Unternehmensstrafrecht: Große Keule mit Bumerang-Effekt
Leserbrief an die KN zum Kommentar "Große Keule nötig - Unternehmensstrafrecht braucht Reform" samt Bericht von Ulrich Metschies vom 15. September 2019
Über individuelle Schuld kann „Kriminalität im schützenden Gestrüpp von Konzernstrukturen“ aufgedeckt und sanktioniert werden. Das zeigt der Dieselskandal. Dass unseren Staatsanwaltschaften der Crème internationaler Anwaltskanzleien gegenübersitzen, ändert ein Unternehmensstrafrecht nicht. Vielmehr trifft der tiefgehende Bruch des Rechtssystems vor allem Familienunternehmen und Mittelstand, die beim Compliance fortan auf das Niveau von Großkonzernen gezwungen werden. Es trifft ebenso individuell vollkommen unschuldige Bürgermeister oder Landräte, die bei Kriminalität in Stadtwerken, Krankenhäusern oder Hafengesellschaften diese zukünftig öffentlich vor Strafgerichten verantworten müssen. Die Strafen zahlt der Steuerzahler. Die große Keule, die der grüne Rechtsexperte gegen das „Geflecht multinationaler Konzerne“ schwingt, dürfte für die Politik schnell zum Boomerang werden.
Dr. Bertram Zitscher
Landesgeschäftsführer Schleswig-Holstein
Wirtschaftsrat der CDU e.V., Kiel
Kiel, d. 15.9.2020