„Chemnitz als Kulturhauptstadt mit Industriekultur: Nachhaltige Impulse für die Wirtschaftsentwicklung der Region“

v.l.n.r.: Silvana Bergk, Leiterin Geschäftsbereich Wirtschaft der Stadt Chemnitz; Dr. Dirk Schröter, Landesvorsitzender des Wirtschaftsrates in Sachsen; Elisa Heinrich, Sprecherin der Sektion Chemnitz; MdEP Oliver Schenk; Dr. Dino Uhle, Landesgeschäftsführer des Wirtschaftsrates in Sachsen; Stefan Schmidtke, Geschäftsführer der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 gGmbH (Foto: Wirtschaftsrat)
Wir haben uns in der Herzkammer der sächsischen Industrie, im Industriemuseum Chemnitz getroffen (hiermit sei gleichzeitig eine Besichtigung unbedingt empfohlen), um über die nachhaltigen Impulse des Kulturhauptstadtjahres 2025 für die Region Südwestsachsen zu sprechen.
Chemnitz als das „ehemalige Sächsische Manchester“ und die Region Südwestsachsen befinden sich in einer Phase des Umbruchs. Neben den Herausforderungen durch den Strukturwandel, einen rückläufigen Automobil- und Maschinenbau, der Transformation der Industrie und die aktuelle, teilweise hausgemachte, wirtschaftliche Lage mit Fachkräftemangel, Desinvestition, Abwanderung und globalen Unsicherheiten eröffnen sich durch das Kulturhauptstadtjahr 2025 auch neue Chancen. Besonders die Industriekultur bietet dabei Anknüpfungspunkte, um innovative und nachwirkende Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung zu setzen.
Folgende Referenten konnten wir für unsere Veranstaltung mit folgenden Vorträgen gewinnen:
- Silvana Bergk, Leiterin Geschäftsbereich Wirtschaft der Stadt Chemnitz, zeigte die Kenngrößen und Effekte aus Sicht der Wirtschaftsförderung.
- MdEP Oliver Schenk beleuchtete die nachhaltigen Wirtschaftsimpulse durch das Kulturhauptstadtjahr 2025.
- Stefan Schmidtke, Geschäftsführer der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 gGmbH, stellte dar, welche langfristigen Impulse das Projekt für die Stadt und die Region entfalten kann.

Elisa Heinrich, Sprecherin der Sektion Chemnitz, begrüßt die Gäste (Foto: Wirtschaftsrat)
Nach der Begrüßung durch unsere Sektionssprecherin Elisa Heinrich haben wir zahlenbasierte Einblicke in den Erfolg des Kulturhauptstadtjahres durch Silvana Bergk erhalten.

Silvana Bergk, Leiterin Geschäftsbereich Wirtschaft der Stadt Chemnitz, während ihres Vortrags (Foto: Wirtschaftsrat)
Die Innenstadt von Chemnitz zeigt sich heute belebter denn je. Die Übernachtungszahlen sind genau so gestiegen, wie die Umsätze der Gastronomen und des Handels in der Innenstadt. Gäste, die Chemnitz besuchen, sind der Meinung, dass Chemnitz mit viel Grün aufwarte und relativ sauber sei. Zudem habe der LinkedIn-Kanal der Kulturhauptstadt mit 5.000 Abonnenten eine gute Resonanz. Der Imagefilm (siehe Link unten), wurde ebenfalls positiv aufgenommen. Die Stadtverwaltung ist aber auch ungewöhnliche Wege gegangen, um Chemnitz als „C the unseen“ insbesondere für junge Menschen sichtbarer zu machen. So waren Vertreter der Stadt auf dem „Highfield-Festival“ am Störmthaler See, um dort künftige Studenten nach Chemnitz zu locken. Eröffnungsfeier, Hutfestival, KOSMOS-Europe, Kulturhauptstadt-Marathon, das Garagen-Festival u.v.m. konnten dazu beitragen, dass sich die Besucherzahlen von Chemnitz im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdoppeln haben. Chemnitz kann darüber hinaus mit vielen großartigen Museen punkten und die Industriekultur erlebbar machen. Ferner setzt die Stadt auf industrielle Zukunftsbranchen: Maschinenbau, Robotik, Wasserstoff, Mikroelektronik und die Halbleiter-Technologie prägen die regionale Wirtschaft und diese Branchen sollen erfolgreich in die Zukunft geführt werden. Am 29.11. wird die offizielle Abschlusszeremonie zur Kulturhauptstadt stattfinden. Silvana Bergk konstatierte am Ende Ihres Vortrages, dass zwei Dinge aus dem Kulturhauptstadtjahr von Dauer sein werden. Erstens werden die Chemnitzer nicht mehr zu ihrer „übertriebenen Bescheidenheit“ zurückkehren, was nichts anderes heißt, als das „Schlechtreden“ der eigenen Heimatstadt bleiben zu lassen. Zweitens haben sich die Vorteile von Chemnitz als Lebensort (günstige Mieten, viel Grünflächen, hochwertige Bildungseinrichtungen, ausreichend Kitas, viele Sport- und Kulturmöglichkeiten etc.) bereits in die Welt hinausgetragen.
Oliver Schenk, Mitglied des Europäischen Parlaments, während seines Vortrags (Foto: Wirtschaftsrat)
MdEP Oliver Schenk knüpfte an Europa und die Parallelen der inneren Werte von Chemnitz zur europäischen Idee an. Mit 7% der Weltbevölkerung ist auch die EU den Geschehnissen in einer multipolaren Welt ausgesetzt (Zollpolitik, Sicherheitslage, Dumping-Preise, Energiepreise etc.). Die Frage, wie eine Kulturhauptstadt positive Effekte für Europa generieren könne, stand in seinem Vortrag im Mittelpunkt. Europa stehe für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Chemnitz stehe für Industriekultur und für die Bewältigung verschiedener Transformationsprozesse (Pioniergeist in der Textil- und Lokomotivindustrie, Wiedervereinigung und der damalige Niedergang der DDR-Wirtschaft, Maschinenbau und Automobilindustrie im Wandel). Es gilt für Chemnitz, sich die industrielle DNA zu bewahren, das technische Können zu konservieren, den Gestaltungswillen zu behalten und daraus einen Ort zu generieren, aus welchem Zukunft entstehe. Europa brauche wieder mehr Selbstvertrauen und endlich wieder eigene wirtschaftliche Stärke, um auf der Welt wieder mehr Respekt einzufahren. Für Europa gelte, dass immer die Interessen der 27 Mitgliedstaaten zusammengeführt werden müssen, die exzellente Forschung dabei weiter zu stärken und die Forschungsergebnisse auch auf die Straße zu bringen, wo es noch Nachholbedarf gäbe. Für alle demokratischen Entscheidungen braucht es jedoch politische Mehrheiten – was das oft Wünschenswerte nicht sofort in das Machbare überführen kann.
Stefan Schmidtke, Geschäftsführer der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 gGmbH, während seines Vortrags (Foto: Wirtschaftsrat)
Stefan Schmidtke hat einen individuelleren Ansatz gefahren, um die Kulturhauptstadt zu vermarkten. Es waren weniger die kulturellen/musikalischen Höhepunkte, die das Konzept getragen haben – es war für ihn vor allem die Frage, wie Kultur in Europa und mithin in Chemnitz besser funktionieren könne. Er wertet das Jahr 2025 als Erfolg für die Einwohner von Chemnitz, die viele Projekte selbst umgesetzt haben. Der Slogan „C – the unseen“ sollte dergestalt in die Einwohner und nach Europa getragen werden, dass die Chemnitzer ihre Stadt positiver mit ihren eigenen Augen sehen, sodass sich dieser Mindset auf die Besucher überträgt. Auf diese Weise könne die „Kultur“ die gesamte Gesellschaft positiv verändern. Ganz wichtig dabei war, die regionale Wirtschaft mit in das Projekt einzubinden. So konnten über ein „Apfelbaumprojekt“ Schüler in die Unternehmen kommen und einen Eindruck über die Produktion gewinnen. Zudem gelang es, Bürgermeister anliegender Gemeinden besser miteinander zu vernetzen. Zudem sei ein MINT-Mitmach-Festival entstanden, was sich „MAKERS UNITED“ (siehe Link unten), nennt und für die „Macher“ aus den Bereichen Technik, Handwerk, Kunst und Wissenschaft von morgen gedacht ist. Hier bietet der Wirtschaftsrat Sachsen ausdrücklich seine Kooperation an. Summa Summarium war das Projekt „Chemnitz Kulturhauptstadt 2025“ zu 80% von Nicht-Kulturschaffenden getragen und hat einen Platz in der Seele der Chemnitzer gefunden. Viele der erfolgreichen Kulturhauptstadt-Projekte sollen in einer verkleinerten städtischen Gesellschaft fortgeführt werden. Dafür existiere bereits ein 10-Jahres-Entwicklungsplan.
(Foto: Wirtschaftsrat)
Wir danken allen an der Veranstaltung Beteiligten, insbesondere den Mitarbeitern des Industriemuseums Chemnitz (siehe Link unten), die zum Gelingen unserer Veranstaltung beigetragen haben.