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Pressemitteilung 28.07.2022
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Wirtschaftsrat fordert messbare Ziele und eine schnelle Umsetzung der Start-up-Strategie der Bundesregierung

Sechs Monate nach dem Start hat die neue Bundesregierung einen Entwurf ihrer Start-up-Strategie vorgelegt.

Die Bundesarbeitsgruppe Start-ups des Wirtschaftsrates der CDU e.V. begrüßt den nun erfolgten Kabinettsbeschluss, wünscht sich aber noch mehr messbare Ziele und eine rasche Umsetzung der Themen, die schon lange in der Diskussion sind. Daher fehlen vor allem klare Zeitleisten für die laufende Legislaturperiode.

Mit der neuen Start-up-Strategie möchte die Bundesregierung dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für Start-up-Gründungen in Deutschland zu verbessern und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit sowie die Ökosysteme in Deutschland und Europa zu stärken. Die Bundesarbeitsgruppe Start-ups des Wirtschaftsrates betrachtet dies als positiven und wichtigen Schritt. „Mit der Start-up-Strategie legt die Bundesregierung die Grundlage für einen Richtungswechsel in der deutschen Unternehmenspolitik in Richtung einer digitalen und datengetriebenen Wirtschaft“, sagt Stephanie Renda, Vorsitzende der Bundesarbeitsgruppe Start-ups im Wirtschaftsrat. Schon allein der sehr transparent kommunizierte partizipative Entstehungsprozess im engen Austausch mit den Stakeholdern der Szene und das angestrebte Monitoring in der Umsetzung der Strategie fokussieren eine Ergebnisorientierung, die sich die Start-up-Landschaft wünscht.

„Mit der Start-up-Strategie ist eine gute Grundlage gelegt. Jetzt heißt es: Klare und messbare Vorgaben für die zehn Handlungsfelder formulieren, umsetzen und Start-up-Tempo aufnehmen“, ergänzt der Generalsekretär des Wirtschaftsrates Wolfgang Steiger.
Gerade für die auf Effizienz und Geschwindigkeit bedachte Digitalwirtschaft war der für ein Bundesministerium unorthodoxe Ansatz passend, mit einem auch optisch als solchen erkennbaren Entwurf der Start-up-Strategie parallel in die Ressortabstimmung und weitere öffentliche Diskussion einzusteigen. Ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor könnte zudem sein, die für Innovation und Wirtschaftswachstum zentrale Start-up-Strategie mit der seitenmäßig gleich umfangreichen Digitalstrategie zu verzahnen. Damit ließe sich auch das Manko der ressortübergreifenden Digitalstrategie teilweise heilen: Mehr Ambition und echte Leuchtturmprojekte mit konkreten Zielen, an denen sich die Ampelkoalition 2025 messen lassen will.

Stellungnahmen zu einzelnen Inhalten:

1. Finanzierung: Der im Entwurf noch enthaltene zentrale Aspekt des Aufbaus eines Kapitalstocks in der gesetzlichen und privaten Rentenversicherung und Investition in diversifizierte Anlageklassen, wobei es insbesondere um Venture Capital (VC) geht, ist in der Ampel-Koalition nochmals zur Diskussion gestellt worden. Der Wirtschaftsrat setzt sich grundsätzlich für eine Stärkung des deutschen Kapitalmarktstandortes ein – dazu muss dieser in vielen Ländern erfolgreich praktizierte Ansatz wieder Teil der Start-up-Strategie werden. Ziel muss es sein, stärkster Finanzstandort in Europa und ein relevanter Standort weltweit zu werden. Die Bundesarbeitsgruppe fordert darüber hinaus einen klaren Schwellenwert bezüglich der Mindestinvestitionsquote des Kapitalstocks für die Altersvorsorge in VC-Fonds. Des Weiteren begrüßt der Wirtschaftsrat die Förderung von Impact-VC und die Erhöhung der Sichtbarkeit gemeinwohlorientierter Start-ups. „Aktuell lassen wir durch Vorschriften wie ‚Mündelsicherheit‘ viel Potenzial liegen. Dieses gilt es nun zu heben und in nachhaltigen Mehrwert für den Standort Deutschland zu übersetzen“, betont Stephanie Renda. 

2. Fachkräftemangel bekämpfen und Talente fördern: Neben einem Tech-Visum sowie einem Standortmarketing- und Willkommensprogramm soll es auch sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Erleichterungen geben. Der Wirtschaftsrat begrüßt diese Ansätze und fordert darüber hinaus eine entsprechende Modernisierung des Arbeitsrechts. Aktuelle Regelungen des Arbeitszeitgesetzes behindern flexible Arbeitszeitmodelle (hinsichtlich Pausen, Ruhezeiten, Nachtarbeit, Arbeiten an Werk- sowie Sonn- und Feiertagen), zur Vereinbarung von Beruf und Familie und der Einbindung von sogenannten global mobilen Arbeitnehmern. Datenschutzauflagen zur Anbindung von Arbeitnehmern im Homeoffice stellen teilweise einen unnötigen bürokratischen Aufwand dar. Die Maßnahmen, die ein diverses Start-up-Ökosystem fördern, werden unterstützt, bspw. die neue Förderlinie EXIST Women, die mehr Gründerinnen fördern soll. Ein besonderer Hebel wird in der geplanten Reform der Mitarbeiterbeteiligung gesehen, um zumindest innerhalb der EU Wettbewerbsfähigkeit herzustellen. Bessere Konditionen im direkten Ländervergleich müssten zumindest ein klares Ziel sein, das sich auch messen ließe.

3. Datenzugänge erleichtern und Open Data stärken: Der Fokus auf rechtssichere Datenzugänge in Deutschland einerseits und über den EU Data Act andererseits ist erfolgskritisch für viele Geschäftsmodelle innovativer Start-ups. Gerade an der Schnittstelle von Start-ups mit KMU, Großunternehmen und der öffentlichen Hand müssen über KI-Voucher und KI-Anwendungsfälle hinaus deutlich mehr konkrete Maßnahmen diese Kooperationen branchenunabhängig fördern. Die Stärkung und rechtliche Verankerung von Open-Data-Ansätzen, wie zum Beispiel bei öffentlichen Vergabeverfahren oder beim Zugang zu Daten des öffentlichen Sektors, begrüßt der Wirtschaftsrat explizit.

4. Entwicklung eines Start-up-freundlichen Vergaberechts: Insbesondere für Start-ups sind erste Referenzkunden oft der entscheidende Schritt bei der Unternehmensentwicklung. Der Wirtschaftsrat begrüßt die Initiative, öffentliche Aufträge Start-up-freundlich zu vergeben und dadurch Innovation und moderne Arbeitsplätze zu fördern.

5. Ausgründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen fördern: Deutschlands Forschungsinstitutionen, beispielsweise die Max-Planck-Gesellschaft oder die Helmholtz-Gemeinschaft, zählen zu den Führenden weltweit. Bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis hat Deutschland noch enormes Potenzial. Der Wirtschaftsrat begrüßt die Stärkung dieser Umsetzung in die Praxis durch die Erleichterung von IP-Übertragung, den Ausbau des EXIST-Gründerstipendiums und den Aufbau dedizierter Entrepreneurship-Zentren. „Beispiele zeigen bereits, wie erfolgreiche Translation aus der Forschung funktionieren kann. Dies gilt es nun deutschlandweit an Hochschulen zu verankern“, unterstreicht Wolfgang Steiger.