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Bericht
04.05.2021
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Hanf als Power-Pflanze sinnvoll etablieren

Junger Wirtschaftsrat sieht Perspektiven für Landwirtschaft und Industrie
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Die grundsätzliche Richtung ist klar: Es geht nicht mehr um die Frage ob, sondern nur noch wann und in welchem Umfang durch politische Beschlüsse auf Bundesebene die Nutzung von Hanf für unterschiedliche Produkte erweitert und für den privaten Konsum freigegeben wird. Darüber waren sich die Teilnehmer einer Videokonferenz des Jungen Wirtschaftsrates einig. Gemeinsam mit zwei Experten diskutierten die Teilnehmer, wie die Pflanze für die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein und den Forschungs- und Industriestandort Deutschland zu einer wirtschaftlichen Chance werden kann.

Nadine Sydow, Vorstandsmitglied des Jungen Wirtschaftsrates Schleswig-Holstein, betonte, dass es darum gehen müsse, die positiven Eigenschaften der Hanfpflanze in den Vordergrund zu stellen und „so zu einer Entstigmatisierung beizutragen“.

Bevor die Teilnehmer – darunter Michael von Abercron MdB und Tobias von der Heide MdL – über die Perspektiven sprachen, gaben Cannabis-Pionier Hendrik Knoop aus Hamburg und der gebürtige Flensburger Finn Age Hänsel, Gründer und Geschäftsführer der Sanity Group GmbH in Berlin, einen aktuellen Überblick. Knoop zeigte auf, wie sich die Situation des Hanfanbaus zu medizinischen Zwecken in Deutschland und in der Welt darstellt. Dabei betonte er, „dass Hanf eine absolute Power-Pflanze ist.“ Sie diene mit insgesamt 483 Inhaltsstoffen und mit ihrer Blüte, den Blättern und dem Stamm als Rohstoff für medizinische Produkte, Pflegemittel, Gewürze, Lebensmittel oder auch Baustoffe.

Seit einigen Jahren setze sich die Erkenntnis durch, dass ein Verbot der Pflanze nicht sinnvoll ist. Kanada und die USA hätten Hanf seit sieben Jahren weitgehend freigegeben. Daraus sei schnell ein Markt mit einem Jahresumsatz von etwa 20 Milliarden Euro entstanden. Durch die Legalisierung würden die Produkte qualitativ kontrollierbar und finanziell steuerpflichtig, was neue Einnahmen für Prävention im Jugendschutz beschert habe. In Kanada habe man dabei festgestellt, dass der Konsum als Rauschmittel kaum gestiegen sei, sondern eine Verdrängung zu Lasten des Alkohols stattgefunden habe. Wenn auch Deutschland den Weg in eine Legalisierung gehe, müssten Landwirtschaft und Industrie auf diesen Schritt vorbereitet sein, wenn „wir wirtschaftlich davon profitieren und nicht aus dem Ausland überrollt werden wollen“. In anderen Ländern gebe es bereits Erfahrungen, wie man Hanf in konstanter Qualität anbaut. „Wir sollten die Chance nutzen, die nationale Wirtschaft und Landwirtschaft zu stärken.“  Er schlage vor, eine Legalisierung nach und nach mit Modellprojekten vorzunehmen. „Aus meiner Sicht können wir beim Konsum sogar als Rauschmittel glücklich sein über jeden, der Cannabis raucht statt Alkohol zu trinken, denn die gesundheitlichen Folgen sind drastisch geringer. Gleiches gilt für kontrollierte Dosierungen in innovativen Darreichungsformen ohne den an sich viel schädlicheren Tabak.“

Wie die Einsatzmöglichkeiten von Hanf als Lifestyle- und Wohlfühlprodukte sowie zu medizinischen Zwecken konkret aussehen, darüber sprach anschließend Finn Age Hänsel. „Durch die Stigmatisierung ist viel Zeit verloren gegangen. Das war wie eine Black-Box“, kritisierte der Unternehmer. Heute werde getestet, welche Effekte die Substanzen bei einer Demenzerkrankung haben, wie sie bei Gelenkschmerzen eingesetzt oder in der Schmerztherapie abhängig machende Opiate ersetzen könne. Es gebe etwa 120 Cannabinoide, die auf verschiedene Bereiche im Körper einwirken und weiterhelfen können, beispielsweise auch als funktionale Kosmetik. „Wir wollen Cannabis in die Mitte der Gesellschaft zurückholen und dabei aber keine blinde Legalisierung, sondern eine ordentliche Regulierung auf Basis wissenschaftlicher Fakten“, betonte Finn Age Hänsel. Aus seiner Sicht sei es ein wichtiger Schritt, dass der Hanfanbau in Deutschland legalisiert werde, damit „wir nicht wie heute aus anderen Ländern Bestandteile für unsere Produkte zukaufen müssen.“

Tobias von der Heide MdL erklärte, dass Hanf und Cannabis ein Thema im Bundestagswahlkampf werden: „Das Programm der neuen Bundesregierung wird zur Legalisierung einen Fahrplan haben, da bin ich mir sehr sicher. Ich sehe viele Anwendungsgebiete, mit denen es sich zu beschäftigen lohnt“. Für Schleswig-Holstein sei es interessant, Anbaumöglichkeiten für die Landwirtschaft zu prüfen. Es gelte, in den nächsten Jahren viele Rechts- und Steuerfragen, aber auch Fragen der Prävention, zu klären, damit die (land-)wirtschaftlichen Potenziale des Hanfanbaus sinnvoll genutzt werden können.