Minister-Unternehmer-Frühstück mit Finanzminister Christian Piwarz MdL
In einem persönlichen und ungezwungenen Rahmen hatten wir die Möglichkeit, mit unserem sächsischen Finanzminister Christian Piwarz über die aktuellen finanziellen Herausforderungen und Perspektiven des Freistaates Sachsen zu diskutieren. Im Mittelpunkt standen die laufenden Haushaltsverhandlungen im Freistaat Sachsen. Nach drei Jahren Rezession stellen sich derzeit die Fragen: Was können und wollen wir uns zukünftig leisten? Wie können realistisch Ausgaben reduziert werden? Wo muss in der angespannten Finanzlage der Schwerpunkt liegen, wo muss investiert und unterstützt werden? Was kann Bürokratieabbau und Digitalisierung beitragen, damit die Kosten sinken? Und welche Impulse ergeben sich daraus für die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Unternehmerschaft insgesamt?
Dr. Dirk Schröter, Landesvorsitzender des Wirtschaftsrates in Sachsen, bei seiner Begrüßung (Foto: Wirtschaftsrat)
Die Diskussion auf Landesebene stand im Zusammenhang mit der Haushaltslage der Landkreise und Kommunen. Gleichzeitig war sie durch die Vorhaben des Bundes bezüglich der Aufweichung der Schuldenbremse und einem Infrastruktur-Sondervermögens im Umfang von insgesamt 500 Milliarden Euro in den nächsten zwölf Jahren verbunden. Was heißt das für Sachsen und unsere Wirtschaft? Über all das konnten wir mit dem Staatsminister sprechen.
Christian Piwarz MdL, Sächsischer Staatsminister der Finanzen (Foto: Wirtschaftsrat)
Um es vorwegzunehmen: Der Doppelhaushalt 2025/2026 könnte bestenfalls Ende Juni, aber auch erst im September dieses Jahres verabschiedet werden. Hier spielen insbesondere die (fehlenden) Mehrheitsverhältnisse im Sächsischen Landtag und die von der AFD abgelehnte Partizipation am sogenannten Konsultationsmechanismus eine wichtige Rolle. Insgesamt haben sich für die Jahre 2025 und 2026 bereits heute enorme Deckungslücken von insgesamt 4,3 Mrd. € aufgetan. Um diese zu schließen, ergeben sich entsprechend der Ausführungen des Finanzministers die folgenden Fragen: Was können wir uns künftig noch leisten und was nicht? Was wollen wir uns künftig noch leisten? Hier muss unbedingt eine schlüssige eine Priorisierung vorgenommen werden.
Die Wirtschaftslage in Sachsen, wie auch im gesamten Land ist aktuell mehr als besorgniserregend. Drei Jahre in Folge kein nennenswertes Wirtschaftswachstum hat auch keine Steuereinnahmen in auskömmlichem Maße gebracht. Das Diktat zur finanziellen Abfederung des Klimawandels (CO2-Vermeidung, Verbrenner-Verbot, Braunkohle-Ausstieg etc.) spielt dabei eine entscheidende Rolle. Hier sollte eine realitätsnähere Ausweitung des Themenspektrums erfolgen, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Ferner ist die Transformation der Automobilindustrie, die im worst case zu enormen Verlusten an Wertschöpfung, Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen führen wird, ein nicht zu vernachlässigender Risikofaktor. Auf der anderen Seite stehen Großansiedlungen, wie in der Halbleiter-Industrie im Dresdner Norden, von ESMC und die Erweiterungspläne von Infineon und Bosch, die künftig ein erhöhtes Steueraufkommen erwarten lassen. Aktuell sei allerdings noch nicht abzusehen, wie sich die negativen und positiven Impulse zueinander entwickeln und in künftigen Haushalten niederschlagen.
(Foto: Wirtschaftsrat)
Ein weiteres Problem seien Bürokratiemonster, die unser Wachstumstempo verhinderten. Im Freistaat Sachsen wurde hier parlamentarisch klar verabredet, dass es zumindest keine „Standarderhöhung“ bzw. „Gold-Plating“ von bundesdeutschen und EU-Vorgaben geben werde, d.h. der Freistaat Sachsen will geltende Normen künftig nicht mehr übererfüllen. Ferner sollen Verwaltungsprozesse digital verschlankt werden und dabei muss die Frage gestellt werden, welche Mehrwerte sich aus der Verschlankung von staatlichen Prozessen ergeben, um deren Sinnhaftigkeit in den Mittelpunkt zu rücken. Daran wird sich die Verwaltungsverschlankung künftig orientieren. Einen besonders relevanten Kostenfaktor stellen die 96.000 Mitarbeiter im öffentlichen Dienst Sachsens dar. Vor dem Hintergrund der aktuellen demografischen Entwicklung ist hier ein Abbau notwendig. Der entsprechende Abbaupfad wurde bereits im aktuellen Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD festgeschrieben und daran wird festgehalten.
Momentan steigen die Steuereinnahmen im Freistaat Sachsen noch leicht an – setzt sich allerdings die Bundespolitik der hohen Energiepreise, enormer Bürokratie und migrationsbedingt extrem gestiegenen Sozialausgaben fort wird die aktuellen Insolvenzwelle und Abwanderung ins Ausland fortbestehen und es muss notwendigerweise ein Ungleichgewicht aus Steuereinnahmen plus EU-Transfers im Verhältnis zu den pflichtigen Ausgaben (Personalkosten, Beamtenpensionen, Sozialkosten) ergeben, welches auf Landesebene kaum noch abgefedert bzw. ins Positive gedreht werden könne. Hier kann eindeutig die Erhöhung des Bürgergeldes zum 01. Januar 2024 als ein Fehler betrachtet werden, der aktuell insbesondere die kommunalen Haushalte einer Extrembelastung aussetzt. Ein bundespolitisches Gegensteuern bei der Reform des Bürgergeldes und Migrationsbegrenzung habe hier aber bereits begonnen.
Staatsminister Piwarz wertet das noch mit dem alten Bundestag beschlossene 500 Mrd.€ schwere Sondervermögen, verteilt auf 12 Jahre, als eine Notwendigkeit, um Investitionen in die veraltete Infrastruktur zu ermöglichen. Der Freistaat Sachsen soll mit jeweils 400 Mio.€ p.a. davon profitieren. In Sachsen sei ein enormer Investitionsbedarf vor allem bei Krankenhäusern und im Straßen- und Brückenbau entstanden, wofür diese Mittel vordergründig verwendet werden sollen. In welcher konkreten Höhe die Kommunen von diesem Sondervermögen profitieren können, stehe aktuell noch nicht fest - an diesem Verteilungsmodus werde aktuell intensiv gearbeitet. Hier soll gelten, dass Wertgrenzen dergestalt eingeführt werden, sodass Infrastruktur-Projekte mit Relevanz für den Freistaat jenseits der 10 Mio.€ eine Förderung erhalten sollen, kleinere entsprechend sollen keine Beachtung finden. Ein „Versickern“ von Finanzmitteln soll auf diese Weise verhindert werden. Die Kommunen müssen aus eigener Finanzkraft mindestens 250.000€ je Projekt einsetzen, so zumindest sehen die aktuellen Ansatzpunkte hierzu aus.
v.l.n.r.: Landesvorsitzender Dr. Dirk Schröter und Staatsminister Christian Piwarz (Foto: Wirtschaftsrat)
Zudem soll die Aufweichung der Schuldenbremse es den Bundesländern ermöglichen, künftig neue Schulden in Höhe von 0,35 des BIP aufzunehmen. Hier bestehe aber das Risiko, dass künftig Schulden für konsumtive Ausgaben gemacht werden. Dies will der Finanzminister Sachsens verhindern und er wird da genau hinschauen, um Belastungen für folgende Generationen zu vermeiden. Was die Aufstellung eines Sächsischen Haushaltes anbelangt, so wurden heute bereits Tilgungsraten in die Zukunft verlagert und sind im Haushaltskonzept des übernächsten Doppelhaushaltes 2029/2030 bereits eingepreist. Weitere Schuldenverlagerungen gilt es an dieser Stelle zu vermeiden. Um eine strukturelle Reform der Staatsfinanzen wird man ohnehin nicht herumkommen, ist sich der Finanzminister sicher.
In der aktuellen Haushaltsdebatte wird es, auch aus Sicht des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, um den Erhalt und damit um die auskömmliche Finanzierung des Forschungsstandortes Sachsen gehen. Das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA) in der sächsischen Lausitz und das Center for the Transformation of Chemistry (CTC) im Mitteldeutschen Revier sollen hier entsprechend zusätzliche Impulse setzen. Der Wirtschaftsrat gibt jedoch zu bedenken, dass auch die für den sächsischen Mittelstand wichtigen Industrienahen Forschungsinstitute (IFE) nicht durch das finanzielle Raster fallen dürfen, zumal diese nicht mit einer Grundfinanzierung, wie die renommierten Großforschungsinstitute (Fraunhofer, Helmholtz, Max Planck, Leibnitz) ausgestattet sind.
v.l.n.r.: Dr. Dino Uhle, Landesgeschäftsführer des Wirtschaftsrates in Sachsen und Staatsminister Christian Piwarz (Foto: Wirtschaftsrat)
Letztlich kamen wir auf den sächsischen Generationenfonds zu sprechen, in welchen u.a. ca. 13 Mrd.€ an Haushaltsmitteln überstellt worden sind. Der Fonds ist konservativ ausgerichtet und investiert aktuell ca. 40% seines Kapitals in Aktien. Damit werden höhere Renditen als bei Staatsanleihen erreicht und entsprechende Mittel zur Finanzierung zukunftsrelevanter Projekte frei. Der Idee, den Sächsischen Landtag von 120 auf 100 Abgeordnete zu verkleinern, erteilte Finanzminister Piwarz eine eindeutige Absage, weil damit kein Einsparpotenzial in auskömmlicher Höhe erreicht würde. Wir danken dem Finanzminister für seine Zeit, seine faktenreiche Rede und freuen uns schon auf eine erneute Runde mit Christian Piwarz.