Mit besserem Standortmarketing als Region überzeugen
FRIEDRICHSTADT Die Ausgangslage ist eindeutig: Die Region Westküste wird in den kommenden Jahren für die Weiterentwicklung als Standort für grüne Zukunftsenergie einen massiven Bedarf an zusätzlichen Arbeits-, Fach- und Führungskräften haben. Allein das schwedische Unternehmen Northvolt AB wird für seine geplante Batteriefabrik nahe Heide etwa 3000 Mitarbeitende benötigen. Mit welchen Ansätzen und Konzepten die bisher eher strukturschwache Region sich als Arbeits- und Lebensort attraktiv vermarkten kann, darüber tauschen sich Mitglieder der Sektion Nordfriesland des Wirtschaftsrates der CDU e.V. mit Vertretern der Politik aus der Region, Kiel und Berlin aus.
Stephan Frense, Sprecher der Sektion Nordfriesland, machte in seiner Begrüßung deutlich, welche Aufgabe und Chance zu gleich auf den Landstrich als „Energiewendeland“ zukommt. „Allein die Northvolt-Ansiedlung ist gigantisch. Das ist mit Tesla für Brandburg vergleichbar“. Jedem müsse klar sein, dass eine solche Ansiedlung weitere Firmen nach sich ziehen wird und „dann auch ein Staubsaugereffekt auf alle Firmen der Region zukommt, die sich dann mit Blick auf Löhne und Arbeitsbedingungen einem stärkeren Wettbewerb ausgesetzt sehen“. Es müsse gelingen, Menschen von überall für das Arbeiten und Leben an der Westküste zu begeistern.
Nur gemeinsam erfolgreich
Wie diese Begeisterung geschaffen werden könnte, dazu lieferte Prof. Ashok Riehm, geschäftsführender Gesellschafter Kellermann & Riehm Consulting GmbH. (Hamburg), mit seinem Impulsvortrag erste Ansätze. Schon der Titel „Was wünschen sich qualifizierte Bewerber, um einem Ruf nach Heide zu folgen?“ machte deutlich, was der renommierte Personalrecruiter in den Fokus stellte: die Vorteile, mit denen sich die Westküste im Wettbewerb um Arbeitskräfte, Talente sowie Fach- und Führungskräfte erfolgreich absetzen könnte. Die erste Botschaft war dann auch gleich eine deutliche Aufforderung. „Wenn Sie die Aufgabe meistern wollen, gutes Personal in dieser Masse in die ländliche Region zu holen, dann geht das nur gemeinsam. Politik, Verwaltung, Unternehmer und Bildungseinrichtungen müssen zusammenarbeiten.“
Lohnniveau ist nicht allein entscheidend
Riehm nannte dann gezielte Handlungsfelder. Es müsse erreicht werden, dass die Abwanderung der Menschen unter 24 Jahre aus der Region stark reduziert und über Möglichkeiten der Aktivierung von Frauen intensiv nachgedacht wird. Eine wesentliche Aufgabe sei mit Blick auf die Anwerbung von Arbeitskräften die Intensivierung des Standortmarketings, das vor allem auch die Unternehmen mittragen müssten. Riehm: „Wenn ich Personal anwerbe, muss ich die Region verkaufen. Das Lohnniveau ist ein Faktor, aber nicht mehr allein entscheidend. Das Gesamtpaket muss stimmen. Dabei steht die Lebens- und Wohnqualität für den Bewerber und seine Familie im Fokus.“ Vor allem bei den weichen Faktoren habe die Region viel zu bieten, denn „schließlich geben hier viele Menschen ihr Geld aus, um hier Urlaub zu machen“. Der Personalexperte nannte dann Faktoren, die aktuell wichtig seien: gute Wohnmöglichkeiten mit optimaler digitaler Glasfaseranbindung, ausreichend und umfassende Kinderbetreuung, gute Bildungsmöglichkeiten („Die FH Westküste ist eine Perle“) und eine gute Verkehrsanbindung.
Neben diesen Aspekten sei es wichtig, auch mit der „grünen Kraft, die die Region als Energielieferant hat“, zu werben. „Das ist ein Vorteil bei den jungen Menschen. Einfach ausgedrückt: Kommt zu uns, hier wird klimaneutral gelebt und gearbeitet.“ Er zeigte sich überzeugt, dass die Region ausreichend attraktiv sei, um Menschen für sich zu gewinnen. „Dafür müssen jetzt mit Blick auf Northvolt Marketing-Konzepte und Maßnahmen gemeinsam entwickelt werden.“
Großes Paket an Maßnahmen denkbar
Bevor Michel Deckmann MdL, wirtschaftspolitscher Sprecher der CDU-Kreistagsfraktion Nordfriesland sowie wohnungsbaupolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion (Husum/Kiel), auf die Möglichkeiten, die die aktuell anstehende Neufassung der Landesraumordnung mit sich bringt, einging, entwickelte sich ein lebhafter Dialog. Aspekte, wie die Schaffung von umfassenden Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und die Ansiedlung einer Internationalen Schule kamen dabei ebenso auf den Tisch wie neue „Rückwanderungsinitiativen“ für Abwanderer aus der Region, eine Verbesserung der Willkommenskultur oder auch neue Marketing-Projekte (z.B. Coffee Table Book für Touristen), kamen dabei zur Sprache.
Mit Ansiedlung Musterbeispiel schaffen
Zur Sprache brachte dabei Sektionssprecher Frense auch, dass „bei der entsprechenden Herangehensweise und dem politischen Willen eine historische Chance besteht, in dem gesamten Prozess Vorgehensweisen abzuwerfen, was sich in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hat, aber objektiv gesehen blöd ist“. Es bestehe die Chance, einen neuen Musterablauf für Großvorhaben zu entwickeln, der dann für ganz Deutschland richtungsweisend werden könne.
Bildunterzeile:
Was kann die Region Westküste machen, um für Arbeitskräfte aus nah und fern attraktiv zu sein? Um diese Frage drehte sich die Veranstaltung der Sektion Nordfriesland. Das Foto zeigt von links Michel Deckmann (MdL), Impulsgeber Prof. Ashok Riehm, Astrid Damerow (MdB) und Sektionssprecher Stephan Frense.