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WR-Info 23.08.2022
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Neun-Euro-Ticket war eine teure Subvention

Wirtschaftsrat positioniert in der FAZ zur Reform des öffentlichen Nahverkehrs

Der Wirtschaftsrat fordert in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), dass die Anbieter des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) in die Lage gebracht werden, einen wesentlich größeren Teil der Betriebskosten als bislang über eigene Einnahmen zu erwirtschaften. „Das macht sie stärker und unabhängiger.“ Ein neues hochsubventioniertes Billigticket würde zwangsläufig zulasten der dringend notwendigen Investitionen in die Infrastruktur gehen.

Ende August läuft das mit insgesamt mit 2,5 Milliarden Euro subventionierte Neun-Euro-Ticket aus. Trotz der für den Steuerzahler enormen Kosten werden in der Öffentlichkeit schon jetzt verschiedene Nachfolgemodelle für dieses dreimonatige Prestigeprojekt der Ampel diskutiert. Dabei arbeitet der ÖPNV – auch ohne Neun-Euro-Ticket – bereits hoch defizitär. Denn schon vor Corona konnten die Anbieter ihre Gesamtkosten nur zu 41,5 Prozent aus Ticketverkäufen decken.

Der Wirtschaftsrat warnt daher davor, in einen politischen Unterbietungswettbewerb einzusteigen, wie viel ein Monats- oder Jahresticket kosten „darf“ – vor allem auch, weil die anstehenden finanziellen Herausforderungen für den ÖPNV enorm sein werden: vom politisch gewollten Austausch des Fuhrparks, etwa dem Umstieg vom Diesel- auf in der Anschaffung wie im Betrieb teuren E-Bus, über massive und bislang nicht eingepreiste Energiekostensteigerungen, aufwachsende Personalkosten infolge des angestrebten grundsätzlichen Ausbaus des ÖPNV-Angebots bis hin zum dringend erforderlichen Ausbau sowie der Sanierung der Infrastruktur. 

Bereits verständigt haben sich Bund und Länder darauf, nach Auslaufen des Neun-Euro-Tickets eine Evaluierung vorzunehmen und gemeinsam über die Zukunft der ÖPNV-Finanzierung zu beraten. Diese Gespräche müssen aus Sicht des Wirtschaftsrates folgende Themen in den Mittelpunkt rücken:

  • Finanzierung sichern: Der ÖPNV braucht eine nachhaltige und verlässliche Finanzierung. Dazu braucht es mehr Transparenz in der Finanzierung. Denn die Bundesländer, in deren Zuständigkeit der ÖPNV fällt, steuern mittlerweile weniger Mittel zu als der Bund und geben zur Verfügung gestellte Bundesmittel zugleich nicht immer vollständig für den ÖPNV aus. Ein pauschales Hochfahren der Subventionen, unter anderem um „Billigtickets“ zu ermöglichen, würde eindeutig zu Lasten der Investitions- und Leistungsfähigkeit des ÖPNV gehen und die Anbieter in immer größere Abhängigkeiten manövrieren. Diese stehen zugleich vor der Aufgabe, einen wesentlich größeren Teil ihrer Betriebskosten als bislang über eigene Einnahmen zu erwirtschaften. Der Schlüssel hierfür liegt unter anderem in weniger politischen Prestigevorgaben und Strukturreformen.

  • Strukturen reformieren: Für mehr Effizienz und innovative Lösungen müssen die Verkehrsverbünde ihr bisheriges „Silodenken“  überwinden, zusammenarbeiten, in größeren Räumen denken und sich gegebenenfalls auch zusammenschließen. Gleichzeitig müssen die Aufgabenträger - Bundesländer, Landkreise und Städte - die privaten Mobilitätsanbieter als Problemlöser und damit als Partner begreifen. Dabei dürfen sich die Bemühungen zur Attraktivitätssteigerung nicht allein auf die Ballungsräume konzentrieren, sondern müssen auch den ländlichen Raum im Blick haben.

  • Nutzerperspektive einnehmen: Soll der Nahverkehr wachsen, muss er sich für den Nutzer rechnen, also ein auch finanziell attraktives Gegenmodell zum Auto sein. Dies ist nur mit niederschwelligen Angeboten zu erreichen.

Möglicherweise kann Österreich Vorbild sein. Dort wurde das ÖPNV-System bereits reformiert. Eingeführt wurde ein Drei-Stufen-Modell mit einem Jahresticket für das jeweilige Bundesland und einem Aufpreis für angrenzende Regionen sowie ein sogenanntes „Klimaticket“ für 1.095 Euro pro Jahr, das landesweit für Bus und Bahn gilt.

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