Wohin steuert die Immobilienbranche?
Beim Business Lunch der Sektion Bremen in der Havanna Lounge Bremen konnte deren Sprecher Matthias Blümel mit Jens Lütjen einen ausgewiesenen Experten für den Immobilienmarkt nicht nur in Bremen sondern deutschlandweit begrüßen. Der geschäftsführende Gesellschafter der Robert C. Spies Gewerbe & Investment GmbH & Co. KG blieb dann in der Folge auch keine Antwort schuldig, wie er die Zukunft der Immobilienwirtschaft einschätzt.
Natürlich
unterliege auch seine Branche einem aktuellen Dauerstress, bestehend aus
Geopolitik, Pandemie, (De-)Globalisierung und Demografie. Zu letzterem Punkt
konstatiert Lütjen: „Es wird teurer, alt zu werden.“ Manche Herausforderungen
seien aber auch hausgemacht wie Mietpreisbremsen oder -deckel, Anforderungen an
sozial gebundenes Bauen, lange Bewilligungszeiten und somit viel Zeitverlust
vom Erwerb eines Grundstücks bis zum Baubeginn. Zeit, die den Investor Geld
koste.
Geld sei aber mittlerweile nicht mehr kostenlos verfügbar, Zinssätze jenseits von vier Prozent seien die Regel. Und die Banken verschärften ihre Konditionen auch an anderer Stelle: So gebe es mittlerweile vereinzelt Eigenkapitalanforderungen von 30 bis 40 Prozent. Die Bauwirtschaft kämpfe zudem mit einem Fachkräftemangel, dem vereinzelt mit KI begegnet werde, im schlimmsten Fall aber auch mit Abwanderung.
Der Wohnbereich leide
unter der Baukostensteigerung, für viele Unternehmen würden die kommenden sechs
Monate entscheidend sein, prognostiziert Lütjen. Mit Blick auf soziales und
bezahlbares Wohnen forderte er, die Öffentliche Hand müsse (wieder) verstärkt in die
Förderung einsteigen und Impulse geben für die Kalkulationsfähigkeit. Auch das
altersgerechte Wohnen werde immer relevanter. Positiv hob er den Bremer
Bebauungsplan für die Innenstadt hervor, der Nachverdichtungen und
Aufstockungen vorsehe; dies seien gute Initiativen, die aber leider keine Lobby
hätten.
Werden Büros noch
gebraucht? Die Aussage, alle würden doch mittlerweile ohnehin nur noch mobil
arbeiten, teilt Lütjen nicht. Der Umsatz der Büroflächen sei im Jahr 2021 vielmehr
um 50 Prozent gestiegen. Probleme werde es aber für Altbestände geben; gefragt
seien innovativ gestaltete „New Work Objekte“.
Große Chancen sieht
der Immobilienexperte in der Entwicklung von campusorientierten Quartieren wie
dem Spurwerk, das von Peper & Söhne auf einem alten Bahngelände entwickelt
wird. Hier ließen sich auch Forschung und Wissenschaft ansiedeln, ein Segment,
das stark wachse und in dem auch die Mieten nach wie vor stiegen.
Der Logistikbereich
sei geprägt von interkommunalen Projekten, wie sie in Bremen mit den Gemeinden Achim und Weyhe
zu besichtigen seien. Logistikgebäude würden zudem verstärkt mehrgeschossig
errichtet.
Lütje schloss mit
einem Appell an die politischen Akteure. Was aus seiner Sicht fehle, sei eine
Vertrauenskultur zwischen der Politik und der Immobilienwirtschaft. So werde bei der
Entwicklung neuer Quartiere gefordert, bereits zu Beginn der Planung sämtliche
Anforderungen an die künftige Struktur zu erfüllen. Manche Entwicklungen ließen
sich aber erst während des Entstehungsprozesses absehen, von den kalkulierten
Kosten und den zu realisierenden Mieten in der Zukunft ganz zu schweigen. Vertrauen
auf beiden Seiten könnte diese Lücke schließen und mehr Projekte ermöglichen.