Bremen braucht endlich ein schlüssiges Mobilitätskonzept
Gastkommentar von Jörg Müller-Arnecke zur Verkehrswende in Bremen
Schluss mit der Dauerdebatte und dem Klein-Klein: Seit Jahren diskutieren Politiker, Wirtschaftsvertreter, Medien und Verkehrsexperten über die Zukunft der Mobilität in Bremen. Dabei verengt sich die Debatte oft auf „autoarm“ oder „autofrei“ und „Obernstraße mit oder ohne Straßenbahn“. Auch an der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), scheiden sich stets die Geister: Alles lassen wie bisher - oder doch lieber kostenfrei und finanziert über eine höhere Grundsteuer? Selbst beim neuen bundesweiten 49 Euro-Ticket ist die Finanzierung zwischen Bund und Ländern keineswegs geklärt. Investitionen in einen modernen, attraktiven ÖPNV kosten jedoch viel Geld. Ohnehin schießt die öffentliche Hand schon heute meist ordentlich zu, weil die Anbieter selten wirklich rentabel arbeiten (können). Gerade Bremen braucht jetzt endlich ein schlüssiges Mobilitätskonzept auf einer soliden finanziellen Basis, denn ohne Investitionen wird es nicht gehen.
Die jüngst diskutierten Vorschläge gehen in die richtige Richtung. Die Straßenbahnlinien 2 und 3 lassen sich künftig über die Neustadt umleiten. Damit bekommt die Obernstraße die Chance, eine attraktive Flaniermeile zu werden: Mit Begrünung und Außengastronomie als Ort mit hoher Aufenthaltsqualität sowie als zentraler Platz für Märkte und Feste. Zusammen mit einem neu gestalteten Domshof kann so ein völlig neues Innenstadtflair entstehen.
Vernetzte Angebote können die Erreichbarkeit der Innenstadt sicherstellen. Der ÖPNV lässt sich mit anderen Verkehrsträgern kombinieren, um die „letzte Meile“ abzudecken: E-Scooter, Mietfahrräder, Sammeltaxis, elektrische Kleinbusse, freefloating Carsharing. Aus wirtschaftspsychologischer Sicht ist es erforderlich, durch ein überzeugendes Angebot die Nachfrage zu steigern anstatt den Pkw-Verkehr durch Verbote auszubremsen. Aber Bremen braucht gleichzeitig eine Parkraumbewirtschaftung, die sich abwendet von der Gratismentalität, mit der Anwohner, Besucher und Pendler die Innenstadt zuparken. Diese Einnahmen könnten wiederum in den ÖPNV fließen.
Auch die Weser muss in das neue Mobilitätskonzept eingebunden werden. Eine Fähre zwischen der Innenstadt und Bremen-Nord hätte zwar eine gewisse Fahrtzeit, würde aber den Straßenverkehr entlasten und ermöglichte zudem, die Stadt vom Wasser aus zu erleben, was nicht zuletzt eine touristische Bereicherung darstellte.
Am Ende muss das Ziel sein, alle einzelnen Bausteine – ÖPNV und private Anbieter über alle Verkehrsträger hinweg - mit nur einem Mobilitätsticket abzudecken. So bewahren wir die (Innen-)Stadt vor dem Kollaps und geben ihr zugleich die Chance, sich neu zu erfinden. Packen wir es an!
Jörg Müller-Arnecke ist geschäftsführender Gesellschafter der Canvas Solutions GmbH und Landesvorsitzender des Wirtschaftsrates der CDU e.V., Landesverband Bremen.