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Bericht
21.03.2022
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Aus den Ländern (Sachsen): "NoGo-Areas und Drogenszene in Dresden"

Uwe Einsporn, Erster Kriminalhauptkommissar des LKA, über die Drogenkriminalität in Dresden und Sachsen
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Eine der ersten Präsenzveranstaltungen in diesem Jahr fand im Dorint Hotel Dresden, organisiert durch unsere Sektion Dresden, statt. Uwe Einsporn, Erster Kriminalhauptkommissar des LKA, lieferte uns einen überaus eindrucksvollen Gesamteindruck über die Drogenkriminalität in Dresden und ganz Sachsen.

 

Um es vorweg zu nehmen: Drogen aller Art sind mittlerweile auch in der Landeshauptstadt angekommen. Es gibt auch eine Kokainszene, die aber bisher noch nicht weiter analysiert worden ist. Ferner ist die Grenzkriminalität zu Tschechien nach wie vor vorhanden, auch wenn mittlerweile Crystal eher über die holländische Grenze nach Sachsen gelangt.

 

Drogenmittelpunkt in Sachsen bleibt Leipzig, da dort neben dem Bahnhof auch ein Luftfracht-Korridor vorhanden ist. Die in Sachsen im Jahr 2016 greifbar gewordene Flüchtlingswelle hat einen nennenswerten Anstieg der Drogenkriminalität mit sich gebracht. Klassifizierbare „NoGo-Areas“, in die sich die Polizei kaum noch hinein traut, gibt es in Sachsen kaum. Gewisse Ausnahmen bilden hier das Bahnhofsviertel in Leipzig sowie inzwischen der Ortsteil Prohlis (Plattensiedlung) in Dresden. Die Drogenkriminalität verlagert sich aber tendenziell mehr in die Vororte der Ballungszentren, um dort weniger polizeilich beobachtet stattfinden zu können.

 

Die Bestrebungen, Drogenkriminalität aus den Innenstädten zu verbannen, haben bundesweit zu dem Ergebnis geführt, dass sich die Dealer zunächst in die Vorstädte verlagert haben, um letztendlich wieder in Bahnhofsnähe zu gelangen, wo tendenziell die Szene einen Treffpunkt hat. Bemerkenswert dabei ist, so berichtete der LKA-Dezernatsleiter Uwe Einsporn aus Erfahrung, dass gleiche Drogendelikte in Sachsen uneinheitlich bestraft werden. Es ist zu konstatieren, dass Rauschgift-Delikte in Leipzig beispielsweise geringer bestraft werden, als in Dresden oder Görlitz. Hierbei spielt die lokale Identität eine wichtige Rolle.

Drogenspezifisch bestimmen Cannabis und Crystal die Szene in Sachsen. Diese stehen im Verhältnis ¾ zu ¼. Das Darknet erleichtert dabei die Zugänge zu Drogen. Musste man früher einen Dealer kennen, so geschieht der Handel heute zunehmend anonym über das Darknet. Die Postzusteller fragen kaum nach dem Inhalt von Paketen. Es ist folglich relativ einfach, an Kokain, Heroin, Crystal oder Cannabis heran zu kommen. Der Kokainpreis ist nach der Wende kontinuierlich gesunken, sodass diese früher als „Luxusdroge“ bekannte Substanz heute relativ leicht und günstig zu erwerben ist. Entsprechend steigen die im Umlauf befindlichen Mengen.

Die Drogenbekämpfung in Sachsen geschieht hauptsächlich über zwei sogenannte GER (Gemeinsame Ermittlungsgruppen Rauschgift in Ost- und Westsachsen). Jedoch ist die Mitarbeiterstärke dieser Einheiten nach wie vor zu gering. Hier ist dringender personeller Handlungsbedarf geboten, was wir ausdrücklich anmahnen möchten. Die GER Ostsachsen hat lediglich 16 feste Mitarbeiter, was als viel zu wenig angesehen werden muss, um nennenswerte Erfolge in der Bekämpfung der Drogenkriminalität in und um Dresden zu erreichen.

Albaner spielen eine sehr wichtige Rolle im Drogenhandel Sachsens; die frühere Partydroge „XTC“ (Ecstasy) ist wieder im Kommen und der THC-Gehalt (Tetrahydrocannabinol) bei Cannabis nimmt mit schweren Folgen für die Gesundheit der Konsumenten immer stärker zu. Crystal wird heute mehrheitlich von Mexikanern und Kolumbianern in Holland hergestellt. In den sächsischen Grenzregionen werden oft Mittelsmänner eingesetzt, um sogar fußläufig die Drogen aus Tschechien nach Sachsen zu schmuggeln. Ein lukratives Geschäft vor allem für die Menschen in Sachsen, welche auf soziale Hilfe (Hartz IV) angewiesen sind und auch einen Aufenthalt hinter Gittern nicht scheuen.

Wir hoffen auf die Schmälerung des Polizei-Nachwuchsproblems ab 2025, ohne Abstriche in der Qualifikation der Polizisten sowie bei der inneren Einstellung gegenüber der Verbrechensbekämpfung machen zu müssen. Uwe Einsporn ist mit Leib und Seele Polizist. Er vertraut auf die Maxime „Prävention geht vor Depression“. Jeder von uns ist also aufgefordert, mittels Verständnis und Lösungsidee auf Drogenabhängige im persönlichen Umkreis ein- und zuzugehen, den „Junkies“ auf Augenhöhe zu begegnen, um deren (Drogen-)Welt ein wenig zu verbessern. Mit dieser Herangehensweise ist viel gewonnen und noch mehr wäre möglich, wenn wir mit Uwe Einsporn erneut in die Diskussion gehen könnten. Darauf hoffen wir und freuen uns bereits darauf. Danke an alle.