Das Sicherheitsbedürfnis auf vier Rädern
Das Thema Sicherheit ist bei vielen Menschen erst im Zuge der geopolitischen Veränderungen des Jahres 2022 mit Wucht ins Bewusstsein gelangt. Doch es gibt eine ganze Branche, für die es zum Alltag gehört, sich mit Gefahrensituationen und deren Abwehr zu befassen. Teil dieser Branche ist die Trasco Bremen GmbH.
Trasco ist ein weltweit führender Anbieter
kommerzieller Sonderschutzfahrzeuge mit einer 40-jährigen Geschichte. Das
Unternehmen ist zu gleichen Teilen spezialisiert auf OEM-Zulieferer-Projekte
sowie die Panzerung von Limousinen und SUVs für staatliche und kommerzielle
Kunden.
Geschäftsführer Sergiy Lizun empfing die Mitglieder
der Sektion Bremen unter der Leitung
ihres Sprechers Matthias Blümel in den firmeneigenen Präsentationsräumen und lud anschließend zu einem
Rundgang durch die Fertigungshallen ein. Lizun ist seit 25 Jahren im
Unternehmen tätig, davon 12 Jahre als geschäftsführender Gesellschafter.
Begonnen hatte Trasco als Anbieter von
PKW-Verlängerungen für die Mercedes S-Klasse der 1980er Jahre (W 126), zunächst noch ohne
Panzerung. Zielgebiet war damals hauptsächlich Asien, wo Stretch-Limousinen als
Statussymbol galten. Bald nahmen aber die Kundenanfragen nach ergänzender
Armierung zu.
Trasco ist auf Hochpremium-Fahrzeuge spezialisiert. Mit einer eigenen Abteilung entwickeln die Spezialisten nicht nur die Panzerung, sondern aufgrund des enormen Mehrgewichts von häufig zusätzlich zwei Tonnen gleich auch ein neues Fahrwerk mit stärkeren Aufhängungen und Bremsen. Erschwerend bei den umfangreichen Umbauten kommt die Komplexität der Digitalisierung hinzu, die mittlerweile die größte Herausforderung darstellt.
Das Grundfahrzeug wird de facto komplett zerlegt, leichte Materialien werden durch massive ersetzt. Mit eigenem Stahl- und Modellbau, eigener Sattlerei und Lackiererei können zudem Sonderausstattungen angefertigt werden, bis hin zu Feuerlöschsystemen und Sauerstoffversorgung. Die Lieferzeit beträgt laut Lizun sechs Monate bei reiner Panzerung, mit zusätzlicher Verlängerung sind es schnell zwölf Monate.
Eine eigene Behörde, das Beschussamt, prüft die
Panzerung, die in verschiedenen Levels vorliegen kann, vom Beschuss mit
Pistolen bis hin zum Einsatz von Anti-Personenminen. Gepanzert wird dabei die
gesamte Fahrgastzelle. Das höchste Level 9 muss aushalten: Beschuss mit 600
Schuss Munition aus verschiedenen Winkeln; Handgranaten, Seitensprengung mit 15
kg TNT in 4 Meter Entfernung. In den Fahrzeugen befinden sich lebensechte Dummys
mit Sensoren, nachempfundenen Knochen, Hautimitat und künstlichen Blutgefäßen,
die währenddessen keinen Schaden nehmen dürfen.
Trasco fertigt für Mercedes-Benz, Jeep, Land Rover,
Volvo, Toyota, VW (T 4) und Audi, aber auch für den chinesischen Bushersteller
Yutons, die Hyundai-Luxusmarke Genesis oder Aston Martin. Aufgrund seiner
Fertigkeiten ist das Unternehmen als eigenständiger Autohersteller eingetragen.
Mit 80 Mitarbeitern erwirtschaftet es einen Umsatz von 10 Millionen Euro.
Trasco ist ein attraktiver Arbeitgeber, der
ausgebildete Automechaniker
zunächst nochmals ein Jahr lang weiterbildet,
um die hohen Anforderungen an
Qualität und Sicherheit erfüllen zu können. Natürlich sei das Bremer Mercedes Benz-Werk vor Ort ein starker
Wettbewerber, der Premiumlöhne zahle, so Lizun. Dafür sei aber die Arbeit bei
Trasco attraktiver, da jeder Monteur aufgrund der Komplexität der Materie auch ein Mitentwickler sei.
Die hohen Entwicklungskosten bei jedem Modellwechsel
stellt das Unternehmen den
OEMs in Rechnung, entweder durch eine direkte Umlage oder durch die
garantierte Abnahme eines Fahrzeugkontingents. Die Kosten für eine gepanzerte
S-Klasse belaufen sich auf ca. 500.000 Euro; eine verlängerte Version liegt schnell bei
einer Million Euro.
Über seine Kunden schweigt sich Sergiy Lizun naturgemäß aus. Nur so viel: Es seien neben der UNO, Regierungen und DAX-Unternehmen ebenso private Unternehmer und Milliardärs-Familien darunter, bei denen eine akute Entführungsgefahr vorliege. Und beim Werksrundgang wurde ein Mercedes Maybach mit Bremer Kennzeichen gesichtet…
Ob sich das Bewusstsein für das Thema Sicherheit wirklich gewandelt hat? Sergiy Lizun wägt ab und bestätigt, dass das Sicherheitsbedürfnis präsenter sei als noch vor 40 Jahren. Das gelte insbesondere für Privatpersonen. Das habe aber vermutlich auch damit zu tun, dass heutzutage jedes Sicherheitsereignis aufgrund der Sozialen Medien sofort präsent sei. Früher sei das nicht der Fall gewesen, nicht alles wurde veröffentlicht. Und manches bleibt selbst heute besser noch im Verborgenen.