Wirtschaftstag Sachsen 2025 "Die Zukunft der Automobilindustrie in Sachsen und Deutschland"

„Die Zukunft der Automobilindustrie in Sachsen und Deutschland“. Unter diesem Motto haben wir unsere Mitglieder und Gäste am 19. Juni 2025 nach Zwickau zum Wirtschaftstag des Landesverbands Sachsen eingeladen.
Passend zum Thema fand die Veranstaltung im August Horch Museum statt – einem historischen Ort, an dem vor über 100 Jahren das erste Auto in Sachsen, der „Horch 14-17 PS Tonneau“ in Serie produziert wurde. Damit begann die Entwicklung der Automobilindustrie zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig im Freistaat. Besonders Zwickau etablierte sich als zentraler Standort dieses Industriezweigs, insbesondere während der Weimarer Republik und in der DDR. Damals war die Stadt als eines der Zentren der deutschen Automobilproduktion bekannt.
Leider muss festgestellt werden, dass die Automobilindustrie in Sachsen – vor allem in den letzten Jahren – in eine schwere Krise geraten ist. Sinkende Verkaufszahlen und rückläufige Gewinne der großen Autokonzerne gefährden zunehmend die Standorte in der Region. Gerade deshalb ist es wichtig, über die Zukunft des Automobilstandorts Sachsen zu sprechen.
Um einen offenen und vielfältigen Dialog zu ermöglichen, haben wir ein breit gefächertes Referenten-Programm zusammengestellt. Mit dabei waren u.a.:
- Constance Arndt, Oberbürgermeisterin der Stadt Zwickau
- Dirk Althaus, Ministerpräsident von Thüringen a.D. und Vice President Governmental Affairs Magna Europe
- Dirk Panter MdL, Sächsischer Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz
- Ronald Gerschewski, Geschäftsführer der Welp Holding GmbH
v.l.n.r.: Prof. Dr. Jan Schubert, Prorektor für Forschung an der Westsächsischen Hochschule Zwickau; Dieter Althaus, Vice President Governmental Affairs Magna Europe; Dirk Panter MdL, Sächsischer Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz; Jonas Wetzel, Pressesprecher der Volkswagen Sachsen GmbH; Uwe Schneider, Geschäftsführer der AKE-Systemtechnik GmbH; Ronald Gerschewski, Geschäftsführer der Welp Holding GmbH; stehend: Dirk Vogel, Geschäftsführer der RKW Sachsen GmbH (Foto: Christian Scholz)
Bevor jedoch die Referenten das Wort ergriffen, richtete unser Landesgeschäftsführer, Dr. Dino Uhle, einige mahnende Worte an die Politik auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Er machte deutlich, dass politische Maßnahmen zum Klimaschutz, das Verbrenner-Verbot, der starke Fokus auf das E-Auto und zunehmende Regulierung die sächsische/deutsche Autoindustrie erheblich unter Druck gesetzt haben. Er warnte eindringlich: Wenn nicht bald gegengesteuert werde, könnten die in Sachsen produzierten E-Autos bald nur noch im Museum zu sehen sein.
Dr. Dino Uhle, Landesgeschäftsführer des Wirtschaftsrates in Sachsen (Foto: Christian Scholz)
Unser Landesvorsitzender, Dr. Dirk Schröter, führte in seiner Begrüßungsrede u.a. ein Video aus der Tagesschau vom 14.02.2023 vor, in welchem über das vom EU-Parlament beschlossene Verbrenner-Aus ab 2035 sowie die Abkehr von E-Fuels informiert wurde - mit der Konsequenz des Abbaus von 2.300 Stellen in Deutschland beim US-Automobilbauer Ford aufgrund der Umstellung auf Elektromobilität.
Dr. Dirk Schröter, Landesvorsitzender des Wirtschaftsrates in Sachsen (Foto: Christian Scholz)
Dieser Einschätzung widersprach anschließend Constance Arndt. Zwar bestätigte sie, dass sich die Automobilindustrie in einer sehr schwierigen Lage befindet, betonte jedoch, dass es zu kurz greife, allein E-Mobilität und Klimapolitik für die Krise verantwortlich zu machen. Die Gründe seien vielfältig – etwa die wachsende Konkurrenz aus China. In der aktuellen Situation sieht sie auch eine Chance, die Industrie neu auszurichten und langfristig vom weltweiten Trend zur Elektromobilität zu profitieren.
Constance Arndt, Oberbürgermeisterin von Zwickau (Foto: Christian Scholz)
Eine ganz andere Perspektive brachte Dieter Althaus ein. Seiner Meinung nach sind die aktuellen Probleme Ausdruck politischer Fehlentscheidungen der Vergangenheit und Gegenwart. Statt der Wirtschaft freie Hand bei der technischen Entwicklung zu lassen, seien bestimmte Technologien künstlich gefördert worden – ohne realistische Marktchancen. Dies habe der Branche großen Schaden zugefügt. Vor allem das E-Auto sei, seiner Ansicht nach, ein Produkt mit geringer Nachfrage, was sich auch an den rückläufigen Verkaufszahlen zeige. Deshalb konnten chinesische Hersteller in den vergangenen Jahren erheblich aufholen.
Dieter Althaus, Vice President Governmental Affairs Magna Europe (Foto: Christian Scholz)
Einen praxisnahen Einblick aus Sicht der mittelständischen Zulieferindustrie bot Ronald Gerschewski. Als Vertreter eines sächsischen Automobilzulieferers erklärte er anschaulich, welchen Schaden die Zulieferbetriebe und damit auch die regionale Wirtschaft nehmen würden, sollte sich die Krise weiter verschärfen. Er kritisierte insbesondere:
- komplizierte Finanzierungsprozesse
- übermäßige Bürokratie
- fehlende staatliche und unternehmerische Flexibilität.
Diese Hindernisse erschwerten es der Branche, schnell auf neue Entwicklungen zu reagieren. Ronald Gerschewski betonte jedoch, dass sich viele Probleme durch gezielte Reformen lösen ließen – sofern diese schnell umgesetzt werden.
Ronald Gerschewski, Geschäftsführer der Welp Holding GmbH (Foto: Christian Scholz)
Staatsminister Dirk Panter zeigte Verständnis für die Argumente zugunsten des Verbrennungsmotors. Unternehmen müssten wirtschaftlich denken und der Verbrenner sei aktuell vielerorts noch profitabel. Deshalb sei nachvollziehbar, dass Firmen versuchen, diese Technologie weiter zu nutzen. Dennoch warnte er davor, eine „Rolle rückwärts“ zu machen – der Weg in die Zukunft dürfe nicht allein beim Verbrenner liegen.
Staatsminister Dirk Panter MdL (Foto: Christian Scholz)
Panter berichtete außerdem, dass die Staatsregierung eine neue Task Force eingerichtet habe, die sich gezielt mit den Problemen der sächsischen Automobilindustrie befasse. In den letzten Monaten habe es zahlreiche Gespräche zwischen Politik und Unternehmen gegeben. Ziel sei es, die bestehenden Standorte in Sachsen zu sichern. Laut des Staatsministers gebe es Zusagen, dass keine Werke geschlossen werden – ein deutlich positives Signal dahingehend, dass es mit der Automobilproduktion auch in Zwickau weiter gehe. Die Priorität liege nun auf Reformen und einem intensiven Austausch mit der Industrie, um den Automobilstandort Sachsen wieder auf Kurs zu bringen. Dabei sei man aber auch auf die Unterstützung des Bundes angewiesen, denn die Probleme betreffen nicht nur Sachsen, sondern ganz Deutschland. Besonders wichtig sei jetzt eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik und Industrie.
(Foto: Christian Scholz)
(Foto: Christian Scholz)
Nach den Vorträgen hatten die Mitglieder Gelegenheit, Fragen an das fachkundige Podium zu stellen. Dabei wurde schnell deutlich, wie groß das Interesse und das Engagement für die Zukunft der Automobilindustrie in Sachsen ist. Im Podium waren, neben den bereits genannten Referenten zudem Uwe Schneider, Geschäftsführer der AKE-Systemtechnik GmbH; Prof. Dr. Jan Schubert, Prorektor Forschung der Westsächsischen Hochschule Zwickau und Professor des Instituts für Kraftfahrzeugtechnik sowie der Pressesprecher der VW Sachsen GmbH, Jonas Wetzel, dabei. Moderiert wurde die Diskussion von einem Experten auf dem Gebiet des Automobilbaus, dem Geschäftsführer der RKW Sachsen GmbH und Netzwerkmanager des AMZ, Dirk Vogel.
v.l.n.r.: Dieter Althaus, Staatsminister Dirk Panter, Jonas Wetzel während der Diskussion mit den Gästen (Foto: Christian Scholz)
Ronald Gerschewski während der Diskussion (Foto: Christian Scholz)
Abschließend kann man sagen, allen Beteiligten ist bewusst, wie ernst die Lage der Automobilindustrie in Sachsen ist. Bei den Lösungsansätzen gibt es unterschiedliche Meinungen – gerade deshalb ist es entscheidend, dass Politik und Unternehmen im offenen Dialog bleiben. Nur gemeinsam lässt sich ein realistischer Weg aus der Krise finden, um diesen zentralen Wirtschaftszweig für Sachsen zu erhalten.
Abschluss auf der Terrasse des August Horch Restaurants (Foto: Christian Scholz)