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20.11.2025
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Ethanol-Debatte: Wenn Regulierung zum Risiko wird

Ethanol soll als gesundheitsgefährdender Stoff eingestuft werden, auch bei einer Verwendung als Desinfektionsmittel. Diese Fehlentwicklung muss gestoppt werden.
©Adobe Stock (Monster Ztudio)

Die aktuelle Diskussion um die mögliche CMR-Einstufung von Ethanol durch europäische Behörden entwickelt sich zu weit mehr als einem technischen Bewertungsverfahren. Sie ist ein Beispiel dafür, wie sich sachfremde Regulierungsimpulse verselbstständigen können – mit potenziell dramatischen Folgen für öffentliche Gesundheit, Versorgungssicherheit und wirtschaftliche Stabilität.

Ein bewährter Wirkstoff soll zum Risiko erklärt werden

Ethanol ist seit Jahrzehnten ein zentraler, weltweit eingesetzter Wirkstoff der Infektionsprävention. Seine Sicherheit ist wissenschaftlich belegt, sein Nutzen unbestritten. Umso befremdlicher ist der Vorstoß, ihn nun als „krebserregend“ einzustufen – und damit faktisch die Grundlage moderner Desinfektionsmittel infrage zu stellen.

Die vorgeschlagene Gleichsetzung äußerlicher Desinfektion mit dem Konsum hochprozentiger Ge-tränke zeigt, wie weit sich einzelne Behörden in Brüssel und Berlin inzwischen von wissenschaftlicher Evidenz und praktischer Realität entfernt haben. Diese Argumentation hält einer fachlichen Überprüfung nicht stand. Sie ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern ordnungspolitisch gefährlich.

Ein Fehlentwicklungssignal aus der Regulierung

Besonders problematisch ist die Positionierung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), die diametral zur Lageeinschätzung der zuständigen Bundesministerien steht. Eine nachgeordnete Behörde, die mit einer derart weitreichenden Bewertung nationale und europäische Gesundheits- sowie Industriepolitik durchkreuzt, gefährdet Vertrauen und Planungssicherheit.

Was sich hier abzeichnet, ist Ausdruck eines politischen Denkens, das Bürgern und Unternehmen unterstellt, grundsätzlich geschützt werden zu müssen – selbst vor Risiken, die wissenschaftlich nicht real, sondern lediglich theoretisch konstruiert sind. Solche Eingriffe führen nicht zu mehr Sicherheit, sondern zu mehr Bürokratie, höheren Kosten und im schlimmsten Fall zur Gefährdung der öffentlichen Gesundheit.

Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit stehen auf dem Spiel

Europa befindet sich in einem global intensiven Wettbewerb um innovative Gesundheits- und Chemieprodukte. Eine CMR-Einstufung von Ethanol würde nicht nur die Herstellung bewährter Desinfektionsmittel verteuern oder unmöglich machen. Sie wäre ein verheerendes Signal an einen gesamten Industriezweig, der verlässliche Regulierung braucht, um investieren und innovieren zu können.

Der Wirtschaftsrat fordert: Deutschland muss widersprechen

Der Wirtschaftsrat fordert die Bundesregierung daher auf, dieser Einstufung geschlossen entgegenzutreten und sich auf europäischer Ebene für eine klare, evidenzbasierte Linie einzusetzen.

Die Soziale Marktwirtschaft lebt vom Prinzip der Verhältnismäßigkeit, der Eigenverantwortung und von Regulierung mit Augenmaß. Ein faktisches Verbot eines sicheren und alternativlosen Wirkstoffs widerspricht all diesen Grundsätzen fundamental. Deutschland und Europa brauchen in dieser Frage Klarheit, Mut zur Verhältnismäßigkeit – und eine Bundesregierung, die bereit ist, eine regulatorische Fehlentwicklung rechtzeitig zu stoppen.