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Bericht
06.10.2023
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François Villeroy de Galhau, Chef der französischen Notenbank, beim Wirtschaftsrat im Saarland

Jubiläumsverstaltung zu 60 Jahre Elysée-Vertrag und 60 Jahre Wirtschaftsrat: Hoffnungen eines Europäers
©Foto: SaarLB

"Die Hoffnung eines Europäers" hat François Villeroy de Galhau, Gouverneur der Banque de France, seine Keynote genannt. Im Haus der Saar LB in Saarbrücken trafen sich Gäste aus Politik und Wirtschart auf die gemeinsame Einladung von SaarLB, Club des Affaires Saar-Loraine und dem Wirtschaftsrat Deutschland, Landesverband Saarland. 60 Jahre Elysée Vertrag, 60 Jahre Wirtschaftsrat, 35 Jahre Club des Affaires Saar-Loraine würdigten Politiker wie Jakob von Weizäcker, Minister der Finanzen und für Wirtschaft des Saarlands und Staatssekretär David Lindemann, Chef der saarländischen Staatskanzlei.

Die Keynote von François Villeroy de Galhau macht Mut, wie auch sein gleichnamiges Buch ‚L’espoir d’un Européen‘ Mut macht. „Ich komme als Zentralbanker hierher, das heißt, ich bin politisch unabhängig“, sagte der Gouverneur. „Unabhängigkeit ist eine deutsche Tugend, die wir von der Deutschen Bundesbank geerbt haben.“ Er engagiere sich für den Euro und gegen die Inflation, gemeinsam mit Joachim Nagel. Beide Notenbankchefs haben den Jahrestag des Elysée Vertrags am 22. Januar in Verdun gefeiert. Die Hoffnung eines Europäers habe er immer noch – sechs Jahre nach der Veröffentlichung seines Buchs.

Er ist überzeugt, dass „wir den Sieg gegen die Inflation erreichen werden. Doch das genügt nicht.“ Es gebe eine Veränderung in der Struktur der Inflation. „Sie hat sich internalisiert“, sagt François Villeroy de Galhau. Diese sogenannte Kerninflation – Energie und Nahrungsmittel sind ausgenommen – erreiche heute noch 4,5 Prozent. Der Gouverneur: „Für die Kerninflation ist Geldpolitik relevant.“ Er weist auf die deutlich gestraffte Geldpolitik hin – „das wissen die Unternehmer, die heute hier sind“. Diese Geldpolitik sei wirksam. „Das ist nicht nur ein Engagement. Wir werden bis 2025 die Inflation nach zwei Prozent zurückbringen.“ Er vertraue darauf, dass die Eurozone um eine Rezession herum kommt. Deutschland sei dabei eine Ausnahme. Aber: „Ich gehöre gar nicht zu denjenigen, die sagen, das deutsche Modell sei kaputt“, fügt der Notenbankchef hinzu.

Worüber sich Frankreich und Deutschland nicht einig sind, sei das schwierige Thema Energie. „Dabei haben beide Länder das gleiche Ziel, nämlich einen Energiewandel mit den Eigenschaften erstens dekarbonisierte Energie", zweitens ‚unabhängige‘ Energie und drittens wettbewerbsfähige Energie. „Ohne starke Unternehmen – das sagt wahrscheinlich der Wirtschaftsrat – ohne starke Industrie kann es kein dauerhaftes Europa geben.“ François Villeroy de Galhau geht auf die Rolle von Angebot, Wettbewerb und Investitionen ein und wirbt für eine starke Kapitalmarktunion in Europa.

Zum Schluss zitiert der Gouverneur Konrad Adenauer mit Blick auf das deutsch-französische Paar: „Wenn zwei Menschen immer die gleiche Meinung haben, taugen beide nicht.“ So sei dieses Paar schon immer Urheber eines Einvernehmens trotz voneinander abweichender Positionen. „Deutsch-französische Kompromisse sind eine Vorbedingung, um Europa mitzuziehen“, sagt der Notenbankchef. Die Welt brauche Europa heute. Als Beispiel für Versöhnung und für Frieden. „Aber nicht nur. Im 20. Jahrhundert haben wir ein einzigartiges Modell, die Soziale Marktwirtschaft, erfunden und erfolgreich entwickelt. Und es war wettbewerbsfähig.“ Im 21. Jahrhundert müssten wir ein Modell ‚nachhaltige Marktwirtschaft‘ schaffen, so François Villeroy de Galhau. „Und es muss wettbewerbsfähig sein“. Eine große Herausforderung sei das - und auch noch 60 Jahre nach dem Elysée Vertrag die Hoffnung eines Europäers.


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