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11.09.2025
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Bundesfachkommission Europäische Finanzmarkt- und Währungspolitik trifft sich mit Top-Stakeholdern am Finanzplatz Frankfurt

Neben der Kritik am Gesetzentwurf zum Sondervermögen fand ein exklusiver Austausch mit der neuen Vorsitzenden der EU-Anti-Geldwäschebehörde, Bruna Szego, statt.
©Wirtschaftsrat

Seit nunmehr einem halben Jahr diskutiert Deutschland über das „Sondervermögen Infrastruktur“. Man erinnere sich, dass im März 2025 im Rahmen der Sondierungsgespräche von Union und SPD ein „kreditfinanziertes Sofortprogramm“ in Höhe von 500 Milliarden Euro zur Finanzierung öffentlicher Infrastrukturen insbesondere in den Bereichen Zivil- und Bevölkerungsschutz, Verkehr, Gesundheit, Energie und Digitalisierung angekündigt wurde. Dieses Bekenntnis fand auch Einzug in den Koalitionsvertrag.

Nun liegt der Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums zur Einrichtung des Sondervermögens im Deutschen Bundestag und wird in dieser Woche beraten. Allerdings weicht dieser in einem entscheidenden Punkt von den Koalitionsvereinbarungen ab, in dem es in den Zeilen 1669/1670 heißt: Die Bundesregierung werde „mit dem Errichtungsgesetz zum Sondervermögen […] klare Ziele und Investitionsfelder definieren, eine Erfolgskontrolle verknüpfen und wo möglich privates Kapital hebeln“. Im Entwurf zum Entrichtungsgesetz findet sich kein einziger Hinweis mehr auf die Hebelwirkung privaten Kapitals.  

Der Wirtschaftsrat hat bereits bei seiner Finanzmarktklausur im Juni dieses Jahres die Bedeutung der Einbindung privater Kapitalgeber für öffentliche Investitionen auf die Agenda genommen, und Generalsekretär Wolfgang Steiger hat auf den Zusammenhang verwiesen, dass eine smarte Kofinanzierung öffentlicher Investitionen durch privates Kapital nicht nur den Schuldendienst künftiger Generationen mindere, sondern auch die Effizienz und Sinnhaftigkeit öffentlicher Projekte adressiere.

Die Bundesfachkommission Europäische Finanzmarkt- und Währungspolitik hat in ihrer jüngsten Sitzung in Frankfurt die stärkere Einbindung privater Kapitalgeber für öffentliche Finanzierung thematisiert. Die Bundesfachkommission hatte als profunden Kenner beider Seiten – die der Politik und der Finanzwirtschaft – den Generalsekretär der KfW, Dr. Lutz-Christian Funke, als Gesprächspartner gewonnen. Die KfW spielt hier eine wesentliche Rolle als Plattform zwischen Finanzwirtschaft und öffentlichen Projektträgern. Die Kritik der Mitglieder aus der Finanzwirtschaft an der fehlenden Mobilisierung privaten Kapitals fiel deutlich aus. Der Vorsitzende der Bundesfachkommission, Lutz Diederichs, verwies darauf, dass Finanzwirtschaft und öffentliche Projektträger ein eindeutiges politisches Signal brauchten, dass die Einbindung privaten Kapitals für die öffentlichen Investitionen gewollt und möglich sei. Daher muss der Deutsche Bundestag in seinen Beratungen zum Gesetzentwurf zum Sondervermögen jetzt ein klares politisches Bekenntnis zum Hebeln privaten Kapitals geben. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass parallel das Bundesfinanzministerium an dem Entwurf für ein Standortfördergesetz arbeitet, der institutionellen Anlegern und Fonds die Möglichkeit eröffnen soll, Kapital nun auch in öffentlichen Infrastrukturen und den erneuerbaren Energien anlegen zu dürfen. Ob durch Unkenntnis oder handwerkliche Fehler des Bundesfinanzministers: So droht das Investitionspotenzial des Sondervermögens zu verpuffen. Es wäre die Chance, über privates Kapital den Druck auf die öffentliche Verschuldung und damit auf die Schuldenbremse zu nehmen.

Neben der Relevanz des tagesaktuellen Themas ist es dem Wirtschaftsrat erneut gelungen, als erster Verband überhaupt die neue Vorsitzende der EU-Anti-Geldwäschebehörde (AMLA), Bruna Szego, für ein Gespräch unter Chatham House Rules zu gewinnen. Die AMLA hat erst zum 1. Juli 2025 ihre operative Arbeit aufgenommen. Insbesondere für die Universalbanken war dieser erste Austausch im Rahmen der Sitzung der Bundesfachkommission von hoher Relevanz. Bruna Szego berichtete unter anderem von ihren Zielen für die neue EU-Behörde in Frankfurt. Neben der operativen Handlungsfähigkeit verfolge sie vor allem, den Austausch von Finanzinformationen und die direkte Aufsicht zu vereinfachen. Sie sieht hier eine engere Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden, die für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung von Relevanz sind. Weiteres Ziel sei, die EU-Vorschriften bestmöglich zu vereinheitlichen, auch um die Compliance-Kosten für grenzüberschreitend tätige Institute zu senken. Die Anti-Geldwäsche-Vorgaben müssten effizient gestaltet werden und einem risikobasierten Ansatz folgen.