Maritime Wirtschaft rückt in den Mittelpunkt
Die maritime Wirtschaft hat aufgrund ihrer vielfältigen Verflechtungen eine hohe gesamtwirtschaftliche Bedeutung – vor allem für den Norden Deutschlands, aber auch weit darüber hinaus. Mit der neuen Länderfachkommission „Maritime Wirtschaft“ verfolgen die fünf norddeutschen Landesverbände des Wirtschaftsrates – Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein – das Ziel, die maritime Wirtschaft im engen Dialog mit Politik, Behörden und Unternehmen zu stärken und noch effizienter zu machen. Am 17. März 2021 fand die Auftaktsitzung statt.
Der Landesvorsitzende des Hamburger Wirtschaftsrats, Dr. Henneke Lütgerath, hob einleitend die Bedeutung der maritimen Wirtschaft für ganz Deutschland hervor und sagte: „Durch die Schifffahrtskrise ist in Hamburg viel Knowhow verloren gegangen, weswegen es umso wichtiger ist, diese Kommission ins Leben zu rufen.“
Der Vorsitzende der Länderfachkommission Gunther Bonz, Staatsrat a.D., stellte anschließend die Themenkomplexe vor, mit denen sich die Kommission in den kommenden Monaten und Jahren beschäftigen wird. Neben Werften, Häfen, Infrastruktur, Reedereien, Schifffahrt und Binnenschifffahrt gehörten dazu auch steuerliche Rahmenbedingungen, die wettbewerbliche Situation und der Einsatz von umweltverträglichen Energiesystemen wie Landstrom, Liquefied Natural Gas (LNG) und Wasserstoff.
Sein Stellvertreter Jens Broder Knudsen unterstrich ebenfalls die volkswirtschaftliche Bedeutung der maritimen Wirtschaft und forderte, diese in Gänze greifbarer zu machen. Es sei wichtig herauszustellen, welche Bedeutung die maritime Infrastruktur für Deutschland habe. Sollte es etwa zu einer Unpassierbarkeit des Nord-Ostsee-Kanals kommen, würde sich diese wesentlich stärker auf die deutschen Seehäfen auswirken als viele Menschen annehmen würden.
Impulsgeber waren für die erste Sitzung Thorsten Schütt, Geschäftsführer | SANDL Maritime P.E. GmbH, Dr. Klaus Borgschulte, Geschäftsführer | Fr. Lürssen Werft GmbH & Co. KG und Rüdiger Kruse MdB, Beauftragter für die maritime Wirtschaft | CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag.
Thorsten Schütt erläuterte die deutsche maritime Industriepolitik im U-Boot-Bereich. Deutsche U-Boote seien aktuell in Europa noch weit verbreitet und Deutschland in diesem Bereich als einziges Land nationenübergreifend tätig. U-Boote seien das einzige Produkt mit vollständiger Deutscher Wertschöpfung. Probleme gebe es aber u.a. bei der Finanzierung, die durch die lange Laufzeit von Aufträgen und die ESG-Kriterien* erschwert werde. „Selbst wenn wir das beste Produkt und gute Kunden haben, haben wir so hohe Hürden zu bewältigen“, erklärte Schütt.
Zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf die Lürssen-Werftengruppe und andere deutsche Werften sprach Dr. Klaus Borgschulte. Die Lage der Lürssen-Gruppe sei noch relativ stabil, was auch am hohen Auftragsbestand im Bereich der Neubauten liege. Generell könne man aber eine deutliche Zurückhaltung seitens der Kunden spüren, was nicht ohne Folgen bliebe: „Nahezu alle Werften sind in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten, was auch die Zulieferindustrien betrifft, die in erheblichem Umfang an allen deutschen Werftstandorten hängen“, so Borgschulte.
Der Hamburger Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse wies u.a. auf die wichtige Rolle der Schifffahrt zum Erreichen der Klimaziele der Bundesregierung hin: „Da alle heute bestellten Schiffe noch in den 2040er und 2050er Jahren im Einsatz sein werden, ist es umso wichtiger, diese mit möglichst klimafreundlichen Technologien auszustatten, bei denen Deutschland und Europa häufig führend sind.“ Für die zukünftige Umstellung auf klimaneutrale Kraftstoffe sei LNG eine wichtige Brückentechnologie, deren Versorgungssicherheit auch gegen den Widerstand aus dem Umweltbereich sichergestellt werden müsse.
*Drei nachhaltigkeitsbezogene Verantwortungsbereiche von Unternehmen: „E“ für Environment, „S“ für Social und „G“ für Governance