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Medienresonanz
18.07.2021
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EZB-Mandat muss klar begrenzt werden

Namensartikel von Wolfgang Steiger in der Fuldaer Zeitung
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Die EZB hat letzte Woche erstmals seit fast zwei Jahrzehnten ihre Strategie angepasst. Die Währungshüter haben nicht nur das Inflationsziel neu definiert, sondern sich bei dieser Gelegenheit auch den Kampf gegen die globale Erwärmung auf die Fahnen geschrieben. Und das ist hochproblematisch. Denn die EZB besitzt keinerlei demokratische Legitimation für die Gestaltung der europäischen Klimapolitik, ihr Mandat ist aus gutem Grund auf die Sicherung der Preisstabilität und Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der EU begrenzt.

 

Statt wie bisher auf mittlerer Frist einer Teuerung von „unter, aber nahe 2 Prozent“ anzupeilen, lautet das neue Inflationsziel nunmehr genau 2 Prozent. Gleichzeitig wird eingeräumt, dass diese Grenze in Zukunft auch phasenweise überschritten werden könnte. Im Klartext: Eine Inflation von unter zwei Prozent wird jetzt als genauso unerwünscht angesehen wie eine Inflationsrate darüber. Das ist eine fundamentale Änderung und ermöglicht es der Zentralbank, ihren lockeren geldpolitischen Kurs auch in Zukunft zu rechtfertigen.

 

Es steht zu befürchten, dass das neue Inflationsziel der EZB ein weiterer Schritt in Richtung finanzieller Repression ist und Geldentwertung legitimiert. Dabei konnte gerade auch durch den Einsatz der Bundesbank gerade noch verhindert werden, dass die EZB der Strategie der amerikanischen Notenbank FED folgt und einen durchschnittlichen Inflationswert als Ziel festlegt. Nach der langen Phase niedriger Inflationsraten wäre dann sogar das Überschießen der Teuerung für die nächsten Jahre das erklärte Ziel geworden. Dennoch bleiben entscheidende Fragen weiter offen. Vor allem fehlt ein Konzept dazu, wie die EZB ihr neues Ziel erreichen will – es gibt weder Angaben zur Dauer eines „vorübergehenden Überschießens“, noch Hinweise zu dem Ausstieg aus den gewaltigen Anleihekaufprogrammen. Diese Diskussionen kommen mit gewaltigen Schritten auf uns zu.

 

Die Interventionen der Europäischen Zentralbank haben in den vergangenen Jahren die Wirtschaftsordnung im Euroraum fundamental verändert. Im Zuge der Corona-Krise wurde ein Großteil der bisherigen Beschränkungen über Bord geworfen. Es wäre zu Beginn der Währungsunion undenkbar gewesen, dass die EZB ihre Bilanzsumme derart aufbläht und Staatsanleihen überschuldeter Staaten sowie Papiere von Unternehmen mit mäßiger Bonität kauft. Das neue Inflationsziel droht ein weiterer Schritt weg von der Stabilitätskultur zu werden.

 

Dass die EZB jetzt auch noch in der Klimapolitik mitmischen will, zeigt umso dringlicher die Notwendigkeit einer öffentlichen Debatte darüber, wie ihr Mandat wieder klar eingegrenzt werden kann. Anleihekaufprogramme und Negativzinsen haben die EZB auf eine schiefe Ebene gebracht. Durch die Niedrigzinspolitik schmelzen Sparguthaben dahin und werden Altersvorsorgerücklagen schleichend entwertet. Gleichzeitig heizt die EZB eine schuldenbasierte Ausgabenpolitik der Mitgliedsstaaten mit immer astronomischeren Summen an, für die jeder Vorwand von Corona bis zu Klimarettung recht zu sein scheint. Ein Gutachten des ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof stuft die Geldpolitik der EZB sogar als verfassungsfeindlich ein, da sie Sparer enteignet und das Recht auf Eigentum verletzt. So kann es nicht weitergehen.