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Pressemitteilung 06.09.2022
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Wirtschaftsrat: Entlastungspaket lässt Wirtschaft im Regen stehen

Wolfgang Steiger: Statt die Stromknappheit als Ursache der explodierenden Strompreise anzugehen, treibt das 65-Milliarden-Euro-Paket der Ampelregierung die Umverteilungsmaschinerie weiter an.

Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. kritisiert das Entlastungspaket der Ampelregierung

Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. kritisiert, das Entlastungspaket der Ampelregierung gehe an den Ursachen der hohen Strompreise vorbei. Nicht eine „wuchtige“ Umverteilung ist das Gebot der Stunde, sondern eine schnelle Ausweitung des Stromangebotes, etwa über eine Laufzeitverlängerung der Kohle- und Kernkraftwerke. „Zudem wird die Wirtschaft völlig ignoriert“, kritisiert Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates. „Kleine Handwerksbetriebe, mittelständisches Gewerbe und Industrie werden voll durch die gestiegenen Energiepreise getroffen – gehen bei den Entlastungen aber leer aus. Wie die Ampel ihre Versprechen bezahlen will, wenn diese Unternehmen abwandern oder schließen, bleibt ungelöst.“

Der Wirtschaftsrat spricht sich außerdem explizit gegen die von der Bundesregierung im dritten Entlastungspaket angestrebte Preisregulierung im Strommarkt aus. „Strom ist derzeit knapp und die Preise senden Marktsignale aus, um den Verbrauch zu senken und alle verfügbaren Kraftwerke kurzfristig ans Netz zu bringen, mit dem Ziel, die Knappheit zu beseitigen und damit die Preise zu verringern“, sagt Wolfgang Steiger. „Wird dieses Preissignal verfälscht, kann der Markt nicht funktionieren und die Knappheit wird andauern. Außerdem stehen die Kohlekraftwerks-Betreiber vor erheblichen Investitionen, um die bereits weitgehend zurückgebaute Kohlebeschaffungslogistik wieder aufzubauen.“ Darüber hinaus benötigten auch die Betreiber der erneuerbaren Energien Planungssicherheit und die entsprechenden finanziellen Mittel für den weiteren Ausbau. „Der weitere Ausbau der Windenergie beispielsweise leidet ohnehin unter den explodierenden Bau- und Grundstückspreisen. Wenn die Branche jetzt noch zusätzlich mit Preisregulierung bestraft wird, besteht die Gefahr, dass die Energiewende vollends steckenbleibt“, betont Wolfgang Steiger.

Belastend ist vor allem die Unsicherheit: Die Bundesregierung strebt eine europäische Lösung an, wann diese kommt und mit welchen konkreten Erlösobergrenzen, bleibt aber im Nebel. Die Drohung der Bundesregierung mit einer rein nationalen Lösung, sofern Europa nicht mitzieht, hält Wolfgang Steiger für substanzlos: „Deutschland ist im europäischen Strommarkt wirtschaftlich und physikalisch so weitgehend integriert, dass künstlich verbilligter Strom sofort nach allen Seiten hin abfließt. Das wissen auch alle Marktteilnehmer. Die Bundesregierung macht sich mit dieser Drohung lächerlich.“

Wolfgang Steiger erneuert die Forderung des Wirtschaftsrats, sofort alle staatlichen Maßnahmen mit Hochdruck einzuleiten, die notwendig sind, um alle verfügbaren Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke kurzfristig ans Netz zu bekommen: „Die Instrumente gegen hohe Preise liegen auf dem Tisch und können sofort eingesetzt werden. Ideologische Vorbehalte müssen jetzt hinten angestellt werden, um Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit zu garantieren.“

Statt die Stromknappheit und damit die explodierenden Strompreise an der Wurzel anzupacken, ist das 65-Milliarden-Euro-Paket der Koalition letztlich ein Sammelsurium nicht-abgestimmter Maßnahmen, das zahlreiche Probleme von Energieversorgung, Arbeitsmarkt, sozialer Sicherung und öffentlichem Personennahverkehr noch verstärkt. Wolfgang Steiger: „Gleichzeitig bleibt die Finanzierung völlig unklar. Die zusätzlichen 65 Milliarden Euro müssen entweder jetzt oder zukünftig von den Steuerzahlern geschultert werden.“

Einer der wenigen Lichtblicke des Paketes ist die Abschaffung der kalten Progression. „Es ist ein Unding, dass Arbeitnehmer trotz inflationsbedingt sinkender Reallöhne aktuell massenweise mit höheren Steuersätzen belegt werden, weil der Steuertarif bisher keinen Inflationsausgleich vorsieht. Die angekündigte Abschaffung der kalten Progression ist deshalb überfällig“, sagt Wolfgang Steiger.

Die propagierte Abschöpfung von sogenannten „Zufallsgewinnen“ kann dagegen keinen sinnvollen Beitrag zur Staatsfinanzierung leisten. Zum einen sind die Unternehmensgewinne nicht gestiegen, sondern durch die Krisenfolgen insgesamt eingebrochen: Allein im zweiten Quartal 2022 sank der Gesamtgewinn der DAX-Konzerne um 19,3 Prozent. Will die Bundesregierung die Krisengewinne und -verluste ausgleichen, muss sie also kräftig draufzahlen. Zum anderen geht jedes Vertrauen in die Markt- und Eigentumsordnung verloren, wenn der Staat nach seinem Gusto Gewinne als ungerecht einstuft und konfisziert.

Umso schlimmer ist es, dass das Entlastungspaket die ohnehin bereits enorme Umverteilungsmaschinerie in Deutschland weiter antreibt. Wolfgang Steiger: „Profitieren sollen beispielsweise Rentner, deren Kaufkraft im Gegensatz zu Erwerbstätigen trotz Inflation nicht sinkt, weil die letzte Rentenerhöhung überaus üppig war.“ Gleiches gilt für Hartz IV-Empfänger, die sowieso einen Ausgleich für steigende Strom- und Gaspreise erhalten. Zudem soll der Regelsatz von 449 auf 500 Euro und damit um 11,4 Prozent angehoben werden. „Der Anreiz, sich aus dem Transferbezug zu befreien und stattdessen aus eigener Kraft seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften, sinkt dadurch weiter“, befürchtet Wolfgang Steiger.

Auch die angedachte Nachfolgeregelung für das „9-Euro-Ticket“ steht exemplarisch für einen symbolpolitischen Schnellschuss. „Grundsätzlich ist es richtig, den ÖPNV attraktiver zu machen. Dies aber wird nur gelingen, wenn die hinter dem Preis stehende Leistung auch stimmt. Was nützt ein billiges Ticket, wenn die Eigenwirtschaftlichkeit des bereits hochdefizitären ÖPNV noch weiter sinkt und die Mittel für Investitionen in Netze, Taktung, Personal und Technik fehlen? Bevor über Ticketpreise und weitere Zuschüsse geredet wird, sollten zunächst einmal die Strukturen in den Blick genommen werden. Denn mittlerweile steuern die Bundesländer, in deren Zuständigkeit der ÖPNV fällt, deutlich weniger Mittel als der Bund zur Finanzierung des ÖPNV bei und geben zudem zur Verfügung gestellte Bundesmittel zugleich nicht immer vollständig für den öffentlichen Nahverkehr aus. Mehr Transparenz in der Mittelverwendung ist somit Voraussetzung für die grundsätzliche Beantwortung der Finanzierungsfrage“, sagt Wolfgang Steiger abschließend.