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Standpunkt 18.07.2024
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Standpunkt Steiger: Ampel sendet erschreckende Signale

Wirtschaftspolitische Kolumne des Generalsekretärs des Wirtschaftsrates Wolfgang Steiger

Da kassiert das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr die Haushaltsplanung der Ampel als verfassungswidrig, weil sie nur mit Tricks und Schattenhaushalten die Vorgaben der Schuldenbremse scheinbar einhält. Doch die Ampel reagiert darauf – getrieben von roten und grünen Ausgabenwünschen und ersonnen primär im Kanzleramt – nun mit anderen Tricks und Schattenhaushalten im Bundeshaushalt 2025. Da fordert das Bundesverfassungsgericht von der Bundesregierung politische Weichenstellungen, um Einnahmen und Ausgaben nicht nur scheinbar, sondern tatsächlich mit der Schuldenbremse in Einklang zu bringen. Doch die Ampel verweigert mit der Planung für den Bundeshaushalt 2025 diese Weichenstellungen: Sie nimmt kaum wahrnehmbare Priorisierungen und Einsparungen vor; sie setzt bei der Haushaltsplanung auf das Hoffnungsprinzip statt auf das Vorsichtsprinzip, das für jeden Unternehmer als Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung selbstverständlich ist; sie macht keinerlei Anstalten, die Lücke im Wehretat nach Auslaufen des Sondervermögens zu schließen. Darum soll sich dann offenbar die nächste Bundesregierung kümmern. Es wird leider immer deutlicher: Von dieser Bundesregierung ist nicht mehr viel zu erwarten.

Die Ampel-Partner haben im Grunde mit dem Verstoß gegen die Schuldenbremse ihre Koalition auf einem schwerwiegenden Verfassungsbruch gegründet, der nur scheinbar durch Tricks und Schattenhaushalte kaschiert wurde. Doch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. November 2023 klargestellt, dass Ausgaben und Einnahmen tatsächlich, ohne Buchungstricks, mit der Schuldenbremse in Einklang zu bringen sind. Und wie reagiert die Ampel? Anstelle von nennenswerten Einsparungen will sie sich für 2025 Ausgaben in Höhe von 481 Milliarden Euro genehmigen, über 130 Milliarden Euro bzw. 37 Prozent mehr als im letzten Vor-Corona-Jahr 2019. Während der damalige Bundesfinanzminister Schäuble über Jahre hinweg eine schwarze 0 erwirtschaftete, plant die Ampel für 2025 mit einer Neuverschuldung von 44 Milliarden Euro, und nicht einmal diese zusätzlichen Verbindlichkeiten reichen in Wirklichkeit für die Ausgabenwünsche der Koalitionspartner aus. Denn um das Geld der Bürger weiter mit vollen Händen ausgeben zu können, verschiebt die Ampel Lasten in die Zukunft und trickst, was das Zeug hält. Die eigentlich dunkelrote Karte des Bundesverfassungsgerichts wird dabei fröhlich ausgeblendet:

· Das Kanzleramt selbst hat den Plan ausbaldowert, die dringend benötigten Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur teilweise als Kredite statt als Zuschüsse – an Autobahngesellschaft und Bahn – zu deklarieren. Im Klartext bedeutet dies: Statt des Bundes, der so nur scheinbar die Schuldenbremse einhält, verschulden sich dann eben Autobahngesellschaft und Bahn – Schattenhaushaltsführung par excellence! Mit dieser Trickserei wird in Wirklichkeit der Infrastrukturbereich in eine höchst prekäre Finanzlage getrieben. Die Ampel-Partner gehen jeder für sich offensichtlich stillschweigend davon aus, dass sie mit der nächsten Bundesregierung nichts mehr zu tun haben. Verantwortungslos ist ein solches Verhalten trotzdem.

· „Nach mir die Sintflut“ ist auch die Maxime der Bundeswehrfinanzierung. Im Jahr 2027, mit der Aufstellung des Etats für 2028, müssen 28 Milliarden Euro für den Wehretat zusätzlich aufgebracht werden, um das dann aufgebrauchte Sondervermögen Bundeswehr zu kompensieren. Die Ampel entzieht sich auch hier der Verantwortung, diesen Haushaltsspielraum zu schaffen

· „Heute das Geld mit vollen Händen ausgeben, dafür morgen der künftigen Regierung finanziellen Handlungsspielraum nehmen“ – dieses Prinzip zieht sich wie ein roter Faden durch die Haushaltsplanung, etwa bei der Berechnungsmethode für die Kursverluste von Bundesanleihen. Da wird das Verfahren flugs so geändert, dass Verluste nur noch zum Teil zum Entstehungszeitpunkt verbucht werden müssen. Die weitere Verbuchung von Verlusten wird dagegen in künftige Jahre verschoben und schränkt dann den Haushaltsspielraum ein.

· Auch jenseits des Bundeshaushaltes gefällt sich die Ampel darin, heute kräftig Geschenke zulasten von morgen zu verteilen: Die langfristige Fixierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent kostet von Jahr zu Jahr immer mehr, je weiter die Bevölkerungsalterung voranschreitet: In 2030 gut neun Milliarden Euro, 2035 betragen die Mehrausgaben dann schon gut 28 Milliarden Euro und 2040 etwa 40 Milliarden Euro

· Von der oft beschworenen Nachhaltigkeit ist in diesem Haushalt recht wenig zu entdecken. Statt des kaufmännisches Vorsichtsprinzips dominiert das politische Hoffnungsprinzip mehr als je zuvor. Einige Kostproben der wackeligen Planung für den Bundesetat 2025: Eine noch zu erbringende „globale Minderausgabe“ von 17 Milliarden Euro, fünf Milliarden Rückflüsse von der KfW, 14 Milliarden Euro wachstumsbedingte Steuermehreinnahmen, davon allein sechs Milliarden Euro durch das noch nicht einmal verabschiedete Wachstumspaket, gleichzeitig aber auch eine unterstellte Wachstumsschwäche, die eine erhöhte Neuverschuldung erlaubt - das sind die Zutaten für eine auf dem Papier eingehaltene Schuldenbremse. Wer so mit dem Prinzip Hoffnung „auf Kante“ kalkuliert und keinerlei Reserven einbaut, dem kann es nicht ernst mit der Einhaltung der Schuldenbremse sein. Er müsste sonst Spielraum für Eventualitäten einbauen. Dass Christian Lindner als maßgeblicher Akteur dieses unsolide Spiel mitbetreibt, offenbart einen unfassbaren Druck, der auf ihm zu lasten scheint – man bleibt trotzdem fassungslos zurück.

Zu den dringend erforderlichen Weichenstellungen und Schwerpunktsetzungen ist die Ampelkoalition offensichtlich nicht mehr in der Lage: Angesichts der neuen Bedrohungslage müsste der Haushalt dringend wesentlich mehr Geld für unsere Sicherheit vorsehen, angesichts der Wirtschaftsschwäche sind Steuerentlastungen unbedingt geboten. Der Spielraum für Einsparungen an anderer Stelle besteht, angesichts der genannten Ausweitung des Bundeshaushalts um über 130 Milliarden Euro bzw. 37 Prozent gegenüber 2019. Aber die Ampel kann sich nicht mehr auf mutige, zukunftsweisende Reformen verständigen.

Gerade in der jetzigen Zeit, in der immer mehr Menschen per Wahlentscheid die Systemfrage stellen, steigende Unzufriedenheit erkennbar wird und radikale Partien profitieren, ist diese sichtbare Handlungsunfähigkeit gepaart mit einer endlosen Streiterei in Wirklichkeit eine Bankrotterklärung der Bundesregierung unter Führung von Olaf Scholz. Deutschland kann mehr, aber offensichtlich nicht mit der Ampel.