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22.10.2025
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Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR): Gut gemeint, schlecht gemacht

©Wirtschaftsrat

Ab Ende 2025 sollen Unternehmen, die Produkte wie Holz, Soja, Palmöl oder Kakao auf den EU-Markt bringen und verarbeiten, nachweisen, dass diese nicht mit Entwaldung in Verbindung stehen. Was nach einem sinnvollen Beitrag zum globalen Waldschutz klingt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als bürokratisches Monster mit fragwürdiger Wirkung – insbesondere für den deutschen Handel und die Land- und Forstwirtschaft. 

Die EU will mit der EUDR ihren Anteil an der globalen Entwaldung – immerhin rund 16 % – reduzieren. Ein hehres Ziel, das jedoch auf dem Rücken der Unternehmen ausgetragen wird. Die EU verwandelt den Handel in einen Ermittlungsapparat: Selbst Tischler müssen künftig die Herkunft jedes Holzstücks geolokalisieren, Bäcker die Kakaoquelle ihrer Schokobrötchen bis hin zur Plantage dokumentieren. Kurzum: Statt Waren zu verkaufen, müssen Händler jetzt Satellitenbilder auswerten. Was als Umweltpolitik begann, endet in einem Bürokratie-Exzess, der selbst Orwell überfordert hätte.

Die Beweislast liegt beim Unternehmen – Handel besonders betroffen

Die Verordnung verlangt: 

  • Lückenlose Informationssammlung zu Produktionsstandorten und Lieferanten
  • Risikobewertung auf Basis dieser Daten
  • Dokumentation aller Schritte und jährliche Überprüfung
  • Risikominimierung durch konkrete Maßnahmen

Ohne belastbare Primärdaten scheitert jede Risikoanalyse – und genau diese Daten sind in vielen Lieferländern schlicht nicht verfügbar. Die Pflicht zur Geolokalisierung der Anbauflächen ist absurd: Viele Länder verweigern die Daten, kleine Händler haben weder die Technik noch das Personal. Die Folge: Zehntausende Sorgfaltserklärungen, die unvollständig sein wer-den, unklare Rechtslage, und so weiter – die Umsetzung ist ein Desaster mit Ansage. 

Deutschland als Niedrigrisikoland – und trotzdem betroffen

Obwohl Deutschland als Niedrigrisikoland eingestuft wurde, müssen Händler jährlich Prüfungen durchführen. Das ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch wirtschaftlich schädlich. Gerade auch Landwirte werden mit unnötigen Lasten überzogen, obwohl hier keine Entwaldung stattfindet. Für uns ist klar: Es braucht eine Null-Risiko-Kategorie – eine sinnvolle Entlastung für Regionen ohne Entwaldungsrisiko. 

Ernährungssicherheit in Gefahr

Die Verordnung betrifft nicht nur Konsumgüter, sondern auch Lebensmittel. Die Tomate aus Spanien ist nicht das Problem, doch wie sollen Importeure tropischer Früchte die Herkunft bis zur Anbaufläche nachweisen? Wie soll der Mini-Unternehmer mit Marktstand diese technische Herausforderung jemals leisten? Die EUDR gefährdet die Ernährungssicherheit, weil sie Importe aus Drittstaaten massiv erschwert – und das in einer Zeit, in der globale Lieferketten ohnehin unter Druck stehen. 

KMU als erneutes Opfer der Bürokratie

Der Einzelhandel ist mit über 280.000 Unternehmen und mehr als 3 Millionen Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber Deutschlands. Die EUDR trifft ihn besonders hart. Es drohen massive Kosten und Lieferkettenchaos. Die Holzindustrie spricht gar von einem „Milliarden-grab“. Die Verordnung ist ein Bürokratie-Bumerang – weil sie auch die trifft, die nichts mit Entwaldung zu tun haben. 

Die Forderungen des Wirtschaftsrates:

  • Die Verordnung muss verschoben werden, bis eine realistische und unbürokratische Umsetzung möglich ist – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, die weder über die technischen noch personellen Ressourcen verfügen, um die Anforderungen zu er-füllen. 
  • Es braucht eine Null-Risiko-Länderkategorie oder eine Freistellungsbescheinigung für Regionen, in denen nachweislich kein Entwaldungsrisiko besteht. So können unnötige Prüfpflichten vermieden und Ressourcen sinnvoll und gezielt eingesetzt werden.
  • Die Kontrollen müssen verhältnismäßig gestaltet sein – pauschale Prüfpflichten für alle Unternehmen sind weder zielführend noch gerecht. Stattdessen sollten echte Risiken adressiert und bürokratische Belastungen minimiert werden.
  • Digitale Lösungen und Schnittstellen müssen gezielt gefördert werden, um die Nachweispflichten effizient und ressourcenschonend erfüllen zu können. Eine moderne, digitale Infrastruktur ist Voraussetzung für eine funktionierende Umsetzung.
  • Bestehende Zertifizierungen müssen als ausreichender Nachweis anerkannt werden, um Doppelprüfungen zu vermeiden und bereits etablierte Standards sinnvoll zu integrieren. Das schafft Klarheit, spart Aufwand und stärkt Vertrauen. 

Fazit: Die Entwaldungsverordnung als Symbol für praxisferne Belastung für KMU

Die Ziele der EUDR sind richtig – der Weg dorthin ist es auf keinen Fall. Für den Wirtschafts-rat steht fest: Statt mit praxisfernen Vorschriften die Wirtschaft zu strangulieren und für noch mehr Abwanderung zu sorgen, braucht es intelligente, verträgliche Lösungen und eine realistische Risikobewertung. Nachhaltigkeit darf nicht zur Existenzfrage für kleine Unternehmen werden.