Wirtschaftsrat: Juncker-Lob für GroKo-Vertrag spricht Bände
Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. hält das überschwängliche Lob von Kommissionspräsident Jean Claude Juncker für den Koalitionsvertrag für ein weiteres Indiz dafür, dass das Europa-Kapitel eine Hypothek für die deutsche Europapolitik beinhaltet. "Das trägt eher zur weiteren Verunsicherung bei, als zu neuem Vertrauen in das europäische Projekt. Junckers Zufriedenheit ist aber verständlich. Die kritischen Reaktionen aus den europäischen Hauptstädten der Länder, die bisher gemeinsam mit Deutschland eine solidere Politik als der Kommissionspräsident verfolgten, sprechen genauso Bände wie das ausgesprochene Lob Junckers. Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz hat den Geist Junckers im Koalitionspapier verankert. Höhere Beiträge zum EU-Haushalt, Aufstockung des nach ihm benannten Juncker-Fonds und Schritte Richtung Sozialunion sind alles klare Annäherungen an die Linie des Kommissionspräsidenten und zum Eiltempo in die Transferunion. Am Ende müssen wir Deutsche auf die Vernunft von Regierungen wie in den Niederlanden, Finnland oder Österreich hoffen, die auf ihrem Veto beharren", unterstreicht Generalsekretär Wolfgang Steiger.
Es ist wenig verwunderlich, dass Juncker den Blanko-Check der neuen GroKo begrüßt, mehr in den EU-Haushalt einzuzahlen. Keine andere Regierung in Europa sei ihm bekannt, die diesen forschen Weg geht, bemerkt er. In der Tat ist es erstaunlich, dass Deutschland auf die übliche Vorstufe der Verhandlungen, wofür die Mittel eigentlich genutzt werden sollen, komplett verzichten will. Die Koalitionsfestlegung, dass ein europäischen Mehrwert vorliegen muss, wirkt dabei wenig beruhigend. In demselben Koalitionspapier wird versichert, dass Agrarzahlungen erhalten bleiben. Die Agrarzahlungen sind aber bislang der mit Abstand größte Ausgabenposten im EU-Haushalt und ein europäischer Mehrwert ist hier schwer zu erkennen
Auch warum die GroKo-Verhandler den nach ihm benannten Juncker-Fonds (Europäische Fonds für strategische Investitionen- EFSI) fortführen und ausbauen wollen, ist fragwürdig. Es gibt bereits mehrere Investitionsvehikel, die alle den Nachweis effizienter Verwendung schuldig geblieben sind. Schon bei den bestehenden Kohäsions- und Strukturfonds werden Mittel häufig vor allem deshalb abgerufen, weil sie verfügbar sind. Auch beim Juncker-Fonds zeigen viele Projekte offensichtliche Mitnahmeeffekte auf, es findet eine Verdrängung privater Kapitalgeber statt und die Frage, wie sich die Juncker-Fonds von den bestehenden Investitionsvehikel absetzt, bleibt seit Jahren unbeantwortet. Eine Gesamtevaluation der bisherigen Projekte gab es übrigens bislang ebenso wenig, wie den Nachweis, dass die Projekte ohne den Fonds keine Investoren gefunden hätten. Ein weiterer Lehrbuchfall dafür, dass einmal geschaffene Einrichtungen auch nach getaner Arbeit nie wieder abgeschafft werden.
Die Umwandlung des ESM zu einem Europäischen Währungsfonds ist schließlich das gefährlichste „Trojanisches Pferd“ aus der Denkschule von Juncker und Schulz im Koalitionsvertrag. Die getroffene Festlegung eine solche Institution im Unionsrecht verankern zu wollen, ist eine grundlegende Abkehr der ursprünglichen Position Wolfgang Schäubles. Dieser hatte stets auf einem intergouvernementalen Ansatz bestanden. Damit wird die Ausstattung des Fonds und die Verfügung über seine Mittel einer politischen Mehrheit ausgeliefert, dessen Ausgabenphantasien kaum Grenzen kennen.