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Medienresonanz
20.06.2024
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Sichere und preiswerte Energieversorgung ist unverzichtbar

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Interview mit Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates
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Die Tatsache, dass wir immer abhängiger von französischem Atom- und polnischem Kohlestrom werden, zeigt die mangelnde Konsistenz. Die Ampelkoalition muss Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Klimaverträglichkeit zu gleichrangigen Zielen erklären. Dazu brauchen wir einen breiten und technologieoffenen Energiemix, der alle verfügbaren Energiequellen berücksichtigt. Die sichersten und zuverlässigsten Kernkraftwerke der Welt mitten in einer Energiekrise abzuschalten war ein großer Fehler. Mittelfristig müssen wir wieder unabhängiger von Importen werden und deshalb die heimischen Potenziale von Erdgas und Geothermie nutzen. Hier gibt es auch das größte Problem mit der aktuellen Energiepolitik: Anstatt kleinteiliger Regelungen braucht es ein klares Bekenntnis zum CO2-Emissionshandel, damit er zu einem marktbasierten Instrument für den Klimaschutz werden kann.

Für den Ausbau erneuerbarer Energien muss notwendige Infrastruktur geschaffen werden. Wie soll das gelingen?

Vor allem auch wie teuer! Rund 20 Milliarden Euro weniger würde eine Rückkehr zum Vorrang für Freileitungen vor Erdverkabelung kosten. Ganz abgesehen davon, dass wir so auch den Windstrom schneller von Norden nach Süden übertragen könnten. Inzwischen regt sich an vielen Orten der gleiche Widerstand gegen Erdkabel wie vorher gegen Freileitungen. Das macht die viel teurere Lösung sinnlos. Die Gasnetze sind hoch leistungsfähig. Wo bleibt nach ihnen eine gangbare Strategie zur Speicherung und zum Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur?

Wir brauchen als Ersatz für das Erdgas einen zügigen Netzumbau und auch schnell viel Wasserstoff für die Industrie. Das Bundeswirtschaftsministerium will mit der Exklusivität für grünen Wasserstoff den zweiten oder gar dritten Schritt vor dem ersten machen. Durch eine solche ideologische Politik bekommen wir keinen schnellen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft hin. Warum setzt man keine realistischen Ziele, an deren Ende natürlich ein immer höherer grüner Anteil steht?

Zur Mobilität: Der Wirtschaftsrat will das Zulassungsverbot für neue Verbrenner ab 2035 kippen. Wieso?

Eine bezahlbare Energiewende gibt es nur mit Technologieoffenheit: Nur der Markt ist in der Lage, effiziente Technologien zu identifizieren. Und der Verbrenner, betrieben mit klimaneutralen Kraftstoffen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit seinen Markt finden. Technologieverbote sind in Märkten, die dem Emissionshandel unterliegen, klimapolitisch unnötig. Sie verhindern Innovationen und verteuern die Transformation, und das können wir uns nicht leisten. Schauen wir nach China: Dort werden ganz selbstverständlich hocheffiziente Motoren weiterentwickelt. Aber Europa und vor allem Deutschland mit seinem global führenden Know-how sollen aussteigen. Für die Logistikbranche ist eine Verengung auf E-Mobilität noch viel heikler, weil Reichweiten und vor allem das Gewicht der Fahrzeuge hier wesentlich bedeutsamer sind.