Hintergrundgespräch mit EU-Kommission zur Vereinfachung der EU-Regulierung
Die EU-Kommission hat in den letzten Jahren, insbesondere in der zurückliegenden Legislaturperiode, die Regulierungsschraube deutlich überdreht. „Nach zu fest, kommt ab“, lautet ein Sprichwort, und das trifft auch auf die europäische Regulierung zu. Das Sediment an Regulierungen legt sich in dicken Schichten über die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der EU. Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Europa und vor allem in Deutschland wird im internationalen Vergleich nach unten durchgereicht. Zusammen mit Deutschlands Oberstrebermentalität in der Rechtsumsetzung, dem sogenannten „German Goldplating“, blockiert das europäische Regulierungsdickicht die Wirtschaft massiv. In der letzten Legislaturperiode legte die EU sich Scheuklappen an und hatte nur noch den European Green Deal als Fixpunkt. Befürchtungen und Warnungen vor diesem Irrweg und vor ökonomischen Wirkungen wurden – auch ideologisch – beiseitegeschoben.
Umso bemerkenswerter ist seit diesem Jahr ein Mentalitätswandel in der EU-Kommission erkennbar – zumindest auf politischer Ebene. Mit Amtsantritt im Dezember 2024 hat der langjährige Kommissar und Vizepräsident der Kommission, Valdis Dombrovskis, eine „Simplification Agenda“ aufgesetzt. Seit Januar schickt er eine „Omnibus-Flotte“ los, um Vereinfachungen und Verbesserungen im EU-Recht für verschiedene Sektoren einzusammeln. An vier Omnibus-Paketen hat sich der Wirtschaftsrat intensiv mit Stellungnahmen aus der Mitte seiner Mitgliedschaft eingebracht und konkrete Fälle von überbordender Regulierung der EU-Kommission dokumentieren können.
Vor allem ist erfreulich, dass der Kabinettchef des EU-Kommissar Valdis Dombrovskis, Herr Michael Hager, immer wieder an dem direkten Austausch mit Vertretern der Wirtschaft interessiert ist. So konnte der Wirtschaftsrat vor zwei Wochen zum nunmehr dritten Mal in diesem Jahr Herrn Hager für ein Hintergrundgespräch in Berlin gewinnen. Mit einem breiten Querschnitt durch die Branchen hatte der Wirtschaftsrat ausgewählte Mitglieder zu einem fast zweistündigen Gespräch mit dem Kabinettchef Michael Hager eingeladen. So konnten die Mitglieder einen aktuellen Überblick über den Stand der Arbeiten der EU zur Verbesserung der Regulierung erhalten, aber auch eigene Erfahrungen mit regulatorischen Hürden und Belastungen skizzieren.
Anhand der aktuellen Befassung im EU-Parlament zum ersten Omnibus für die Nachhaltigkeits-berichts- und Due-Diligence-Pflichten (CSRD und CSDDD), wird deutlich, dass der Druck aus der Wirtschaft hoch bleiben muss. Insbesondere bei der CSRD, CSDDD und Taxonomie, die noch aus der letzten EU-Legislaturperiode stammen, kommen das politische Misstrauen gegenüber der Wirtschaft zum Ausdruck. Diese Berichtspflichten sind kaum handhabbar, vor allem mittelständische Unternehmen in der Zulieferkette sind belastet. Daher hatte der Wirtschaftsrat frühzeitig Fälle von Regulierungslasten aus den Berichts- und Nachweispflichten der Kommission geliefert. Jetzt muss diese Omnibus-Paket zum Aussetzen und Vereinfachen von CSRD, CSDDD und EU-Taxonomie noch von EU-Parlament und Rat beschlossen werden.
Und hier ist diese Woche ein Streit eskaliert: Nachdem der Rechtsausschuss das Paket angenommen hatte, wurde dieses in der Plenarsitzung des EU-Parlaments diese Woche abgelehnt. Das ist ein schlechtes Signal an die Wirtschaft. Offenbar stellen die Linken und Grünen im EU-Parlament ihre Ideologien vor den Sorgen insbesondere der mittelständischen Wirtschaft. Die Unternehmen und Banken brauchen jetzt dringend Rechtssicherheit.
Daher wird der Wirtschaftsrat auch weiterhin den Druck gegenüber der Politik in Brüssel, aber auch in Berlin hochhalten. Denn über den Rat kommt auch der deutschen Bundesregierung Verantwortung zu. Die Angebote des Wirtschaftsrates, wie mit dem Hintergrundgespräch mit Michael Hager oder den Europäischen Fachkommissionen in Brüssel, sind wichtig, um gegenüber den EU-Institutionen ein Bild der Wirtschaft ungeschminkt abzugeben. Der Wirtschaftsrat wird sich auch bei den kommenden Omnibusverfahren für die Digital- sowie für die Umweltpolitik einbringen. Vor allem aber dingen wir auf einen Finanzmarkt-Omnibus, denn die Finanzmarktregulierung muss dringend auf den Prüfstand, da darf es keine Denkverbote geben.