Minister-Unternehmer-Dialog mit Staatsministerin Prof. Constanze Geiert
Konrad Schütze-Hemingway, Abteilungsleiter Energiepolitik der SachsenEnergie AG, begrüßte die Teilnehmer des sächsischen Wirtschaftsrates. Nach einer Kurzvorstellung des mittlerweile auf 4100 Mitarbeiter angewachsenen Unternehmens mit einem Umsatz von 5,5 Milliarden Euro und Investitionen in Höhe von 500 Millionen Euro allein im Jahr 2024 kam Schütze-Hemingway auf das Hauptproblem, auch in seinem großen Energieversorger, die hemmende Bürokratie, zu sprechen. Die aufsummierten Bürokratiekosten der deutschen Wirtschaft beliefen sich auf 65 Milliarden Euro, schenke man dem Nationalen Normenkontrollrat und dessen Jahresgutachten von 2022/2023 Glauben.

Konrad Schütze-Hemingway begrüßt die Anwesenden (Foto: Wirtschaftsrat)

(Foto: Wirtschaftsrat)
„Das Rechtssystem eines Landes ist einer der wichtigsten Faktoren für die Wirtschaft. Ein gutes schafft Ordnung und Sicherheit für Investoren, Unternehmer, Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Kunden. Ein schlechtes jedoch kann durch ewige Bürokratie, Unsicherheiten, lange Verfahren und Schlupflöcher ein großes Hindernis für die Wirtschaft eines Landes sein.“ Mit diesen Worten begrüßte der Landesvorsitzende des sächsischen Wirtschaftsrates der CDU e.V., Dr. Dirk Schröter, am 24.11.2025 die Gäste zum Dialog mit der sächsischen Justizministerin Prof. Constanze Geiert.

Justizministerin Prof. Constanze Geiert bei ihrem Vortrag (Foto: Wirtschaftsrat)
Prof. Constanze Geiert begann ihren Vortrag mit den Problemen des derzeitigen Justizsystems. Das bei Weitem schwerwiegendste der sächsischen Justiz sei das Generationsproblem. Nach dem Zusammenbruch der DDR 1990 habe man in den neuen Bundesländern ein komplett neues Justizsystem aufbauen müssen. Da sei man auf westdeutsche Hilfe angewiesen gewesen und viele Juristen aus dem Westen seien in den Osten des wiedervereinigten Landes gekommen, um den Justizapparat aufzubauen und zu erhalten. Diese Generation gehe aber bald in Rente – zu wenige junge Staatsanwälte und Richter kämen jedoch nach Sachen. Zu diesem Problem geselle sich der Fakt, dass es signifikant mehr Verfahren als noch vor 20 Jahren gebe, was zur Folge habe, dass sich diese aufstauten und entsprechend in die Länge zögen. Auch in Sachen Digitalisierung von Prozessakten gebe es Nachholbedarf. Sachsen sei hier deutschlandweit Vorreiter, mitunter dauere es aber softwarebedingt über Stunden, manchmal sogar Tage, bis Akten elektronisch übermittelt werden könnten. Diesbezüglich müsse unbedingt angesetzt und digital beschleunigt werden.
In Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit stellte Prof. Geiert vor allem den Faktor Vertrauen heraus. Ein gutes Rechtssystem sorge für einen geregelten Gesetzesrahmen, auch dafür, dass Verträge eingehalten, empfundene Ungerechtigkeiten eingeklagt und entsprechende Sicherheiten gewährt werden könnten. Ebenso schütze ein rechtsstaatliches System das Eigentum und sorge für fairen Wettbewerb. Dies alles sei essenziell für die Attraktivität eines Standortes.
Die Justizministerin ging als nächstes auf die in letzter Zeit nochmals angestiegenen Ladendiebstähle von mehr als 20.000 Fällen im Jahr 2024 ein. Das Problem dabei sei unter anderem, dass Ladendiebstähle bei Warenwerten von unter 50 Euro (Bagatellgrenze) in der Regel eingestellt würden und hier selten ein Antrag auf Strafverfolgung gestellt werde. Bei bandenmäßigem Diebstahl geringwertiger Güter summierten sich die Kosten auf – die Täter jedoch würden nicht gefasst, da hier lediglich der „Einzelfall“ betrachtet werde. Entsprechend würden viele dieser Delikte entweder nicht angezeigt oder nicht verfolgt, um das Justizsystem nicht zu überlasten. Dies habe in den letzten Jahren einen großen Imageschaden für die Justiz verursacht, was sich ändern müsse, um Vertrauen zurückzuerlangen.

(Foto: Wirtschaftsrat)
Eine Idee, die nun auch in Sachsen umgesetzt werde, seien die Commercial Courts. Diese sollten bei Wirtschaftsstreitigkeiten und einem Streitwert von mehr als 500.000 Euro, der als Hürde für die Inanspruchnahme durch KMU zu werten sei, ein schnelles Verfahren ermöglichen und auf diese Weise die Justiz und die Wirtschaft gleichermaßen entlasten. Diese öffentlichen Schiedsgerichte sollten zunächst zwei Senate am OLG Dresden erhalten und damit eine Alternative zu privaten Schiedsgerichten darstellen. Die Justizministerin wertet die Etablierung von Commercial Courts als einen wichtigen Schritt zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes.
Zum Ende ihres Vortrages ging Prof. Geiert auf die als zu lange empfundenen Genehmigungsverfahren am Beispiel des Baurechts ein. Dies habe für die Landesregierung ein besonderes Gewicht. Hier sei vor allem eine Effizienzsteigerung notwendig. Die jetzige Regierung sei entsprechend im engen Austausch mit der Baubranche. Seit den 90er-Jahren seien hier aber sehr viele neue Regeln, Vorgaben, erforderliche Gutachten und Prüfverfahren hinzugekommen. Über eine Instanzenkürzung und eingeschränkte Widerspruchsrechte solle unbedingt nachgedacht werden. Zudem führe eine Art „Fehlervermeidungsmentalität“ bzw. die „Angst vor Fehlern“ zur Verlängerung von Genehmigungsverfahren. Es sei ein positiver Führungsstil mit Vertrauen in die Kompetenz der Mitarbeiter in den entsprechenden Exekutivbehörden angezeigt, der dazu beitragen solle, im Sinne des für das betroffene Unternehmen geringsten Aufwandes hinsichtlich Zeit und Geld zu handeln. Die Unternehmen seien hier aber auch gefordert, indem sie selbst verbesserte Möglichkeiten aufzeigten, sich als Kooperationspartner sähen und kurze Wege anböten. Ein Schritt in die richtige Richtung sei der „Wohnungsbau-Turbo“, der eine bis 2030 befristete Sonderregelung im Baugesetzbuch bezüglich beschleunigter Genehmigungen beinhalte.
Die Justizministerin vertritt selbst die Arbeitsmaxime, dass sie keine Anordnungen freigebe, die zu mehr Belastung der ihr unterstellten Mitarbeiter, mehrheitlich von Staatsanwälten führe – sie gehe also in Sachen „Bürokratieabbau“ im eigenen Haus mit gutem Vorbild voran.

v.l.: Dr. Dirk Schröter, Landesvorsitzender des Wirtschaftsrates in Sachsen, Sächsische Justizministerin Prof. Constanze Geiert L.L.M., Dr. Dino Uhle, Landesgeschäftsführer des Wirtschaftsrates in Sachsen (Foto: Wirtschaftsrat)
Nach dem Vortrag hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, ihre persönlichen Fragen zu stellen, was rege in Anspruch genommen wurde.