Aus den Ländern (Niedersachsen): "Politik kann nicht Unfehlbarkeit leisten"
Die Corona-Pandemie hat zur stärksten Einschränkung der Grundrechte seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland geführt. Wurden die Maßnahmen der Bundes- und Landesregierung in den ersten Wochen des Lockdowns schweigend hingenommen, treten immer mehr Menschen auf die Straßen, um gegen diese Einschränkungen zu demonstrieren. Ist die Corona-Krise eine Gefahr für unsere Demokratie?<br />
Die Sektion Südniedersachsen lud im Rahmen eines Webinars den Bundestagsabgeordneten sowie innenpolitischen Sprecher der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, Konstantin Kuhle, ein. Maik Schenkhut, Mitglied im Vorstand der Sektion Südniedersachsen, begrüßte die Anwesenden des Webevents und eröffnete das Gespräch mit einer kurzen Einschätzung der aktuellen Lage.
Konstantin Kuhle MdB, begrüßte seinerseits die Mitglieder und Gäste des Wirtschaftsrates und bedankte sich für die Einladung. Die Corona-Krise stelle Politik und die Bevölkerung vor die größte Herausforderung. „Wir erleben es, dass die Grundrechte beschränkt sind, wie wir es seit Kriegsende nicht mehr erlebt haben“, so Kuhle. Dennoch seien die schnellen und auch harten Maßnahmen gut gewesen. Die Einschnitte für die Wirtschaft seien zwar schwer, im Gegensatz zu anderen Ländern „kann sich Deutschland Vorsicht leisten“. Dennoch sei die Diskussion um die Einschränkung der Grundrechte legitim und auch richtig. Es dürfe nicht eine Einteilung nach guten und schlechten Grundrechten geben. Das Recht auf Leben und Gesundheit dürfe nicht gegen die Versammlungs- oder Religionsfreiheit abgewogen werden. „Wir dürfen nicht in eine Rangfolge der Grundrechte reinrutschen“ so Kuhle. Weiterhin ging der studierte Jurist auf die Einschränkung der parlamentarischen Befugnisse und der Länder ein. Die Corona-Pandemie habe auch zu Veränderungen bezüglich der Abstimmungen im Bundestag geführt. Die Große Koalition sei auch auf Stimmen der Opposition angewiesen gewesen, da nicht alle Abgeordneten den Abstimmungen aufgrund von Krankheit oder Quarantäne beiwohnen konnten, so z.B. bei der Abstimmung zur 1. Novelle des Infektionsschutzgesetzes. Hinsichtlich der sogenannten „Corona-Gesetze“, d.h. der Einschränkungen der parlamentarischen Befugnisse sowie der Rechte der Länder stellte er fest, dass die auf maximal 1 Jahr befristet seien und auch evaluiert würden. Dennoch sei die Prämisse, stetig nach milderen Mitteln zu suchen. Das zeige sich beispielsweise bei der Maskenpflicht, den Hygiene- und Abstandsregeln sowie der Corona-App.
Anschließend diskutierten die Anwesenden angeregt über die derzeitigen Demonstrationen und Verschwörungstheorien sowie über die bevorstehenden Wahlen.
Wir danken Herrn Kuhle für seine Zeit und die spannenden Ausführungen.