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Bericht
06.04.2022
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Drei Wege für weniger Flächenverbrauch: Einsparen, mobilisieren, revitalisieren

Wirtschaftsrat Sektion Bad Segeberg: Experten kritisieren Qualität der statistischen Daten
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BAD SEGEBERG Der politische Auftrag ist eindeutig: Wenn heute in Schleswig-Holstein pro Tag statistisch noch 2,6 Hektar Fläche für eine Nutzung erschlossen werden, sollen es 2030 mit 1,3 Hektar nur noch die Hälfte sein. 2050, so das Ziel der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, soll kein Quadratmeter mehr „verbraucht“ werden. Die Richtung ist klar – der Weg der Umsetzung allerdings mit vielen Fragen verbunden. Darüber, wie der Stand der Dinge in Schleswig-Holstein ist, diskutierte die Sektion Bad Segeberg des Wirtschaftsrates der CDU e.V. jetzt in einer Videokonferenz mit Experten aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

 

Hauptreferentin Kristina Herbst, Staatssekretärin im Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung, machte deutlich, wie vielfältig die Herausforderungen sind. „Es herrscht Einigkeit, dass die Flächeninanspruchnahme reduziert werden soll, aber gleichzeitig auch die Entwicklung auf kommunaler Ebene nicht eingeschränkt werden darf.“ Sie stellte heraus, dass alle bereits genehmigten Flächennutzungspläne Bestand behalten und umgesetzt werden könnten. Der Ansatz aus dem Ministerium sei es, dass Bewusstsein in den Kommunen zu schaffen, dass wirtschaftliche Entwicklung, Stadtentwicklung und Wohnungsbau mit einem guten Flächenmanagement zu vereinbaren sind. Herbst: „Wir verfolgen dabei drei Ansätze: durch flächensparendes Bauen Versiegelungen vermeiden, durch die Aktivierung von Baulücken mobilisieren und durch neue Nutzung revitalisieren.“ Von Seiten des Landes gebe es gezielte Förderprogramme und „wir finanzieren die Einstellung von Flächenmanagern auf Kreisebene mit, die dann die Kommunen bei ihren Überlegungen gezielt unterstützen“.

 

Herbst: Ab 2024 mehr Infos über Nutzung

Als eine große Herausforderung benannte Herbst die Erfassung des Flächenverbrauchs. „Die statistische Erfassung ist derzeit noch nicht so geregelt, wie es wünschenswert ist. Manche Datenlage ist verbesserungswürdig. So hatten wir in der letzten Statistik plötzlich eine Zunahme bei Flughafenflächen. Bei genauer Durchsicht haben wir dann festgestellt, dass aus irgendwelchen Gründen der 80 Jahre alte Militärflughafen in Husum erstmals erfasst wurde.“ Auch müsse bundesweit noch Einigkeit erzielt werden, wie welche Flächen erfasst werden. „Wir wollen uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass Flächenphotovoltaik-Anlagen in der Nachhaltigkeitsstrategie nicht als Flächeninanspruchnahme zählen. Und wir müssen in der Darstellung sauberer differenzieren“, so Herbst. Bisher würden bei Siedlungsflächen alle Quadratmeter – auch der Rasen auf einem Grundstück – als Flächenverbrauch definiert. „Ab 2024 wird es eine landesweite Erhebung der Flächen durch Satellitendaten geben. Dann wissen wir besser, wie die einzelnen Flächen tatsächlich genutzt werden“, so Herbst.

 

Plambeck: Flexibilisierung ist erforderlich

Ole Plambeck (CDU), stellvertretendes Mitglied im Umwelt- und Agrarausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages, nahm den Ball direkt auf. „Wir müssen bei der Bewertung des Flächenverbrauchs viel mehr ins Detail gehen und beispielsweise auch Fragen der Gewichtung und der Anrechnung bei Mehrfachnutzung klären.“ Seiner Meinung nach sei es auch sinnvoll, die Statistik mit einem gleitenden Durchschnitt zu führen. „Wir wollen parteiübergreifend die Ziele erreichen, brauchen aber mehr Flexibilisierung“, sagte Plambeck auch mit Blick auf die großen anstehenden Infrastrukturprojekte im Land. Als ein Beispiel nannte er den Bau der Autobahn A 20 quer durch das Land.

 

Realität muss in der Statistik besser erfasst werden

Dritte Akteurin zu dem Thema war Landschaftsarchitektin Sabine Franke, Inhaberin von Franke's Landschaften und Objekte (Kiel). Das Vorstandmitglied der Architekten- und Ingenieurskammer Schleswig-Holstein machte deutlich, dass aus ihrer Sicht die aktuelle Handhabe bei der Frage des Flächenverbrauches und der Aspekt der Ökologie zwei verschiedene Paar Schuhe sind. „Die heute erfassten Daten sind letztlich nur eine Ziffer auf dem Papier.“ Es werden die Flächen nach ihrer Nutzung entsprechend der Aufnahme der Vermessungsämter erfasst, welche verbindliche, aber noch nicht umgesetzte Nutzungsrechte aufgrund von Planfeststellungen oder rechtskräftigen Bebauungsplänen unberücksichtigt lässt. Gleichzeitig werden Flächen wie Friedhöfe, Spielplätze und Parks den Siedlungsflächen zugeordnet und gelten somit als Flächenverbrauch. „Wir müssen es schaffen, dass die Realität in der Statistik besser erfasst wird. Sonst sind die politischen Ziele bis 2050 nicht zu erreichen“, ist Franke überzeugt.

 

Mehr Bewusstsein vor Ort schaffen

In der anschließenden Diskussion, die Sektionssprecher Michael Hannemann moderierte, gab es viel Zustimmung für die Darstellungen. Eine differenzierte Flächenerfassung sei wünschenswert. Darüber hinaus sei es erforderlich, dass bei allen anstehenden Planungen der Flächenverbrauch stärker betrachtet werden müsse. Gerade bei der städtebaulichen Entwicklung in den Orten müsse es das Ziel sein, mehr Verdichtung vorzunehmen und vorhandene Potenziale ohne Neuausweisung neuer Flächen zu nutzen, wobei genügend Raum für Freizeiträume, Regenrückhaltung und ausreichend Vegetation gegen eine Überhitzung von Städten erhalten bleiben sollte.