„Möglichkeiten der Beschleunigung von Planungsvorhaben bei größeren Bauvorhaben, insbesondere bei Unternehmensansiedlungen“
Die Forderung nach einer nachhaltigen Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland zur Verbesserung der Infrastruktur für Straßen, Schienenwege, Energienetze und vor allem für die Schaffung zusätzlicher Gewerbeflächen zur Ansiedlung von vor allem größeren Industrieunternehmen, war in den letzten Jahren bereits unüberhörbar und ist seit langem eine Forderung des Wirtschaftsrates.
Erreicht worden ist bis dato relativ wenig. Dies liegt auch an den - mitunter berechtigten - Erfordernissen des Umweltschutzes.
Durch die aktuelle Energieverknappung aufgrund der Folgen des Ukraine-Krieges hat das Bemühen um eine Beschleunigung der bezeichneten Planungsverfahren erheblich an Fahrt gewonnen, wie man an den relativ schnell errichteten LNG-Terminals sehen kann. Das Bundesministerium der Justiz und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz haben vor einigen Wochen zwei Beschleunigungsgesetze vorgelegt, die im Bundestag diskutiert werden. Der Rechtsanwalt und ehemalige Innenminister des Freistaates Sachsen, Klaus Hardraht, hat uns über beide Beschleunigungsvorhaben informiert. Er ist u.a. auf das geplante BMJ-„Gesetz zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich“ und auf das BMWK-„Wind-an-Land-Gesetz“ eingegangen. Ferner hat er weitere gesetzgeberische Möglichkeiten analysiert und dargelegt, auf welchen Wegen Beschleunigungen auch ohne neue gesetzliche Regelungen nachhaltig zu Vereinfachungen und zeitlichen Verkürzungen der Verfahren führen können. Insbesondere ist er auf das Modell des „Städtebaulichen Vertrages“ eingegangen.
Klaus Hardraht, Rechtsanwalt und Staatsminister a.D.
Systembremsen im deutschen Rechtssystem sind dabei das ausgeweitete Verbandsklagerecht, eine nicht ausreichend vollzogene Präklusion sowie ausufernde Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP). Konkret werden hierzulande zu viele Widersprüche gegen Baumaßnahmen möglich, die dann von der Gegenseite angefochten werden müssen, um doch durchgeführt werden zu können. Es existieren zudem hohe Anforderungen an Ersatz-Ausgleichsflächen, z.B. bei Rodungen und Abtragungen, ein schleppender Fördermitteltransfer und dann noch das Beihilferecht der EU. Kurzum, mitunter müssen hierzulande zu viele Interessengruppen einbezogen werden und die Umsetzungsfristen verlängern sich dadurch enorm. Hinzu kommt mitunter ein „vorauseilender Gehorsam“ deutscher Politik gegenüber der EU.
Ein
Lösungsweg zur Beschleunigung weiterer großer Ansiedlungen, wie die von Bosch,
Jenoptik und Infineon in Dresden, könnte in der Rückkehr zur Verfahrensweise von
kurz nach der Wiedervereinigung liegen. Da hatten Politik, Behörden und
Unternehmer gemeinsam das Ziel, schnell die Aufbauarbeit durch Ansiedlung von
Leuchtturmindustrien in Sachsen zu leisten und haben entsprechend zusammen
gearbeitet. Daraus folgt, will man heute bei größeren Bauvorhaben schneller
werden, eine Reduktion senkrechter Behördenstrukturen anzustreben. Lediglich
eine Instanz, einberufen durch die oberste politische Hierarchiestufe, in
welcher Investor, Kommune, Landesdirektion sowie der jeweilige Abteilungsleiter
des relevanten Ministeriums als „Arbeitsgruppe“ an einem Tisch sitzen, würde
genügen. Außerdem könnten aufwendige Planfeststellungsverfahren entfallen;
hoheitliche Genehmigungen sollten durch den Abschluss eines „Städtebaulichen
Vertrages“ unter Einbezug der öffentlichen Hand und des Investors abgelöst
werden und erforderliche UVP sollten im Vorfeld der Maßnahme bereits eingeholt
werden, um ein Vorhaben nicht im laufenden Prozess zu verschleppen. Letztlich
dürfe es aber nicht zu einer Bevorteilung von Konzernen und KMU kommen. Wir
danken Klaus Hardraht für seine ausführlichen Darlegungen.