Wirtschaftsrat fordert dringend Maßnahmen für eine hochwertige und bezahlbare medizinische Versorgung
Astrid Hamker: Die Lage ist katastrophal. Wir sehen derzeit den größten Anstieg der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seit der Nachkriegszeit.
Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. mahnt eindringlich, dass das deutsche Gesundheitssystem vor einer erheblichen Finanzierungsherausforderung steht. Diese bedroht langfristig die Stabilität und Erschwinglichkeit der medizinischen Versorgung. Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sehen sich mit einer wachsenden Finanzierungslücke konfrontiert, die im kommenden Jahr die Versicherten stärker belasten könnte. Zahlreiche Kassen haben bereits angekündigt, ihre Zusatzbeiträge ab 2025 erhöhen zu müssen. Die anstehenden Ergebnisse des Schätzerkreises des Bundesamtes für Soziale Sicherung werden weiteren Aufschluss über das Ausmaß dieser finanziellen Schieflage geben.
Eine aktuelle Studie von Deloitte prognostiziert für das Jahr 2025 eine Deckungslücke von 46 Milliarden Euro. Diese dramatische Entwicklung ist eine unmittelbare Folge des demographischen Wandels: Die sogenannte Baby-Boomer-Generation steht kurz vor dem Eintritt ins Rentenalter, und mit einer insgesamt alternden Bevölkerung steigt der Druck auf das Gesundheitssystem. Es bedarf daher dringend einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Finanzierung, um die flächendeckende und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung in Deutschland langfristig zu sichern.
Ähnlich alarmierend zeigt sich
die Situation in der Pflegeversicherung. Ohne Beitragserhöhungen drohen den
Pflegekassen in naher Zukunft finanzielle Engpässe, die sie an die Schwelle der
Zahlungsunfähigkeit führen könnten. Astrid Hamker, Präsidentin des Wirtschaftsrates,
zeigt sich besorgt: „Die Lage ist katastrophal. Wir sehen derzeit den größten
Anstieg der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seit der
Nachkriegszeit. Der Bundesgesundheitsminister kündigt Strukturreformen an, doch
diese bleiben aus unserer Sicht unzureichend und gehen an der Realität vorbei.
Vielen scheint nicht bewusst zu sein, dass wir uns bereits mitten in einer
Krise befinden, deren Tragweite durch den bevorstehenden Renteneintritt der
Baby-Boomer-Generation noch weiter zunehmen wird.“
Astrid Hamker warnt davor, die Situation zu unterschätzen, und appelliert an die Politik, entschlossen zu handeln. „Es ist eine Minute vor zwölf. Wenn wir nicht jetzt die Ursachen der steigenden Kosten entschlossen angehen, riskieren wir die Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems, wie wir es kennen, und damit letztlich die medizinische Versorgung. Es ist unerlässlich, dass wir intelligente, marktwirtschaftliche Lösungen entwickeln und die notwendigen, auch unbequeme Entscheidungen treffen. Leider fehlt es im Bundesministerium für Gesundheit aktuell an dem notwendigen Dialog und an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit den relevanten Interessensgruppen. Die angestrebte ‚Entökonomisierung des Gesundheitswesens‘ führt genau in die falsche Richtung, es geht ja gerade darum, die Effizienz unseres Gesundheitssystems zu verbessern. Nur durch einen offenen Austausch und das Einbeziehen der Expertise der Wirtschaft können wir echte Verbesserungen für das Gesundheitssystem erreichen.“
Der Wirtschaftsrat lädt alle relevanten Stakeholder zu seinem Gesundheitssymposion heute ein. Diese Plattform bietet die Möglichkeit, gemeinsam mit Geschäftsführern und Vorstandsvorsitzenden aller Gesundheitsbranchen zu diskutieren. Die Impulse des Symposions „Das deutsche Gesundheitssystem vor der Demografiefalle – Kollaps oder fit für die Zukunft?“ wird der Wirtschaftsrat in den politischen Diskurs einbringen, um gemeinsam tragfähige und zukunftsorientierte Lösungen zu erarbeiten. Ziel ist es, aus der drohenden demografischen Falle herauszukommen, bevor die Konsequenzen für Wirtschaft und Gesellschaft irreversibel werden.