Europawahlprogramm der Union rückt Wettbewerbsfähigkeit in den Mittelpunkt
Wolfgang Steiger: „Jetzt braucht es ein glaubhaftes Bekenntnis für wirtschaftspolitische Prioritäten.“
Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. bewertet die Kernforderungen in den Wahlprogrammen der Unionsparteien und der europäischen Parteienfamilie EVP positiv. „Mit den geplanten Maßnahmen rückt wieder die Wettbewerbsfähigkeit erkennbar in den Mittelpunkt der EU-Politik“, sagt der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger. „Die CDU bekennt sich zu einem Europa als Industriestandort, getragen vom Mittelstand. Hieran muss sich eine künftige Europäische Kommission unter einer Präsidentin von der Leyen stärker als in der vorherigen Periode ausrichten.“
„It’s the economy, stupid“, dieser Leitsatz gilt dringender denn je für die Ausrichtung der Europäischen Union. In der auslaufenden Legislaturperiode haben die europäischen Gesetzgeber verkannt, dass sich die Welt im Umbruch befindet und Europa seine Rolle und seinen Platz zwischen den USA und China dringend einnehmen muss. Wolfgang Steiger: „Es ist richtig, dass die Union sich zu einem Industriestandort Europa bekennt und hieraus die angemessene EU-Politik ableitet. Zu einem wichtigen Signal zählt der Vorschlag der CDU, einen europäischen Mittelstandsbeauftragten einzuführen, der insbesondere auf die Regulierungslasten für KMU achtet. Allerdings darf er nicht zu einem zahnlosen Tiger werden, daher kommt es unter einer Kommissionspräsidentin von der Leyen auch darauf an, wie diese Funktion konkret ausgestaltet wird, beispielsweise mit einem Veto-Recht des Mittelstandsbeauftragten bei delegierten Rechtsakten.“
Von den Programmen der CDU, CSU und EVP geht ein klares Bekenntnis zu den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft aus, zu denen auch die Balance zwischen Staat und Markt zählt. Die Unionsparteien werden sehr konkret, indem sie ein Belastungsstopp und einen europäischen Normenkontrollrat fordert. „Nette Begrifflichkeiten helfen den Unternehmen aber nicht weiter. Die Spitzenkandidatin der EVP muss glaubhaft klarmachen, dass mit ihr die kommende Legislaturperiode von einer Deregulierung und einer pragmatischen Umsetzung bestehender Regulierung geprägt sein wird“, fordert Wolfgang Steiger.
Europa befindet sich in einem Systemwettbewerb, der vor allem zwischen den USA und China ausgetragen wird. Wolfgang Steiger: „Die Rückbesinnung der EU auf eine stärkere Rolle in der Außenwirtschaft ist überfällig.“ Die Forderung der Union nach einer strategischen Handelspolitik der EU ist richtig. Es braucht eine europäische Außenwirtschaftsstrategie, die Freihandel auf Grundlage international vereinbarter Regeln im Kern hat. „Freihandelsabkommen müssen künftig wieder von sachfremden politischen Wünschen der EU entschlackt werden. Hier muss eine Kommissionspräsidentin von der Leyen Vertrauen im Ausland wieder zurückholen“, fordert Wolfgang Steiger.
Eine überfällige und sinnvolle Forderung von CDU und CSU ist die Überarbeitung der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Wolfgang Steiger: „Die Wirtschaft in der EU muss in der Lage sein, aus Daten Wertschöpfung 4.0 zu generieren.“ Der Wirtschaftsrat sieht weitergehenden Handlungsbedarf: Das gesamte EU-Rechtsregime zur Nutzung von Daten sollte auf den Prüfstand gestellt und auf Wertschöpfungspotentiale hin ausgerichtet werden.
Die kommende Wahlperiode des Europäischen Parlaments liegt inmitten einer Phase, in der die Wirtschaft Europas Zukunftsinvestitionen tätigen muss. Dazu braucht es stabile Finanzmärkte. „Das Bekenntnis der CDU zu den Stabilitätskriterien ist richtig, trifft aber nicht den Kern des Problems. Tatsächlich braucht der Stabilitätspakt einen Sanktionsautomatismus, damit er entpolitisiert wird und Glaubwürdigkeit behält“, sagt Wolfgang Steiger. Das Insolvenzverfahren für Mitgliedstaaten ist demgegenüber ein fernes Ziel. Hier hätte CDU und CSU mehr Mut gut zu Gesicht gestanden. Gleiches gilt auch für eine Kapitalmarktunion. Das Ziel ist richtig, konkrete Schritte können auf nationaler Ebene bereits gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten angegangen werden. Das Wiederbeleben des Verbriefungsmarktes zählt hierzu. Der französische Wirtschafts- und Finanzminister hat zuletzt konkrete Schritte für eine Kapitalmarktunion angemahnt.