Wohnungsbau: Kabinett beschließt „Bauturbo“ – Wirtschaftsrat mahnt strukturelle Reformen an
Das Bundeskabinett hat gestern den Gesetzentwurf zur Beschleunigung des
Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung – auch als „Bauturbo“ bezeichnet –
beschlossen. Ziel ist es, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu vereinfachen
und durch flexible Regelungen schneller bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Der Wirtschaftsrat begrüßt grundsätzlich jede Initiative zur Beschleunigung des
Wohnungsbaus, warnt jedoch davor, die strukturellen Ursachen der Baukostenkrise
auszublenden. In einer aktuellen Stellungnahme, die heute auch vom POLITICO-Newsletter
„Industrie & Handel“ aufgegriffen wurde, macht
Generalsekretär Wolfgang Steiger deutlich:
„Man spürt, die Regierung kommt ins Arbeiten. Doch die Bemühungen um
bezahlbares Bauen kranken an einer grundlegenden Fehlannahme: Homöopathische
Erleichterungen, wie sie jetzt vom Kabinett auf den Weg gebracht wurden, werden
die Baukosten nicht spürbar senken. Denn die wahren Kostentreiber liegen tiefer
– in überzogenen Energieeffizienzvorgaben, in einem komplett überregulierten
Baurecht und vor allem auch in einem Mietrecht, das Investitionen erschwert
statt ermöglicht.
Wer ernsthaft eine Bauwende will, muss an die Struktur. Wir brauchen die
Möglichkeit für serielles Bauen und Sanieren nach bundesweit einheitlichen
Standards. Wir brauchen den Ersatz des bisherigen GEG durch eine einfachere und
vor allem technologieoffenere Gesetzgebung. Wir brauchen die Wiederbelebung des
EH55-Standards, mithin einen neuen Fokus auf Emissions- statt Energieeffizienz
eines Gebäudes. Wir brauchen die digitale Bauakte, die verbindliche
Drei-Monats-Frist für Genehmigungen, damit zügig umgesetzt werden kann. Vor
allem aber brauchen wir ein investitionsfreundliches Mietrecht, denn ohne
dieses bleibt jede Baukostensenkung wirkungslos. Starre Regelungen wie
Mietpreisbremse, Kappungsgrenze oder Modernisierungsobergrenzen verhindern,
dass sich Neubau und energetische Sanierung refinanzieren lassen.
Statt blinder Ausweitung der Mietenregulierung würde eine stärkere Subjektförderung, die zielgenau Mieter mit kleinem Einkommen entlastet, dazu beitragen, die soziale Verträglichkeit von Neubau wie Wärmewende abzusichern, gleichzeitig die Baukosten wieder refinanzierbar machen und nicht zuletzt auch mehr Gerechtigkeit schaffen. Denn: Die derzeitigen Instrumente sollen Mieter mit geringem Einkommen schützen, begünstigen in der Praxis aber häufig eher Besserverdienende und subventionieren damit die ‚Falschen‘.“