Podium II: Erweiterte Realitäten - Chancen für die Arbeitswelt
4. CXO-Event Sylt
Lust auf Täuschung wird zunehmen
Er erwartet, daß das virtuelle Erlebnis so echt wirkt, daß es „eine Lust auf Täuschung geben wird“. Beispielsweise könne in der Zukunft ein bettlägeriger Mensch die Welt bereisen, oder im Seniorenheim könne ein Mann seine verstorbene Frau vor sich sehen und mit ihr kommu-nizieren. Für den Einsatz in der Industrie reiche die Genauigkeit der Brille meist noch nicht aus, aber das ändere sich mit der nächsten Brillengeneration. „Und vielleicht wird ein Monteur in einigen Jahren aus der Ferne bei einer Reparatur vor Ort sogar über Daten und Bilder auf seiner Netzhaut angeleitet“, so Hofmann. Sein Motto bei allen Entwicklungen ist: „Nur wer neu-gierig ist, kann bewußt auch Nein sagen.“ Seiner Auffassung nach seien bei der erforderlichen Weiterentwicklung der virtuellen Realitäten die Großkonzerne gefragt. „Der Mittelstand wird am Ende froh sein, wenn das Datenmaterial für die Nutzung der Brille vorhanden ist.“
Noch zu wenig Akzeptanz
Moderator Prof. Dr. Thomas Klindt (Kanzlei Noerr, München) feuerte die anschließende Diskussion immer wieder durch provozierende Fragen an. Dabei stellte sich heraus, daß die Experten die großen Möglichkeiten der erweiterten Welten vor Augen haben, bis zum Einsatz im Alltag jedoch noch ein weiter Weg zu gehen ist. Für Ulrich Huggenberger, Geschäftsführer der XITASO GmbH (Augsburg), fehlt aktuell noch die Akzeptanz für den Einsatz der Brillen. Dies hätten Tests gezeigt. Er forderte, daß es in Deutschland mehr Bereitschaft für Risiko geben müsse. Mit Blick auf Fördergelder meinte er: „Geld für Innovationen zu bekommen, dauert sehr, sehr lange. Dann ist der Zug oft schon abgefahren.“
Die Jugend stärker einbinden
Für Martin Zimmermann, Geschäftsführer der imsimity GmbH (St. Georgen im Schwarzwald), ist der Schlüssel zum Erfolg neuer Techniken die stärkere Einbindung junger Menschen. „Der Zugang zu VR und AR wie auch zu anderen neuen Entwicklungen muß für die jungen Menschen leichter möglich werden.“ Mit seinem Unternehmen setze er seit Jahren auf die Einbindung von Schülern im Alter ab 13 Jahren. „Wir nutzen sie mit ihrem Blick, und sie können bei uns ihre Kompetenzen festigen. Wir fahren gut damit.“ Wenn es um den Einsatz von VR und AR gehe, plädiere er dafür, die Technik offensiver zu präsentieren. „Wir haben vor Jahren VR im Europa-Park gezeigt. Da glänzten die Kinderaugen und das Interesse, zu verstehen, was gezeigt wird, war riesengroß.“
Zu viele Verhinderer unterwegs
Überzeugt von den Chancen der erweiterten Realitäten ist auch Friedhelm Klingenburg, Geschäftsführer der Merz Dental GmbH, Lütjenburg. „Die Dentalwelt steht bei der Nutzung von VR und AR stehen noch ganz am Anfang.“ Bei den Kostenträgern seien viele Verhinderer unterwegs. „Die Kassen wollen immer alles belegt haben und fragen, was sie davon haben“. Er erkenne zwei weitere große Gegner bei der Digitalisierung – seine Mitarbeiter und seine Kunden. Seit vier Jahren sei er dabei, eine neue Struktur und Kultur im Unternehmen zu implementieren, damit „jeder Ideen einbringt und wir die Chancen besser nutzen.“
Mehr Vernetzung mit Universitäten
Mit Interesse verfolgte der Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer die Darstellungen der Unternehmer. Für ihn kommt es künftig immer mehr auf die Zusammenarbeit beispielsweise zwischen Wissenschaft und Unternehmen an. „Viele Innovationen bleiben in Deutschland in der Schublade“, so seine Einschätzung. Es müsse darum gehen, durch Netzwerke Entwick-lungen besser und schneller an den Markt zu bringen. Zudem müsse es das Ziel der Politik sein, die Beratungsleistungen aus den Ministerien und die Vergabe von Fördergelder zu vereinfachen und zu beschleunigen. / Holger Hartwig