Wirtschaftsrat warnt vor Kostenexplosion durch Lohnvorschriften in der Altenpflege
Wolfgang Steiger: In ihrem Überbietungswettbewerb blendet die Koalition enorme zusätzliche Kosten für Pflegebedürftige und nachfolgende Generationen aus
Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. warnt vor gesetzlichen Lohnvorschriften in der Altenpflege. Nachdem bereits am Wochenende Bundesarbeitsminister Heil mit dem ins Bundeskabinett eingebrachten „Pflege-Tariftreue-Gesetz“ Stellung für eine höhere Bezahlung in der Altenpflege bezog, zog Bundesgesundheitsminister Spahn mit einem eigenen Vorschlag nach, den er bereits in einer geplanten Pflegereform formuliert hatte. „Beide Vorschläge zielen darauf ab, dass Pflegedienstleister, die ihre Angestellten nicht nach Tarif bezahlen, kein Geld mehr aus der Pflegeversicherung erhalten“, warnt Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates. „Es entstünde faktisch ein Tarifzwang. Die negative Koalitionsfreiheit würde ausgehebelt - ein klarer Bruch der Tarifautonomie.“
Der Wirtschaftsrat befürchtet, dass die Große Koalition beide Gesetze noch vor der Bundestagswahl ohne Rücksicht auf negative Folgen durchdrücken wird, um bestimmte Wählergruppen zu bedienen. „Mit ihrem Überbietungswettbewerb zum Fang von Wählerstimmen blenden Union und SPD die enormen zusätzlichen Kosten für Pflegebedürftige und nachfolgende Generationen komplett aus“, kritisiert Wolfgang Steiger. „Entscheidend für höhere Löhne in der Pflegebranche ist doch, dass Pflegeheimen und -diensten höhere Personalkosten erstattet werden. Um das zu finanzieren, müssten entweder die Beitragssätze zur gesetzlichen Pflegeversicherung weiter erhöht, oder die Kosten auf die Pflegebedürftigen umgelegt werden.“
Während die Finanzierungsfrage von höheren Löhnen in der Altenpflege im Entwurf von Arbeitsminister Heil unbeantwortet bleibt, sieht Gesundheitsminister Spahns Vorschlag eine Erhöhung des Pflegebeitrags für kinderlose Arbeitnehmer vor, die aber ohnehin schon mehr Sozialabgaben bezahlen. Gleichzeitig soll eine Reduzierung der pflegebedingten Eigenanteile bezogen auf die Pflegedauer vorgenommen werden, um die Pflegebedürftigen zu entlasten. So sollen Personen, die länger als ein Jahr vollstationäre Leistungen beziehen, 25 Prozent des pflegebedingten Eigenanteils von der Sozialen Pflegeversicherung erstattet bekommen. Bei mehr als zwei Jahren werden 50 Prozent, bei mehr als drei Jahren 75 Prozent erstattet. „Die Finanzierung der Pflege müsste in beiden Fällen über höhere Pflegebeiträge oder – wie vom Bundesgesundheitsminister vorgeschlagen – über Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt übernommen werden“, sagt Wolfgang Steiger.
Zentral für die ohnehin steigenden Kosten im Pflegesektor aufgrund des demografischen Wandels der Gesellschaft wäre aber aus Sicht des Wirtschaftsrates zunächst eine ausgewogene Finanzierung durch die gesetzliche Pflegeversicherung einerseits und einer eigenverantwortlichen Zusatzvorsorge andererseits. „Nur so kann die 40-Prozent-Grenze bei den Lohnzusatzkosten dauerhaft gehalten werden“, ist Wolfgang Steiger überzeugt. „Das Bundesarbeitsministerium ist bereits Anfang des Jahres mit einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Altenpflege gescheitert, weil die Caritas aus sehr guten Gründen ihr Veto eingelegt hat. Die Große Koalition sollte denselben Fehler jetzt nicht nochmal begehen.“