Wasserstoff als Chance gemeinsam mit norddeutschen Firmen nutzen
KIEL Keinen leichten Stand hatte Niels Annen MdB, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, bei einer Online-Veranstaltung des „Internationalen Kreises“ des Wirtschaftsrates der CDU. e.V.. Der SPD-Politiker stellte die Prioritäten der neuen Bundesregierung in der wirtschaftlichen
Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern vor – und musste sich anschließend vielen Fragen und teilweise heftiger Kritik mit Blick auf die bisherige Arbeit und die Förderpolitik stellen.
Prof. Dr. Stefan Liebing, Sprecher des Kreises, machte in seiner Begrüßung deutlich, was das Ziel des Austausches sein müsse. „Wir wollen wissen, was wir von der Politik der Ampelkoalition im Umgang mit Ländern im Entwicklungsstadium erwarten können und wie wir als Wirtschaft die Politik unterstützen können.“ Viele Unternehmen aus den fünf norddeutschen Bundesländern seien vor Ort bereits tätig und es müsse darum gehen, auch in schwierigen Zeiten aufgrund der Pandemie und des Ukraine-Krieges Wege zu finden, weiter investieren zu können.
Private Investitionen erwünscht und erforderlich
Annen nutzte die Steilvorlage, betonte die Wichtigkeit der Wirtschaft in der Entwicklungspolitik. „Wir brauchen private Investitionen und müssen uns überlegen, wie wir als Bundesregierung funktionierende Finanzierungsinstrumente erhalten oder schaffen. Wir als zuständiges Ministerium wünschen uns, für Unternehmen mehr Garantien für Investitionen in Risikomärkte geben zu können, aber dafür brauchen wir die Zustimmung aus dem Finanzministerium“, so der Hamburger. Die Unterstützungen für die Wirtschaft hätten „noch nicht den Wumms, wie wir ihn haben müssen“. Er machte deutlich, dass „wir uns bewusst sein sollten, dass Pandemie und Ukraine-Krieg in unseren Partnerländern desaströse Folgen haben“. Die Fähigkeit der internationalen Gemeinschaft zur Kooperation sei eingeschränkt. „Wir sind zurückgeworfen worden in eine neue Art der Kalten-Krieg-Logik“, so Annen. Um so mehr komme es darauf an, internationale Kooperationen zu nutzen und auszubauen.
Grüne Energie ist eine große Chance
Insgesamt habe Deutschland, beispielsweise auf dem Nachbarkontinent Afrika, eine zu geringe Investitionsquote. Annen kündigte an, dass ein Schwerpunkt der nächsten Jahre sei, in den Partnerländern neue Formen der grünen Energieerzeugung zu fördern. Im weiteren Verlauf strich er heraus, dass er in dieser Hinsicht darauf hofft, dass sich Unternehmen aus den fünf Nordländern mit ihren Erfahrungen einbringen. Annen: „Wir sehen beim Thema Wasserstoff große Möglichkeiten und setzen auf Partnerschaften auf Augenhöhe.“ Er zeigte sich überzeugt, dass das für viele Partnerländer ganz neue Chancen biete und „wenn wir es richtig machen, dann kann es viele Gewinner geben.“ Ein weiterer Aspekt sei, sich für die Beseitigung des strukturellen Hungers stärker einzusetzen.
Festhalten werde sein Ministerium weiterhin an einer feministischen Entwicklungspolitik, „nicht nur für mehr Chancengleichheit und wegen der Frauenförderung, sondern weil wir überzeugt sind, dass eine Einbindung der Frauen und ihrer Potenziale Volkswirtschaften voranbringt“. Zudem werde weiterhin die Bildung und Ausbildung vor Ort stark gefördert. „Der Fokus liegt weiter auf Afrika, aber wir sind kein Afrika-Ministerium“, betonte Annen.
Weiterhin von „Wandel durch Handel“ überzeugt
In dem sich anschließenden Austausch ging es dann teilweise heftig zur Sache. Annen musste sich viel Kritik anhören, weil in manchen Ländern, wie zum Beispiel Kamerun, die Milliarden erhalten hätten, nichts von der Entwicklung spürbar sei. Die Entwicklungspolitik sei teilweise völlig fehl gelaufen, während sich hingegen China in Infrastrukturprojekten engagiert und sich über diese Vorgehensweisen den Zugriff auf Strukturen und Rohstoffe in den Ländern gesichert habe. Annen versuchte, diese Darstellung zu relativieren. „Anders als andere Nationen achten wir Deutschen nicht so sehr darauf, dass bei allen Aktivitäten auch die deutsche Fahne zu sehen ist.“ Gleichwohl sei es sinnvoll, „bei der Bewertung unserer Projekte politischer zu werden – auch mit Blick auf die aktuelle Gesamtsituation“. Keinesfalls werde man das chinesische Vorgehen, nachhaltige Abhängigkeiten zu schaffen, übernehmen. Insgesamt zeigte sich der Staatssekretär überzeugt, dass Deutschland auch die Strategie für den Umgang mit China unter Einbindung der EU-Partner überdenken und nachjustieren müsse. Er bleibe weiterhin von der Maxime „Wandel durch Handel“ überzeugt.
Auch der Kritik, dass es zu viel Zeit brauche, bis in Deutschland Entscheidungen – auch über die Vergabe von Mitteln und Kreditsicherheiten – fallen, musste sich Annen stellen. Er reagierte darauf mit „Ja, wir reagieren nicht schnell und flexibel genug. Das ist ein Dilemma. Wir sind uns dieses Problems bewusst und arbeiten daran.“ Er setze darauf, dass die Wirtschaft noch stärker als bisher ihre Wünsche formuliert und wolle seinerseits den Austausch mit den Unternehmen aus den fünf Nordländern, so wie mit dem „Internationalen Kreis Hanseregion“ nachhaltig fortsetzen.