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04.05.2023
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PFAS-Verbotsverfahren - Verhältnismäßigkeitsgrundsatz muss auch für Schlüsselstoff für Medizin, Digitalisierung und Energiewende gelten

©AdobeStock© kwanchaift

Chemie bestimmt unser aller Leben. Dank dessen, dass unser arbeitsteiliges Wirtschaftssystem effizient arbeitet, ist die Bedeutung der meisten Facetten der chemischen Industrie in der breiten Bevölkerung weitgehend unbekannt. In die Schlagzeilen geraten sie, wenn überhaupt, meist nur, wenn etwas fehlt, wie es beispielsweise im letzten Jahr mit AdBlue der Fall war.

In Zukunft könnte sehr vieles fehlen. Die Verwendung, Herstellung und der Transport von per- und polyfluorierte Chemikalien, kurz PFAS, soll weitgehend verboten werden. Die 10000 Verbindungen umfassende Stoffgruppe ist essentiell für verschiedenste Anwendungen. Ob als Dichtung in Industrieanlagen, Isolierstoff für Herzschrittmacher, Bestandteil von Impfstoffen oder bei der Herstellung von Halbleitern und Wasserstoff, aktuell sind sie nicht wegzudenken. Die fünfköpfige Staatengruppe von Deutschland, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und Dänemark ist hier anderer Ansicht und hat bei der EU-Chemikalienagentur ECHA ein Verfahren zum Verbot angestoßen.

Denn einer der Vorteile vieler PFAS-Verbindungen, ihre Langlebigkeit, führt vor allem bei nicht sachgemäßer Herstellung, Verwendung und Entsorgung zu einer Abgabe in die Umwelt und letztendlich einer Anreicherung in Organismen. Wobei ein entscheidender Anteil der Emission in der Verwendung in Feuerlöschmitteln besteht, die vom Verbot ironischerweise ausgenommen werden soll. Das hat dazu geführt, dass die Konzentration in einigen Regionen laut Studien die Grenzen der gesundheitlichen Unbedenklichkeit überschreitet.

Der als Antwort gewählte Weg eine gesamte Stoffgruppe ohne eine Klärung der jeweiligen Gefährlichkeit verbieten zu wollen, ist ein gefährliches Novum. Wir sind fähig, Säuren, Laugen und sogar Gifte in den Bereichen der Medizin, Landwirtschaft und Haushaltsmitteln zu verwenden. Dafür gibt es einen engen rechtlichen Rahmen, der auf der Basis von Abstimmungen der Fachleute aus Wirtschaft, Politik und staatlichen Institutionen fußt. Bei einer so essentiellen Stoffgruppe wie PFAS müssen solche Wege auch weiter gegangen werden. Die Chemiebranche hat schwer beherrschbare PFAS-Verbindungen bereits ersetzt. Jetzt gilt es zu prüfen, welche weiteren Stoffe welche Risiken mit sich bringen und wie diese sicher herzustellen und zu entsorgen sind. Dabei müssen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit angewandt werden.


Diese werden bei Vorschlägen zu Verboten innerhalb weniger Monate und Jahre nicht geachtet. Weder der Umwelt, noch unserer Gesundheit ist gedient, wenn durch willkürliche Vorgaben Schlüsselstoffe der Energiewende, des Gesundheitswesens und der digitalen Infrastruktur in Europa der Vergangenheit angehören sollen. Der Wirtschaftsrat erarbeitet dazu ein branchenübergreifendes Positionspapier und setzt sich auf allen Ebenen für eine Rücknahme des Verbotsverfahrens ein.