„Illegale Migration nach Deutschland – eine Sachstandsanalyse“
Wir hatten die Gelegenheit, unsere Geschäftsräume für eine überaus faktenbasierte Veranstaltung mit dem Polizeidirektor und Leiter der Bundespolizei Dresden, Rico Reuschel, zu öffnen. Nach einer kurzen Einführung durch unseren Landesfachkommissionsvorsitzenden, Dr. Axel Schober, haben wir einen tieferen Einblick in die Thematik „Illegale Migration nach Deutschland“ erhalten dürfen.
v.l.n.r.: Dr. jur. Axel Schober, Vorsitzender der LFK Internationales im Wirtschaftsrat Sachsen bei seiner Einführung ins Thema; Polizeidirektor Rico Reuschel, Leiter
Bundespolizei Dresden (Foto: Wirtschaftsrat)
Generell gilt es zwischen erwünschter, bedarfsorientierter Einwanderung in den Arbeitsmarkt und unerwünschter bzw. illegaler Einwanderung, meist in die Sozialsysteme, zu differenzieren. Eine tragfähige Lösung zur Eindämmung der illegalen Migration zu finden, ist eine der komplexesten Herausforderungen unserer Zeit, wie man an den jüngsten Entscheidungen durch den neuen Innenminister Alexander Dobrindt und entsprechenden Kontroversen auf Bundesebene entnehmen kann. Klar ist, einfache Antworten auf eines der drängendsten Probleme unserer Zeit gibt es nicht. Wir haben uns entsprechend auf die Faktenlage konzentriert und Polizeidirektor Reuschel konnte uns eine Sachstandsanalyse präsentieren. Im Jahr 2023 beliefen sich die Kosten für die Migration auf ca. 50 Mrd.€, wovon 30 Mrd.€ der Bund und 20 Mrd. € die Länder getragen haben. Wie wir wissen, sind die kommunalen Haushalte angespannt – dies vor allem aufgrund der hohen Kosten im Zusammenhang mit der Unterbringung von Migranten inkl. des Bereitstellens von entsprechendem Wohnraum. Fakt ist aber auch, dass es historisch belegt ist, dass Migration bestehende Kulturen bereichert hat. Man denke an die Hugenotten im 17. Jahrhundert, an die Polen, die insbesondere ins Ruhrgebiet und an die Italiener, die in den 50er/60er Jahren nach Deutschland gekommen sind.
Deutschland benötigt nun wieder Arbeitskräfte, insbesondere wenn die Volkswirtschaft auf Wachstumskurs gebracht wird. Aber es kommen Menschen, die auch den Willen zur Integration mitbringen müssen. Diese „Bürgerpflicht“ haben viele der ab 2015 migrierten Personen jedoch noch nicht erkannt und vielleicht wurde diese auch nicht stringent genug kommuniziert. Da diese vordergründig aus muslimisch geprägten Kulturen kommen, erheben sich Fragen, was die Auslegung des Islam, die Stellung der Frauen und Gewaltbereitschaft (Messerattacken) anbelangt, damit die Integration in die Gesellschaft gelingt. Das deutsche Asylrecht ist komplex, zumal es durch EU-Verordnungen überlagert wird. Das im Vertrag von Lissabon aus dem Jahr 2009 formulierte gemeinsame europäische Asylsystem kann aktuell als gescheitert angesehen werden, weil es bisher nie richtig funktioniert hat. Ab 2026 soll das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) eingeführt werden, welches Standards für Asylverfahren, Unterbringung und Versorgung von Asylsuchenden in der EU festlegt. Ziel ist es, einheitliche Regelungen für Asylverfahren in allen Mitgliedstaaten zu schaffen, um sicherzustellen, dass die Asylbewerber gleichbehandelt werden, unabhängig davon, in welchem EU-Land sie einen Antrag stellen. Hier herrscht aber auch Uneinigkeit zwischen den EU-Staaten, insbesondere, was die Verfahren an den EU-Außengrenzen mit entsprechenden Rückführungen anbelangt und bezüglich der Maßgabe, verstärkt dorthin zu gehen, wo bereits ethnische Communities in Europa entstanden sind. Letztes führt zur weiteren Ghettoisierung, was einer Kommune sicher nicht guttut, da diese ja gerade dagegen ankämpfen und entsprechende „No-go-Areas“ vermeiden möchten.
(Foto: Wirtschaftsrat)
Mitte 2024 waren weltweit ca. 120 Mio. Menschen auf der Flucht – die meisten sind Binnenflüchtlinge, die sich innerhalb der jeweiligen Staaten in andere Regionen desselben flüchten. Die größten Flüchtlingsgruppen kommen aus Syrien (6,3 Mio.), aus Venezuela (6,2 Mio.) aus der Ukraine (6,1 Mio.) und aus Afghanistan (6,1 Mio.). Deutschland ist nach der Türkei und Kolumbien mit 2,7 Mio. Menschen das drittgrößte Aufnahmeland weltweit. Die meisten, vordergründig jungen muslimischen Männer kommen über die Ost-Mittelmeer-Route und über Westafrika nach Europa bzw. Deutschland. Hier gilt es zwischen push- und pull-Faktoren zu unterscheiden. Als push-Faktoren (was treibt die Menschen aus ihren Herkunftsländern fort?) führte Polizeidirektor Reuschel Kriege, Armut, Naturkatastrophen sowie fehlende Rechte an. Als pull-Faktoren (was zieht die Menschen in andere Länder?) können bessere wirtschaftliche Chancen, höherer Lebensstandard, soziale Sicherheit und politische Stabilität benannt werden. Als den größten „Zustrom-Magneten“ im Sinne eines pull-Faktors kann man wohl die Leistungen unseres deutschen Sozialstaates nennen, die dadurch auf die Spitze getrieben werden, dass hierzulande sogar abgelehnte Asylbewerber später Anspruch auf Bürgergeld haben. Etwas Vergleichbares (und Fehlanreize setzendes) gibt es nirgendwo auf der Welt. Bürgergeld ist der pull-Faktor Nr. 1, denn ein überproportionaler Anteil an Migranten kommt in den Genuss dieses „Einkommens ohne Gegenleistung“, welches die neue Bundesregierung in eine strengere Grundsicherung umwandeln möchte.
In Art. 16a, Abs. 2 des Grundgesetzes ist formuliert, dass derjenige, der aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist, nicht zwangsläufig Anspruch auf Asyl in Deutschland hat. Diese und weitere Regelungen, auch was die Verteilung von Abgeschobenen gemäß des Dublin-Verfahrens anbelangt, werden aktuell in Europa nicht eingehalten. Von 74.583 Ersuchen von Deutschland an seine europäischen Verbündeten wurden 2024 lediglich 5.827 tatsächlich überstellt bzw. zurückgeführt. Das ist eine Quote von 7,8%. Der EU-Verteilmodus „Dublin“ kann also als gescheitert betrachtet werden.
Deutschland ist aktuell einer Flut von Asylanträgen ausgesetzt. Ca. 250.000 Asylanträge und ca. 100.000 Anträge auf Familiennachzug muss das Land jährlich verkraften. Die unerlaubten Einreisen nach Deutschland gehen aufgrund der Einführung von Grenzkontrollen aktuell zwar etwas zurück, aber der bisherige seit 2015 aufsummierte „Nettozustrom“ muss mit Leistungen aus den Steuer- und Sozialsystemen versorgt werden, was sich zu einem großen Problem für Deutschland entwickelt hat. Allein die Auszahlung des Bürgergeldes beträgt monatlich ca. 3,9 Mrd.€, vereinnahmt zu 47,9% durch ausländische und zu 52,1% durch deutsche Anspruchsberechtigte. Seit 2015 hat Deutschland eine Netto-Zuwanderung (Einwanderung minus Abwanderung) von ca. 6 Mio. Menschen, seit 2010 von 8 Mio. Menschen verkraftet. Hier muss auch beachtet werden, dass sehr viele hoch Qualifizierte Deutschland verlassen und in die Schweiz, nach Österreich oder Übersee bzw. nach China auswandern. Der höchste Zustrom nach Deutschland kommt aus Syrien, Afghanistan und der Türkei. Ukrainer hatten den Vorteil, mit Eintritt nach Deutschland sofort Bürgergeld (mit warmer Wohnung und bezahlter Miete) und nicht erst Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (mit Sammelunterkunft) zu bekommen. Eine schlüssige Erklärung für diesen Unterschied im Asylrecht ist bisher ausgeblieben (Anm. d. Verf.).
Rico Reuschel, Leiter Bundespolizei Dresden, während seines Vortrags (Foto: Wirtschaftsrat)
Schaut man auf die Straftaten, so fällt ins Auge, dass ausländische Tatverdächtige überproportional häufig, insbesondere Personen vom Zustrom ab 2015, darin vertreten sind. Dem ausländischen Anteil an der Gesamtbevölkerung von 15% steht ein Anteil von ausländischen Straftätern an allen Strafen von 41,8% gegenüber. Hierbei ist noch zu beachten, dass diese Kriminalitätsquote noch höher ausfallen würde, wenn man die Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft nicht ausschließlich den Deutschen zuordnen würde. Fakt ist, dass eine kleine Gruppe von Migranten den größten Anteil an der Verübung von Straftaten hat. Unmittelbar ausreisepflichtig waren im Jahr 2024 42.296 Personen, die um 178.512 Geduldete erweitert, letztlich 220.808 Personen umfassen. Tatsächlich abgeschoben wurden aber nur 9 Prozent davon. Hier ist dringender politischer Handlungsbedarf, was Rücknahmeabkommen und Durchsetzungskraft Deutschlands bezüglich der Herkunftsländer anbelangt. In der EU wird aktuell über „smart borders“ bzw. über das Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) debattiert, welches ein neues System ist, das die Einreise in den Schengen-Raum für visumsbefreite Drittstaatsangehörige vereinfachen soll. Es handelt sich um eine elektronische Reisegenehmigung, die vor der Einreise beantragt werden muss. ETIAS soll die Grenzkontrollen verbessern, die Sicherheit erhöhen und die illegale Einwanderung reduzieren. Darin ist das EES (Entry-Exit-System) inkludiert, welches den Informationsaustausch in Echtzeit fördert, wodurch den Grenzbehörden in der gesamten EU die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Aktuell gibt es zudem viele gefälschte Identitätsdokumente, wie Reisepässe oder Personalausweise, wobei hier das sogenannte „Morphing“, also die Verschmelzung von zwei Passbildern in ein neues künstlich erzeugtes, eine entscheidende Rolle spielt. Lediglich eine sichere, elektronische Identität, an der im Bund intensiv gearbeitet wird, könnte hier Abhilfe schaffen und den Pass-Fälschern das Handwerk legen, ist Rico Reuschel überzeugt.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass das Vorgehen des Innenministers Dobrindt mit Zurückweisungen an den Grenzen das richtige Zeichen setzt, um den Migrationsstrom nach Deutschland zu begrenzen. Ferner müssen die von Deutschland beeinflussbaren pull-Faktoren, wie das „Bürgergeld für Jedermann“, zurückgenommen werden und Abschiebungen konsequenter als bisher durchgeführt werden. Hierzu sind schnell die entsprechenden Abkommen mit den Drittstaaten zu vereinbaren. Ferner sollte die Idee verfolgt werden, die Asylverfahren vor der EU-Außengrenze, gleich in den Drittstaaten durchzuführen, um illegale Migration dort zu bekämpfen, wo es am sinnvollsten ist bzw. dieser vorzubeugen. Sollte man beim sogenannten „Spurwechsel“ für ein chancenreicheres Leben in Deutschland bleiben, muss ein solcher mit einer Stichtagsregel versehen werden. Turbo-Einbürgerungen müssen der Vergangenheit angehören – es muss wieder verstärkt auf die „Bringepflicht“ der Migranten abgestellt werden, indem man sich als Migrant die deutsche Staatsbürgerschaft kriteriengebunden in einer gewissen Zeitspanne (mehr als fünf Jahre) „erarbeitet“. Letztlich sind die Abs. 2 und 3 des §18 AsylG konsequent zu befolgen.
Wir danken unserem herausragenden Referenten für seinen Input und freuen uns auf eine Fortsetzung unseres Dialogs, genau so wie auf die Veranstaltung mit dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Manuel Ostermann, am 12. August 2025, wo es speziell um die innere Sicherheit unseres Landes gehen wird.
Die Präsentation von Polizeidirektor Rico Reuschel (als PDF) finden Sie unter dem Bericht.