Wirtschaftsrat stellt sich gegen Verwässerung des Stabilitätspaktes durch EU-Kommission
Wolfgang Steiger: Erweiterte politische Ermessensspielräume für Brüssel nehmen dem Regelwerk die Schlagkraft
Auch die geplanten verlängerten Rückführungsfristen zum Schuldenabbau irritieren und laden dazu ein, notwendige Reform- und Sparprogramme munter in die Zukunft zu schieben. Siebenjahres-Fristen geben in der Politik ja geradezu den Anreiz , das „heavy-lifting“ einer nachfolgenden Regierung zu überlassen. Genau das würde durch die neuen Kriterien regelkonform ermöglicht. Eine ganz zentrale Schwachstelle der Kommissionsvorschläge ist zudem die fragwürdige Beurteilung von investitionsbezogenen Ausnahmetatbeständen. Investitionen in Verteidigung und Klimapolitik sind fraglos von entscheidender Bedeutung. Doch erstens scheitern sie nicht an glaubwürdigen Schuldenregeln und zweitens ist es keineswegs in Stein gemeißelt, dass sie das Wachstumspotenzial eines Landes erhöhen. Umso fahrlässiger wäre es, sie aus dem Regelwerk künstlich herauszurechnen und sich einzureden, durch sie würde die Schuldentragfähigkeit verbessert.
Wolfgang Steiger kritisiert die Argumentation der Kommission, "dass hohe Staatsschulden unproblematisch seien, solange die Märkte die Staatsschuld als tragfähig erachten. So begibt sie sich ohnehin vollends ins Reich der Absurdität. Basiert die aktuelle vermeintliche Schuldentragfähigkeit der Märkte doch letztlich auf billionenschweren Anleihekäufen der Notenbanken und einer regelwidrigen gemeinsamen europäischen Schuldenaufnahme. Gerade in Zeiten hoher Inflation und steigender Zinsen ist die Aufweichung von Schuldenregeln vollkommen unverantwortlich."