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26.02.2025
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Schlank bezahlt, stark geliefert – Rundfunk Made in Germany – Ein Reformvorschlag

©Adobe Stock

22 Fernsehsender, 67 Radiosender, ein Jahresbudget von 9 Milliarden EUR und rund 25,000 Mitarbeiter teilweise mit sportlichen Intendantengehältern über 400,000 EUR. So sieht die mediale „Grundversorgung“ von Deutschland aus.

Mehr als 40 Millionen Haushalte in Deutschland werden gezwungen, jährlich 220 EUR von ihren Einkünften abzugeben. Öffentliche Abgaben sind zwar in einigen Fällen gesamtgesellschaftlich sinnvoll. Als Freiheitseinschränkung des Einzelnen und als Eingriffe in den freien Markt sind derartige Zwangsabgaben für einen öffentlichen Rundfunk aber in mehrfacher Hinsicht rechtfertigungsbedürftig: In ihrer Relevanz für die breite Bevölkerung, ihrer Effizienz und ihrer Effektivität der Mittelverwendung.

Der Junge Wirtschafsrat kritisiert die Idee eines öffentlich finanzierten Rundfunks nicht grundsätzlich, sondern dessen nach den obigen Kriterien nicht gerechtfertigtes Ausmaß.

Relevanz des ÖRR

Ein zentrales Kriterium für die Akzeptanz einer öffentlichen Abgabe ist ihr Mehrwert für möglichst viele der Zahlungspflichtigen. Ein gutes Beispiel ist die gesetzliche Krankenversicherung, deren Beiträge ebenfalls solidarisch erhoben werden und bei denen nicht jeder Versicherte alle Leistungen in Anspruch nimmt. Dort ist es allerdings unbestritten, dass eine gesundheitliche Grundversorgung für jeden gleichermaßen Relevanz aufweist. Genau diese Relevanz ist beim öffentlichen Rundfunk mit großer Masse nicht gegeben. Die Zahlen zeigen, dass auch die Relevanz des Programms längst nicht für alle Bevölkerungsgruppen gegeben ist: Im Jahr 2023 stammten 78% aller gesehenen Fernsehminuten von Menschen, die 50 Jahre und älter sind. Wetten, dass…? (ZDF), Verstehen Sie Spaß? (ARD) oder Bares für Rares (ZDF) sind für jüngere Generationen kaum relevant. Laut eigener Programmanalyse der ARD und ZDF lagen journalistische Informationsformate in 2022 bei der ARD bei knapp 41 % und bei der ZDF bei knapp 44 % des Gesamtangebots. Der Rest? Fiktionale, non-fiktionale Unterhaltung, Reality-TV und Sport. Dass dies dem Bildungsauftrag nicht ohne Weiteres gerecht wird, liegt auf der Hand.

Der Rundfunk an sich hat in Zeiten von Netflix, Disney und Co. enorm an Bedeutung verloren. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht die Rundfunkgebühr leider mit dem Argument des Meinungsbildungsauftrags krampfhaft aufrechthält, hat es doch inzwischen immerhin anerkannt, dass sich Seh- und Nutzungsgewohnheiten stark verändert haben und der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr für jeden gleich relevant sei. Am Ende bleibt festzuhalten, dass die Jugend auf TikTok tanzt, investigative YouTube-Videos Millionen Klicks einfahren, die gesamte Medienwelt täglich auf den Kopf gestellt wird und man hierzulande gleichzeitig zwanghaft an Programmen von vorgestern festhält. Allgemeine Relevanz sieht anders aus. 

Effektivität und Effizienz

Gleichzeitig offenbart sich ein deutliches Effizienzdefizit: Es ist nicht nachvollziehbar, warum in den öffentlich-rechtlichen Programmen immer wieder ähnliche Formate mehrfach auftauchen. Es wäre deutlich effizienter, Synergien zu nutzen und auf Zusammenarbeit, statt auf Konkurrenz zwischen ARD und ZDF zu setzen. So könnten etwa Talkformate gebündelt werden, anstelle von fünf bis sieben eigenen, regelmäßig wiederkehrende Talk-Shows (Anne Will, Maybrit Illner, hart aber fair, Markus Lanz, Menschen bei Maischberger, Presseclub etc.). Auch bei Formaten wie Kochshows, Trödelshows und ähnlichen Unterhaltungsformaten erscheint eine Zusammenlegung sinnvoll, um Redundanzen abzubauen und Ressourcen besser zu bündeln. Es ist nicht zu rechtfertigen, dass im ÖRR bundesweit und regional schätzungsweise 10 bis 15 Koch-Shows, 3 bis 5 Trödel-Shows, 4 Krimiserien und 5 bis 7 Talk-Shows existieren. Und diese Beispiele sind lediglich die Spitze des Eisbergs. Die Existenz von zwei separaten Mediatheken ist ein weiteres Beispiel für die Doppelstruktur. Durch den parallelen Betrieb werden Ressourcen doppelt gebunden und es fehlt eine einheitliche, moderne digitale Plattform, die alle Inhalte optimal zugänglich macht. Eine zentralisierte Mediathek könnte den Nutzern ein konsistenteres und benutzerfreundlicheres Erlebnis bieten und gleichzeitig die Effizienz der digitalen Content-Verwaltung erhöhen. Ein gemeinsamer Ansatz würde nicht nur die Kosten senken, sondern auch die Qualität und inhaltliche Tiefe der Angebote steigern.

Auch im internationalen Vergleich zeigt sich ein ernüchterndes Bild: Jahr für Jahr nehmen ARD und ZDF mehr als 40 % über den Einnahmen der BBC in Großbritannien ein, ohne dabei annähernd vergleichbare Erfolge zu erzielen. Die BBC, ein globales Export-Schwergewicht, kann mit einem Budget von rund 6 Mrd. EUR ein weltweites Publikum ansprechen und zahlreiche Auszeichnungen vorweisen. Aus der jüngeren Vergangenheit können Produktionen wie Planet Earth II, Blue Planet II und Sherlock genannt werden – Serien, die nicht nur zweistellige Millionenzuschauerzahlen erreichen, sondern auch international für ihre hohe Qualität und Innovation vielfach prämiert wurden. Hierzulande werden selbst Einzelerfolge des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wie beispielsweise Babylon Berlin, oftmals zuerst bei zahlungspflichtigen Anbietern wie Sky ausgestrahlt.

Zugleich liegen die monatlichen Kosten für Streamingdienste wie Netflix, Disney und Amazon Prime deutlich unter dem, was der durchschnittliche Beitragszahler an Rundfunkgebühren entrichten muss. Bei der Unterhaltung stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis schlichtweg nicht mehr – man braucht keine Umfrage (außerhalb der Altersheime) durchzuführen, um zu wissen, welche Option der Durchschnittsbürger wählen würde.

Letztlich kann die Frage der Effizienz in Unterhaltung aber auch dahinstehen. Die Rubrik der Unterhaltung ist nicht vom Meinungsbildungsauftrag umfasst. Unterhaltungsformate haben im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nichts zu suchen, wenn sie keinen klaren Bildungsbezug aufweisen. 

Folgen

Zu wenig werden auch die Folgen der Rundfunkgebühren betrachtet. Neben der gewichtigen Einschränkung der persönlichen Freiheit, die jede Zwangsabgabe mit sich bringt, wird eine gravierende Marktverzerrung bedingt. Im freien Wettbewerb kürt die Kundschaft das beste Produkt, und das Preis-Leistungs-Verhältnis entscheidet maßgeblich über den Erfolg des Angebots. Doch durch die Zwangsfinanzierung wird dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine künstliche Stellung eingeräumt, die sich von echten Marktmechanismen löst. Alles im Namen der Grundversorgung.

Fazit

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland verkörpert ineffiziente Doppelstrukturen und redundante Angebote, die in einer modernen Medienlandschaft nicht mehr haltbar sind. Trotz hoher Zwangsabgaben und massiver Finanzmittel wird der eigentliche Bildungsauftrag verfehlt bzw. mit belanglosen Formaten verwässert, während Ressourcen unnötig doppelt gebunden werden. Anstelle eines marktorientierten Systems, in dem Qualität und Innovation den Ausschlag geben, besteht ein Zwangsmodell, das individuelle Freiheit einschränkt und Marktmechanismen verzerrt.


Forderungen des Jungen Wirtschaftsrats

Natürlich hängen starke Interessen in dem Apparat der Öffentlich-Rechtlichen mit all seinen verkrusteten Strukturen. Justierungen und Reförmchen hier und da werden aber das grundsätzliche Problem nicht lösen. Für eine spürbare und sofortige Entlastung der Bürger sowie für eine gerechte und sinnvolle Grundversorgung ist eine radikale Zäsur erforderlich. Aus diesen Gründen fordert der Junge Wirtschaftsrat die neue Regierung auf, entschiedene und umfassende Maßnahmen schon in den ersten Tagen zu ergreifen. Hierbei ist sowohl eine Neuausrichtung in der Zielsetzung (I) und in den Strukturen (II) erforderlich. 

            I. Die Zielsetzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss drastisch geändert werden!

Zunächst muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich strikt an seinen verfassungsrechtlichen Auftrag orientieren, der darauf abzielt, die Bevölkerung umfassend objektiv zu informieren, zu bilden und zur kritischen Meinungsbildung beizutragen. Es müssen Kennzahlen und Zielwerte festgelegt werden, welche diese Ziele sinnvoll messen können.

Hinsichtlich des Bildungsaspektes lassen sich Nachhilfe und Weiterbildungsprogramme für alle Alters- und Berufsgruppen gut umsetzen, etwa durch den Aufbau von Master-Classes, Akademien, On-Demand-Schulungen und Kursen, die nicht nur zur politischen Aufklärung beitragen, sondern auch die berufliche Qualifizierung fördern und damit unmittelbar relevante Kompetenzen für den Arbeitsmarkt vermitteln. Auch wären sicherlich gut aufbereitete Vorstellungen einzelner Berufe und ggf. Ehrenämtern als Berufsorientierung denkbar. Inhalte müssen dabei so gestaltet sein, dass sie nicht ausschließlich das „Bildungsbürgertum“ ansprechen, sondern jedem Bürger eine neutrale, fundierte Information ermöglichen. Auch staatsbürgerlich relevante Themen wie der Gesetzgebungsprozess, die Rolle politischer Institutionen und aktuelle politische Entwicklungen sollten verständlich und ansprechend aufbereitet werden. 

            II. Die Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks müssen generalüberholt werden!

Vom Zielauftrag der (Meinungs-)Bildung gedacht, müssen intern existierende Sender selbst und auch Programme evaluiert und in großen Teilen gestrichen und ersetzt oder wenigstens gebündelt und in Kooperation entwickelt werden. Hierbei ist politische Neutralität in der Berichterstattung ein Schlüsselfaktor, den es wieder zu beachten gilt.

Extern gilt es, relevante Medien zu erschließen um alle Alters- und Bevölkerungsgruppen gleichermaßen zu erreichen. Der ÖRR muss verstärkt auf moderne Medienplattformen setzen. Inhalte sollen gezielt auf Instagram, TikTok, YouTube und anderen Kanälen platziert werden, um ein jüngeres Publikum zu erreichen. Dabei ist es unerlässlich, dass speziell für diese Plattformen konzipierte Inhalte entwickelt werden – es genügt nicht, lediglich für herkömmliche Kanäle produzierte Inhalte zu veröffentlichen. Auch eine Kooperation mit Influencern und jungen Meinungsführern soll in Betracht gezogen werden, um authentische, innovative und zielgruppengerechte Formate zu entwickeln.

Es versteht sich von selbst, dass Einsparungen, die eine solche Reform mit sich bringt, an die Bürger weitergeben werden und eine drastische Senkung der Rundfunkgebühren mit sich bringen müssen. 


„Unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk braucht einen echten Neuanfang – weg von redundanten Formaten und ineffizienten Strukturen, hin zu einem klaren Bildungsauftrag. Nur so schaffen wir einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der in diesem digitalen und schnelllebigen Zeitalter relevant und nützlich bleibt.“ Thomas Duesmann und Simon Zschau, stellvertretende Vorsitzende des Jungen Wirtschaftsrates