Stärkung der Resilienz: EU und Deutschland müssen kritische Infrastrukturen entschlossener schützen
Die Sicherheit kritischer Infrastrukturen ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Angesichts wachsender geopolitischer Spannungen und hybrider Bedrohungslagen rückt der Schutz von Strom-, Energie- und Datenkabeln zunehmend in den Fokus der europäischen Sicherheitsarchitektur. Die jüngsten Vorfälle mutmaßlicher Sabotageakte gegen Unterseeleitungen in der Ostsee haben eindrucksvoll gezeigt, wie verletzlich die digitalen und energetischen Lebensadern Europas sind.
EU-Kommission setzt auf smarte Unterseekabel
Mit dem im Frühjahr vorgestellten EU-Aktionsplan für Kabelsicherheit konkretisiert die Europäische Kommission nun ihre Pläne: Künftig sollen sogenannte „Kabelknotenpunkte“ mit Sensorik und KI-gestützter Analyse ausgerüstet werden, um Sabotagegefahren frühzeitig zu erkennen und schnelle Reaktionen zu ermöglichen. Diese Knotenpunkte sollen Teil eines europaweiten Frühwarnsystems auf dem Meeresgrund werden – ausgestattet mit Echtzeitüberwachung, Tauchdrohnen und einer möglichen Reserveflotte von Reparaturschiffen.
Ziel ist es, Strom- und Datenkabel nicht nur zu schützen, sondern sie als integralen Bestandteil der europäischen Sicherheits- und Digitalstrategie zu begreifen. Die Förderung bleibt allerdings begrenzt: Für die ersten Projekte in der nordisch-baltischen Region stehen lediglich 20 Millionen Euro aus dem Programm Digitales Europa bereit – ein Anfang, aber keinesfalls ausreichend, um die nötige Widerstandsfähigkeit zu gewährleisten.
Forderung des Wirtschaftsrates: Schutz kritischer Infrastrukturen strategisch, dezentral und praxisnah umsetzen
Die Bundesarbeitsgruppe Digitale Infrastruktur im Wirtschaftsrat der CDU e.V. begrüßt die Initiative der EU-Kommission ausdrücklich – mahnt jedoch entschlossenes Handeln und eine praxisnahe Umsetzung an. Der Schutz kritischer Infrastrukturen darf nicht durch Bürokratie, Doppelregulierung oder zentrale Datenspeicherung ausgebremst werden.
Die Umsetzung der NIS2-Richtlinie muss zügig, aber mit Augenmaß erfolgen. Wichtig ist, Doppelstrukturen zu vermeiden und stattdessen auf dezentrale, sichere Datenspeicherung zu setzen – etwa statt einer zentralen Ablage im Infrastrukturatlas der Bundesnetzagentur. Nur so können sensible Informationen wirksam geschützt werden.
Zudem fordert die Arbeitsgruppe, finanzielle Mittel für Redundanzen und Prävention bereitzustellen – insbesondere für den physischen Schutz von Unterseekabeln und landseitigen Anlandestationen. Dazu gehören verpflichtende Sicherungsauflagen für zentrale Verteilpunkte, ein Maßnahmenkatalog zum Bau und Schutz kritischer Infrastrukturen sowie die Erstellung eines europaweiten Havarie- und Krisenszenarios unter Einbindung aller Betreiber.
Europa braucht ein gemeinsames Sicherheitsverständnis
Die geplanten „smarten Kabelsysteme“ der EU können nur dann Wirkung entfalten, wenn die Mitgliedstaaten einheitliche Sicherheitsstandards umsetzen und die Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Wirtschaft intensivieren. Der Wirtschaftsrat fordert daher die Einrichtung einer Kommission zur Verwaltung kritischer Infrastrukturen, die in staatlicher Geheimhaltung arbeitet, aber die Koordination zwischen nationalen und europäischen Akteuren verbessert.
Nur ein europäisch abgestimmtes Vorgehen kann gewährleisten, dass Deutschland und Europa ihre digitale und energetische Souveränität behalten. Die Stärkung der Resilienz kritischer Infrastrukturen ist nicht nur ein technisches, sondern ein sicherheitspolitisches Gebot – und damit ein zentraler Pfeiler der Zukunftsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes.