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Bericht
28.09.2020
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"Die 5,5 Milliarden sind von der Zeit überholt"

Der langjährige Bezirksstadtrat Wilfried Nünthel sprach im Rahmen der Landesfachkommission Infrastruktur und PPP über seine neue Rolle als Schulbaukoordinator für die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Er sei dabei vor allem "Feuerwehrmann zwischen Senatsebene und Bezirken", wenn es um Fragen von Kosten und Zuständigkeiten gehe, so Nünthels Beschreibung seiner Tätigkeit. Er bemängelte insbesondere personelle Probleme in Bezirksämtern, die sowohl durch Sparkurse als auch demografische Entwicklungen entstanden seien. So habe man zwar die Planstellen in der Vergangenheit erhöht, könne aber einen großen Teil davon nur schwer besetzen, erklärte der Schulbaukoordinator.

Bezirksstadtrat a. D. Wilfried Nünthel, Berliner Schulbaukoordinator für die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, im Austausch mit dem Landesverband Berlin-Brandenburg
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Neben Parteistreitigkeiten und der notorisch klammen Kasse der Stadt Berlin sei vor allem die personelle Ausstattung ein großes Hinderneis im Bereich des Schulbaus, analysierte Wilfried Nünthel, der auf eine langjährige Erfahrung als Bezirksstadtrat in Lichtenberg zurückblickt. Als Gründe für die personellen Engpässe in verschiedenen Bezirken nannte er neben einer demografisch bedingten Abwanderung vor allem auch den sogenannten Personalkannibalismus als großes Problem. Trotz bereits unbesetzter Planstellen habe man neue Stellen geschaffen, wodurch sich die Engpässe in einigen Ämtern noch einmal verschärft hättem so Nünthel. Weiterhin kritisierte er, dass die ressortübergreifende Zusammenarbeit oft nicht gut funktioniere.

Hinsichtlich des Schulförderfonds in Höhe von 5,5 Milliarden Euro zeigte sich Nünthel zwar grundsätzlich positiv gestimmt, mahnte allerdings, dass diese Summe inzwischen "von der Zeit überholt" sei. Nach aktuell angemeldeten und durchgeführten Maßnahmen schätzte er den Finanzbedarf für Schulbau und Sanierungsmaßnahmen auf rund 9,5 Milliarden Euro, wovon die HoWoGe 2 Milliarden Euro übernimmt. Unter dem Strich bleibe also eine Finanzierungslücke von rund 2 Milliarden Euro, so die Einordnung des Schulbaukoordinators. Eine weitere Hürde beim Schulbau sei außerdem häufig die Standortfindung. Attraktive Standorte würden für prestigträchtigere Projekte verwendet, während weniger attraktive Standorte häufig die Voraussetzungen für einen Schulbau nicht erfüllen könnten. Abschließend plädierte Nünthel für eine lösungsorientiertere Zusammenarbeit aller Entscheidungsträger, um eine gute schulische Betreuung in Berliner Schulen sicherstellen zu können.