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01.09.2022
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Expertengespräch zur Alterssicherung: Lebensversicherungen profitieren von Zinswende

Die Zinserholung kommt den Lebensversicherungen in Deutschland unter dem Strich zugute. Dies war die Kernaussage des Expertenvortrags von Dr. Rainer Will, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH, im Austausch mit Mitgliedern der Bundesfachkommission Arbeitsmarkt und Alterssicherung sowie der Landesfachkommission Finanzmarktpolitik und Vorsorge des Landesverbandes Hessen. Moderiert wurde das Expertengespräch von Dr. Volker Priebe, Vorstand der Allianz Lebensversicherungs-AG sowie stellvertretender Vorsitzender der Bundesfachkommission Arbeitsmarkt und Alterssicherung des Wirtschaftsrates.

©Adobe Stock - sodawhiskey

Aktuell haben Lebensversicherungen, insbesondere aufgrund regulatorischer Vorgaben, mehr als drei Viertel ihres Kapitals festverzinslich angelegt, informierte Herr Dr. Will und verdeutlichte die Auswirkungen im Niedrigzinsumfeld: Während zehnjährige Bundesanleihen Ende 2021 eine Rendite von -0,18 Prozent einbrachten, hatten die Lebensversicherer Garantiezinsanforderungen im Bestand von durchschnittlich 2,56 Prozent zu bedienen.

Um dennoch die vertraglichen Ansprüche der Kunden zu bedienen, ist bereits 2011 die Zinszusatzreserve eingeführt worden. Diese Reserve dient dabei dem Ziel, Vorsorge für die Zeit zu betreiben, in der die Kapitalerträge alleine nicht mehr ausreichen, um die Zinsgarantien von Lebensversicherungsverträgen aus Zeiten mit deutlich höherem Zinsniveau zu finanzieren. Sie ist bis zum Jahresende 2021 auf 97 Milliarden Euro angestiegen. Dieser Kapitalstock, der für die Auszahlungen der Lebensversicherungen reserviert ist, senkt die ansonsten zu realisierenden Garantieanforderungen von den genannten 2,56 Prozent auf 1,43 Prozent. Der entsprechende Zinssatz ist umso leichter zu erwirtschaften, als die Zinsen seit dem Jahreswechsel in die Höhe gesprungen sind. So lag die Rendite der als absolut sicher geltenden zehnjährigen Bundesanleihe am 29.8.2022 bei 1,53 Prozent.

Herr Dr. Will erläuterte: Sollten die Zinsen auf diesem Niveau bleiben oder weiter ansteigen, könnten sich die Lebensversicherer und ihre Kunden ab dem laufenden Jahr über Rückflüsse aus der Zinszusatzreserve freuen, die dann nicht mehr in der aktuellen Größenordnung benötigt würde. Positiv wirkt sich insbesondere aus, dass Zinspapiere bei der Neuanlage wieder rentabler geworden sind.

Nach Abzug aller Kosten und unter Berücksichtigung der Überschussbeteiligungen brachten klassische Lebensversicherungen mit einem Garantieniveau von 1,25 Prozent zuletzt eine Rendite von durchschnittlich 1,79 Prozent ein, deutlich mehr als Festgeld oder Bundesanleihen sämtlicher Laufzeiten, erklärte Herr Dr. Will. Bei einer Inflationsrate von 3,1 Prozent in 2021 läuft jedoch auch dieses verglichen mit anderen festverzinslichen Anlageformen gute Ergebnis auf einen realen Wertverlust hinaus.

Der Markt reagiert hierauf wie auch auf den abermals niedrigeren Höchstrechnungszins, indem mit einer Ausnahme sämtliche Lebensversicherungen ihre Produkte mit vollständiger Bruttobeitragsgarantie im Neugeschäft vom Markt genommen haben. Stattdessen ermöglichen nun Produkte mit niedrigeren Garantieniveaus einen höheren Aktienanteil. Ganz im Gegensatz dazu zwingen regulatorische Vorgaben die staatlich geförderte Riester-Rente fast ausschließlich in Zinsanlagen. Die Bundesregierung ist gefordert, hier schleunigst für Abhilfe zu sorgen und dazu die Bruttobeitragsgarantie abzuschaffen!