokenisierung“ in den Blick. Dr. Alexandra Hachmeister, Leiterin des Zentralbereichs Digitaler Euro, Deutsche Bundesbank, gab eine Einordnung zu den verschiedenen Entwicklungen vom Digitalen Euro über Wholesale-CBDC und Stablecoins bis hin zu B2B-Anwendungen. Die Tokenisierung werde die Finanzmärkte grundlegend verändern, auch die Beziehung zwischen Stablecoins und digitalem Zentralbankgeld gewinne an Bedeutung. Umso mehr sehe die Bundesbank den Digitalen Euro als Beitrag zur Souveränität der EU. Dr. Peter Robejsek, Geschäftsführer, Mastercard Deutschland, griff die strategische Autonomie auf, diese sollte jedoch Hand in Hand gehen mit Kooperation und der Nutzung des Know-hows des privaten Sektors. Sascha Schwarz, Financial Services Leader DACH, DXC Technology, betrachtete die Übergangsphase zum Digitalen Euro. Regulierte Stablecoins könnten helfen, Innovationen im Zahlungsverkehr voranzubringen – unter europäischer Aufsicht und mit stabiler Governance. Diese Übergangsphase sei entscheidend, um Know-how aufzubauen und internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Für Andrea Trapp, Chief Commercial Officer, Experian GmbH, ist ein Digitaler Euro nur dann sinnvoll, wenn er sich nahtlos in die bestehende technologische und Prozess-Infrastruktur von Banken und Finanzinstituten einfügt. Alexander Höptner, Chief Executive Officer, AllUnity GmbH, erweiterte die Diskussion auf mögliche neue Geschäftsmodelle durch programmierbare Zahlungen und Tokenisierung. Europa habe mit der MiCAR einen regulatorischen Standard gesetzt, auf denen andere Staaten aufbauten. Die EU dürfe das Potential der Tokenisierung nicht vernachlässigen und seine Führungsrolle hier nicht abgeben.
Deutlich wurde, dass Europa bei der Digitalisierung der Finanzmärkte nur dann Schritt halten kann, wenn regulatorische Anforderungen klar und berechenbar sind und Innovationen ausreichend Raum haben.

Dr. Yannick Bury MdB, Prof. Dr. Stefan Kooths, Dr. Sebastian Brück ©Jens Schicke
In der abschließenden Town Hall „Stabile Finanzmärkte in einer Welt im Umbruch: Wie profitiert der Wirtschafts- und Investitionsstandort Deutschland?“ standen die fiskalischen und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen im Vordergrund. Dr. Yannick Bury MdB machte deutlich, dass die haushaltspolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre erheblich seien. Die infolge der jüngsten Entscheidungen absehbaren Belastungen der kommenden Haushaltsjahre erforderten eine strukturelle Anpassung des Bundeshaushalts; der Auftrag der Reformkommission zur Schuldenbremse sei deshalb ausdrücklich nicht, höhere Defizite zu ermöglichen, sondern Wege zu finden, wie mehr Investitionen innerhalb klarer fiskalischer Leitplanken ermöglicht werden könnten.
Dr. Sebastian Brück fasste die zentrale Aufgabe in der Trias „investieren, konsolidieren, reformieren“ zusammen. Neben der notwendigen Haushaltskonsolidierung gelte es, strukturelle Reformen konsequent anzugehen – vom Bürokratieabbau auf nationaler und europäischer Ebene über Planungsbeschleunigung und wettbewerbsfähige Energiekosten bis hin zu qualifizierter Zuwanderung. Auch die Finanzmarktregulierung müsse kritisch auf ihre Wirkung hin überprüft werden, ohne dabei Stabilitätsziele zu gefährden. Prof. Dr. Stefan Kooths zeichnete die längerfristigen fiskalischen Perspektiven nach. Angesichts steigender Zinslasten würden die fiskalischen Spielräume in den 2030er Jahren deutlich enger; in vielen Projektionen nähere sich die Staatsschuldenquote der Marke von 80 Prozent des BIP. Dies lasse wenig Puffer für unerwartete Schocks und mache eine klare Priorisierung staatlicher Ausgaben umso dringlicher. Marktwirtschaftliche Systeme, so Kooths, entwickelten aus sich heraus Wachstum, wenn man ihnen ausreichenden Freiraum lasse.

Wolfgang Steiger ©Jens Schicke
Zum Abschluss der Finanzmarktklausur zog Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates, ein deutliches Fazit. Vor dem Hintergrund auch der zahlreichen Beiträge zu Vermögensaufbau und Reform der privaten Altersvorsorge betonte er: „Wir brauchen endlich eine kapitalgedeckte Altersvorsorge, die diesen Namen verdient. Eine Reform der Altersvorsorge ist nicht nur Sozialpolitik, sie ist auch eine kluge Wirtschaftspolitik. Wir müssen die Bürger von Sparern zu Investoren machen!“ Der Wirtschaftsrat sehe in einer starken, kapitalgedeckten Altersvorsorge einen doppelten Hebel: Sie stärke die individuelle Vorsorge der Bürgerinnen und Bürger und mobilisiere zugleich langfristiges inländisches Kapital für die Finanzierung von Innovation, Transformation und Wachstum.

Dr. h.c. mult. Roland Koch ©Jens Schicke
Die Finanzmarktklausur fand ihren Ausklang in einer Abendveranstaltung mit Dinner Speech von Prof. Dr. h.c. mult. Roland Koch, Ministerpräsident a. D. und Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung. Er zeichnete ein übergeordnetes Bild der internationalen Systemwettbewerbe. Die Weltordnung sei zunehmend fraktioniert, es etablierten sich entlang der großen Wirtschafts- und Handelsmärkte neue Insellösungen. Vor diesem Hintergrund müsse die EU ihre Rolle im internationalen Wettbewerb anders ausrichten und auch die Regulierung im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit denken. Für die EU ergebe sich daraus eine grundsätzliche Strategiefrage, die auch mit der Vollendung der Banken- und Kapitalmarktunion einhergehe.