2023 beginnt in Brüssel mit zentralen Entscheidungen für die Datenökonomie
Die Welt ist im Umbruch, nicht erst seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine, sondern auch bereits in den Jahren vor der Corona-Pandemie. Die Geschäftsmodelle der deutschen Industrie verändern und entwickeln sich weiter. Vom reinen „Hardware“-Produzenten kommend nehmen die Maschinen- und Anlagenbauer, eine Säule der deutschen Wirtschaft, zunehmend in den Blick, wie aus der Nutzung der „Hardware“ weitere Wertschöpfung generiert werden kann. Services und Daten spielen dabei die Schlüsselrolle.
Vor diesem Hintergrund sind aktuelle Beratungen der europäischen Gesetzgeber, Rat und Europäisches Parlament, zu Legislativvorschlägen der Europäischen Kommission hoch relevant für die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft in Deutschland und Europa. Mit dem sogenannten „EU Data Act“ möchte die EU einen Rechtsrahmen für Industriedaten schaffen. Hierzu haben sich die Mitgliedstaaten im Rat jedoch noch nicht eindeutig festgelegt. Spannend wird sein, wie sich der federführende Ausschuss im Europäischen Parlament voraussichtlich nächste Woche positionieren wird. Aus Sicht des Wirtschaftsrates ist zentral, dass die Perspektive der Unternehmen bzw. der Produzenten in den Mittelpunkt rückt. Der Data Act soll den Umgang mit Industriedaten regeln, wie auf Industriedaten zugegriffen, wie die Daten gemeinsam genutzt und monetarisiert werden können. Es wäre fahrlässig, Datenschutzstandards aus der auf Verbraucher ausgerichteten Datenschutzgrundverordnung eins zu eins zu übertragen. Gleichwohl darf der Data Act nicht zu granular regulieren. Der Umgang mit Daten liegt im Kerninteresse im Verhältnis von Produktanbieter zu Produktnutzer. Hieraus können sich marktwirtschaftliche Lösungen entwickeln. Der Wirtschaftsrat weist bei seinen Gesprächen in Brüssel – so jüngst dieser Tage – immer wieder auf diese Punkte hin.
Ein zweites relevantes Gesetzesvorhaben ist der sog. „EU AI Act“, mit dem Regeln für die Entwicklung, das Inverkehrbringen und die Nutzung von Systemen der Künstlichen Intelligenz (KI) geschaffen werden sollen. Auch hier stehen im März zentrale Entscheidungen im Europäischen Parlament an. Allerdings scheint sich die deutsche Bundesregierung uneins zu sein, welche Balance sie im Spannungsfeld zwischen Regulierung von sogenannter Hochrisiko-KI einerseits und innovationsfreundlichen Bedingungen für die Entwicklung von Zukunftstechnologien andererseits finden will. Nachdem die Bundesregierung ihre Position in Brüssel im Dezember beschlossen hat, kommen nun SPD und FDP mit Forderungspapieren aus der Deckung, um noch Verbesserungen zu erreichen. Der Wirtschaftsrat hat gegenüber der Bundesregierung deutlich gemacht, dass auch in diesem Gesetzesvorhaben die Zielgruppe, die Entwickler, zu wenig bedacht werden. Der AI Act nimmt eine starke Verbraucherorientierung ein, und wird von spezifischen Anwendungen her gedacht. Reguliert werden sollen allerdings die Entwickler, die primäre grundlegende KI-Systeme gestalten. Dadurch droht auch hier eine Fragmentierung. Die Hoffnungen liegen nun auf dem Europäischen Parlament, das hier bis März eine Balance finden muss. Der Wirtschaftsrat bleibt dran.