Wirtschaftsrat: Geburtsfehler des Deutschlandtickets machen große ÖPNV-Reform umso notwendiger
Wolfgang Steiger: Wir brauchen im ÖPNV mehr Markt, Wettbewerb und Kosten- sowie Finanzierungstransparenz
Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. tritt für eine grundlegende Reform des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ein. „Immer deutlicher treten die Geburtsfehler des Deutschlandticktes zu Tage. Seinerzeit völlig überstürzt eingeführt, wurde die Ausfinanzierung in die Zukunft vertagt und die dringend erforderliche Neugestaltung des Systems ÖPNV – von effizienteren Finanzierungsstrukturen bis hin zum Marktdesign – nicht angepackt. Die politischen Akteure im Bund wie in den Ländern müssen endlich begreifen: Deutschland braucht eine große ÖPNV-Reform. Sonst rutscht der ÖPNV immer tiefer ins finanzielle Defizit und ist auf immer weitere steigende Subventionierungen durch die Steuerzahler angewiesen“, erklärt der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger.
Erforderlich ist vor allem mehr Markt auf allen Ebenen und eine höhere Kosten- und Finanzierungstransparenz als in den bisherigen Strukturen der Nahverkehrsfinanzierung. Konkret müssen die Aufgabenträger - Bundesländer, Landkreise und Städte - private Mobilitätsanbieter in gleicher Weise als Problemlöser und Akteure begreifen und mehr Wettbewerb zulassen. „Bei den einzelnen Verkehrsverbünden geht es hingegen darum, dass sie ihr bisheriges Silodenken überwinden, zusammenarbeiten und in größeren Räumen denken, um wirtschaftlicher zu werden und Skaleneffekte zu heben. Eine höhere Wirtschaftlichkeit macht die ÖPNV-Unternehmen nicht nur unabhängiger vom staatlichen Tropf, sie eröffnen zugleich mehr Freiraum für die Entwicklung innovativer Mobilitätsangebote“, stellt Wolfgang Steiger fest.
Zugleich braucht wir dringend eine höhere Kosten- und Finanzierungstransparenz. Die überwiegende Zahl der Bundesländer nutzt die durch den Bund für den Nahverkehr zur Verfügung gestellten Finanzmittel keineswegs vollständig zur Finanzierung des ÖPNV. Dies hat auch schon der Bundesrechnungshof kritisiert. Deshalb müssen wir hier unbedingt zu einer Zweckbindung der Mittel kommen. Wolfgang Steiger: „Es kann nicht sein, dass die Länder stetig pauschal nach noch mehr Bundesmitteln rufen. Mehr Transparenz in der Mittelverwendung muss Grundvoraussetzung für die Beantwortung jedweder Finanzierungsfrage sein. Zugleich muss sich die Art der Rechnungslegung ändern. Aufgrund oftmals fehlender Doppik herrscht weitgehende Unkenntnis über die realen Kosten des ÖPNV, mithin den Grad der Kostendeckung und damit über die Verwendung der Steuermilliarden im System ÖPNV. Hier müssen die Länder unbedingt umsteuern.“ Erst wenn Kosten- und Finanzierungstransparenz herrschen, wissen wir, zu welchen Entgelten Mobilitätsleistungen angeboten werden müssten und in welcher Höhe staatliche Zuweisungen tatsächlich erforderlich sind. Dazu aber braucht es den festen politischen Willen, grundsätzlich etwas zu verändern.