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25.09.2025
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CO2-Handel als Königsweg: Für eine radikal marktwirtschaftliche Klimapolitik

Für effizienten Klimaschutz braucht es einen europaweiten CO2-Zertifikatehandel statt Subventionen – für alle Sektoren mit Grenzausgleich und Steuerreform.
©Adobe Stock (arif)

Die aktuelle Klimapolitik krankt an einem Grundfehler: Sie setzt auf kleinteilige Regulierung, Subventionen und Detailsteuerung. Von Kaufprämien für Elektroautos über Solar-dachpflichten bis hin zu staatlichen Wasserstoffstrategien – die Politik versucht, Technologien und Gewinner zu definieren, statt das Problem an der Wurzel zu packen: den Ausstoß von CO2. Wer es ernst meint mit marktwirtschaftlicher Ordnungspolitik, muss diesen Kurs korrigieren.

Die konsequenteste, effizienteste und fairste Lösung ist die vollständige Verlagerung der Klimapolitik auf einen umfassenden CO2-Zertifikatehandel. Dieses Instrument existiert bereits – das europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) – doch es ist zu eng gefasst und zu zögerlich. Ordoliberale Politik verlangt, den CO2-Deckel so zu setzen, dass er mit wissenschaftlich fundierten Klimazielen kompatibel ist – und ihn Jahr für Jahr planbar abzusenken. Das Ziel: eine klar kalkulierbare Verknappung der Emissionen über mehrere Jahrzehnte.

First-Best, Second-Best, Third-Best – und endlich Realismus

First-Best-Lösung ist ein weltweiter CO2-Zertifikatehandel: Dieselbe Tonne CO2 kostet überall gleich viel und wird dort vermieden, wo es am günstigsten ist – maximale Effizienz bei minimalen Kosten.

Eine Second-Best-Option wäre ein Klimaclub à la William Nordhaus und Hans-Werner Sinn, in dem die großen Wirtschaftsräume – Europa, USA, Kanada, Japan, Südkorea, bestenfalls China – einen gemeinsamen Emissionsdeckel und einen einheitlichen CO2-Preismechanismus implementieren.

Third-Best – und derzeit die realistischste Option – ist ein europäischer CO2-Zertifikatemarkt, der konsequent auf alle Sektoren ausgedehnt wird – Industrie, Strom, Verkehr, Gebäude. 

CBAM – aber richtig

Ergänzt werden muss dieses gesamtwirtschaftliche CO2-Limit dann jedoch durch einen umfassenden CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism), der keine Ausnahmen zulässt und seitens ausländischer Unternehmen nicht durch irreführendes Greenwashing oder Ähnliches umgangen werden kann – insbesondere bei energieintensiven Produkten und in Hinblick auf bestimmte Rohstoffe. Ein effektives und weitestgehend automatisiertes MRV-System (Monitoring, Reporting, Verification) muss deshalb Teil des Ordnungsrahmens sein.

Schließlich müssen den globalen CO2-Ausstoß reduzierende, langfristige Investitionen im Ausland – sei es der Kauf und die Renaturierung eines Quadratmeters brasilianischen Regenwalds oder die Modernisierung eines pakistanischen Kohlekraftwerks – als heimische Negativemissionen angerechnet werden können.

Die ineffiziente Betrachtung von Emissionen nach Sektoren und Regionen muss enden. So werden Wettbewerbsnachteile für Industrie und Verkehrssektor vermieden, ohne den Klimaschutz auszuhebeln.

Effizienz statt Technologie-Planwirtschaft

Der CO2-Preis wirkt als neutrales Preissignal. Unternehmen und Haushalte entscheiden selbst, wo sie Emissionen vermeiden, investieren oder umstellen. Das ist der Kern ordoliberalen Denkens: Der Staat setzt den Ordnungsrahmen, nicht die Technologiepolitik. Subventionen, Kaufprämien und Verbote verzerren den Markt, verschwenden knappe Mittel und hemmen Innovation. Mit einem konsequenten Zertifikatehandel können diese Eingriffe entfallen.

Fiskalische Neuordnung: Steuern entrümpeln, Arbeit entlasten

Ein steigender CO2-Preis belastet Bürger und Unternehmen. Ordoliberale Politik muss deshalb den ETS II mit einer radikalen Steuerreform verknüpfen: Abschaffung verzerrender Steuern – etwa der Stromsteuer –, sukzessives Ersetzen von Energiesteuern durch steigende CO2-Zertifikatepreise, Senkung der Lohnnebenkosten und Entlastung produktiver Arbeit. 

Der Staat finanziert sich künftig nach und nach stärker aus den Auktionserlösen des Zertifikatehandels, ohne dass die allgemeinen Abgabenquoten steigen – eine solide, verursachergerechte und wachstumsfreundliche Basis. Nicht mehr Arbeit und Investitionen werden bestraft, sondern der CO2-Ausstoß, der tatsächlich externe Kosten verursacht.

Planbarkeit schafft Akzeptanz

Nur ein klarer, langfristiger Reduktionspfad für die Zertifikatemenge gibt Unternehmen und Haushalten die nötige Planungssicherheit. Wer weiß, dass der Preis für CO2 stetig steigt, kann Investitionen perspektivisch kalkulieren, ohne auf kurzfristige Förderprogramme angewiesen zu sein. Planbarkeit ist die Voraussetzung für Akzeptanz – und damit für die politische Nachhaltigkeit der Klimapolitik.

Fazit: Mut zur Ordnungspolitik

Die Alternative zu einem umfassenden Zertifikatehandel ist ein dirigistischer Flickenteppich aus Subventionen, Geboten und Verboten – teuer, ineffizient und innovationsfeindlich. Wer Klimaschutz ernst meint, muss den Marktmechanismus nutzen. Wenn der Königsweg eines globalen CO2-Preises oder zumindest ein Klimaclub nicht zu erreichen sind, muss ein europäischer, alle Sektoren umfassender CO2-Zertifikatehandel mit Grenzausgleich implementiert werden. Je höher der Preis, desto stärker die Lenkungswirkung – und desto größer der Spielraum, andere Steuern radikal zu senken.

Das ist radikale Klimapolitik im besten Sinne: kein staatliches Mikromanagement, sondern eine klare ordoliberale Leitplanke, die Emissionen sicher reduziert, Investitionsanreize entlang klarer Preissignale setzt und gleichzeitig Wohlstand und Freiheit erhält.