„Wir benötigen langfristige Rahmenbedingungen“

Im Rahmen eines Kamingesprächs durfte der Junge Wirtschaftsrat Hamburg mit Philipp Schröder, CEO und Mitgründer von 1KOMMA5° sowie Mitinitiator der Klimaunion, eine prägende Stimme der deutschen Cleantech-Szene begrüßen. In entspannter Atmosphäre berichtete Schröder den Anwesenden in einer offenen Fragerunde von seinen Erfahrungen bei Unternehmen wie Tesla und Sonnen und gab Einblicke in seine Vision einer nachhaltigen Energiewirtschaft. Mit 1KOMMA5° führt er heute ein Unternehmen, das mit der größten Cleantech-Series-A-Finanzierung Europas und einer Bewertung von über einer Milliarde Euro den Status eines Unicorns erreichte.
„Wir wollen nichts am Kunden verdienen, ohne dass er davon weiß“, betonte Schröder und unterstrich, dass Transparenz und Glaubwürdigkeit zentrale Pfeiler der Unternehmensstrategie seien. Mit Blick auf die Innovationskraft der deutschen Industrie zeigte er sich jedoch ernüchtert: „Allein im Zeitraum von Investment über Entwicklung über Produktion, da haben die Chinesen schon zwei Produktzyklen gemacht.“
Auch seinem Heimatstandort Hamburg stellte er ein durchwachsenes Zeugnis aus: Zwar fühle er sich der Stadt verbunden, doch wirtschaftlich fehle es an echten Vorteilen. Besonders die Förderlandschaft sei zu unübersichtlich und kleinteilig. „Hamburg hat eine große Schwäche: Es gibt viel zu viele kleine Initiativen“, so Schröder. Die Unterstützung durch die Stadt sei kaum spürbar, während Berlin deutlich effektiver in der Förderung von Start-ups sei, weshalb Schröder dies mit den Worten „Sehr viel Luft nach oben“ zusammenfasste.
Gründerinnen und Gründer hätten es vor allem angesichts der Bürokratie besonders schwer: „Wenn ich kurz davor bin, mich aus dem Fenster zu schmeißen, ist es in der Regel die Bürokratie“, so Schröder. Auch kurzfristige politische Entscheidungen würden unternehmerische Planung erschweren, weshalb er die Arbeit von Start-ups als „Fahren auf Sicht“ bezeichnete. Dies sei auch eine Folge der internationalen Unsicherheiten. Während man früher versucht habe, die Abhängigkeiten von China zu minimieren, sei China durch den unklaren Kurs der USA wieder als wichtiger Partner zu betrachten. Was es brauche, seien verlässliche Zukunftsperspektiven und eine strategische, nicht tagespolitisch getriebene Förderpolitik: „Wir benötigen langfristige Rahmenbedingungen“, erklärte er.
Staatliche Subventionen betrachtete Schröder ebenfalls kritisch. Zwar sei Förderung verlockend, gleiche aber oft einer Droge: „Macht eigentlich keinen Sinn, aber wenn du erstmal drauf bist, ist kalter Entzug auch schwierig“, konstatierte er. Statt immer neuer Programme fordere er eine grundsätzliche Debatte über die Effizienz staatlicher Eingriffe, denn kurzfristige Maßnahmen würden oft eher zu Marktverzerrungen als zu nachhaltiger Stärkung führen. Trotz aller Kritik blicke er mit vorsichtigem Optimismus nach vorn, wobei er seine Hoffnungen auf wirtschaftliche Impulse durch die Politik setze und auf eine mögliche Zinswende und ein Wiederanziehen des Immobilienmarkts hoffe.