„Es gibt nichts, was es in Bremerhaven nicht gibt!“
Beim Business Lunch in Bremerhaven stand als Thema die
Sicherheitslage der Stadt im Fokus. Für seine Einschätzungen zur Sicherheitslage
in Bremerhaven sowie zur Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Ortspolizeibehörde Bremerhaven konnte Sektionssprecher Phillip von der Heide
den Direktor der Ortspolizeibehörde Bremerhaven, Volker Ortgies, begrüßen.
Volker Ortgies ist gebürtiger Bremerhavener und seit Juni 2022 für die Gewährleistung der Sicherheit in der Seestadt verantwortlich. Zuvor war er selber 26 Jahre lang Polizist; vor allem hat er im Führungsstab der Ortspolizeibehörde gearbeitet.
Ortgies erklärte zu Beginn, dass die Ortspolizeibehörde Bremerhaven die einzige noch existierende kommunale Polizei der Bundesrepublik sei. Das bedeute, sein direkter Vorgesetzter sei der Oberbürgermeister, nicht der Innensenator. Die Ortpolizeibehörde muss in Bremerhaven aber auch alle Bereiche selbst abdecken, was laut Volker Ortgies eine große Herausforderung darstellt.
Mit Blick auf die Personalstärke lag die Zielzahl der Stadt Bremerhaven für das Jahr 2023 bei 520 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; tatsächlich sind es aktuell lediglich 490. Selbst eine Stärke von 520 Mitarbeitern wäre laut Volker Ortgies nicht ausreichend, weshalb die im Koalitionsvertrag genannte neue Zielzahl von jetzt 580 Kräften vernünftig sei. 580 Kräfte seien zwar sinnvoll und erstrebenswert, es scheitere aber daran, dass nicht genügend Personal gefunden werde, denn gäbe nicht genügend Bewerberinnen und Bewerber oder sie würden die Einstellungstests nicht bestehen. Volker Ortgies berichtete, es sei zudem schwierig, Personen zu finden, die in der Lage sind, einerseits ein Bachelorstudium zu bestehen und gleichzeitig geeignet sind, sich „auf der Straße“ durchzusetzen. Hinzu komme, dass der Nachwuchs Lust haben müsse, nach Bremerhaven zu kommen.
Mit Blick auf die Sicherheit in Bremerhaven berichtet Volker Ortgies von einer allgemein steigenden Kriminalität. Besonders die Straftaten gegenüber älteren Menschen seien angestiegen. Es gäbe immer neue betrügerische Methoden. Ortgies sprach hier von organisierter Kriminalität mit einem immensen Schaden und einer dadurch steigenden Furcht bei der älteren Bevölkerung.
Als zweites sprach der Polizeidirektor das Thema Raub und Diebstahl an. Vor allem der Einbruchsdiebstahl sei in Bremerhaven hoch. Die Belastungszahl in Bremerhaven sei fast immer unter den ersten fünf Plätzen in Deutschland. Konkrete Ursachen für die hohe Zahl in Bremerhaven konnten nicht ermittelt werden. Eine „Standard“-Erklärung sei, dass Bremerhaven eine arme Stadt ist. Weniger öffentliche Kriminalität, auf die Volker Ortgies einging, ist der Schmuggel in Bremerhaven, der durch den Hafen begünstigt werde. Um diese besondere Herausforderung anzugehen, arbeite die Bremerhavener Polizei eng mit dem Zollfahndungsamt Hamburg zusammen. Ortgies berichtete, dass diese Zusammenarbeit nun auch mit einem besonderen Kooperationsvertrag geregelt sei. Die Arbeitsgruppe „Gemeinsame Ermittlungsgruppe Rauschgift“ sei entstanden.
Positiv äußerte sich Volker Ortgies über die gute Vernetzung innerhalb Bremerhavens von Feuerwehr, Polizei und Behörden. „Es gibt nichts, was es in Bremerhaven nicht gibt“, sagte er. Damit müsse das Personal umgehen können. Als Beispiel nannte er den Amoklauf in einer Schule in Bremerhaven im vergangenen Jahr. Durch Bremerhavens besondere Lage bräuchte die Spezialeinheit aus Bremen viel Zeit, um zum Einsatzort zu kommen. Bis dahin müsse die Bremerhavener Polizei selbst tätig werden und mit der Situation umgehen können. Ein Grund, warum die Bremerhavener Polizei mit G36 Sturmgewehren ausgestattet sei.
Ortgies ging auch auf eine weitere Besonderheit bei der Ausrüstung seiner Polizistinnen und Polizisten ein. Die Ortspolizei Bremerhaven ist, im Gegensatz zur Bremer Polizei, mit Tasern ausgestattet. Bremerhaven habe dazu ein Pilotprojekt durchgeführt. Ortgies berichtete, dass dabei kein Grund gefunden wurde, der gegen die Ausstattung mit Tasern sprechen würde. In den Fällen, in denen der Taser zum Einsatz gekommen sei, wäre die Alternative der Einsatz der Schusswaffe gewesen, betonte er. Trotzdem lehne die Bremer Regierung die Ausstattung der Bremer Polizei mit Tasern ab. Durch die Besonderheit, dass Bremerhaven eine kommunale Polizei hat, darf der Taser aber weiterhin in der Seestadt im Einsatz bleiben.