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05.10.2023
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Ausweitung der individuellen Arbeitszeiten sichert Wohlstand

Der Wirtschaftsrat wendet sich gegen die Vorstöße zur Einführung einer Vier-Tage-Woche. Deutschland ist schon heute Schlusslicht bei den Arbeitszeiten.
©©Adobe Stocks/Industrieblick

Der Wirtschaftsrat wendet sich gegen Vorstöße zur Einführung einer Vier-Tage-Woche, gefordert insbesondere von Gewerkschaftern und SPD-Politikern. Deutschland ist unter den 38 OECD-Staaten bereits heute Schlusslicht bei den jährlichen Arbeitszeiten. Der mit dem Renteneintritt der Babyboomer zunehmende Arbeitskräftemangel erfordert eine Ausweitung statt einer weiteren Verringerung der Arbeitszeiten.

Mit jährlich durchschnittlich nur 1.349 Arbeitsstunden sind die Erwerbstätigen in Deutschland abgeschlagen Schlusslicht unter den 38 OECD-Staaten. Allein um den OECD-Durchschnitt zu erreichen, müssten die individuellen jährlichen Arbeitszeiten in Deutschland um 367 Stunden also gut um ein Viertel ansteigen. Spitze bei den Urlaubs- und Ferientagen, dagegen Schlusslicht bei der wöchentlichen Arbeitszeit – das ist ein massiver Nachteil für den Standort Deutschland.

Klar ist: Was nicht produziert wird, weil die Arbeitszeiten zu kurz sind, kann auch nicht verteilt werden – weder an die Erwerbstätigen selbst, noch über Sozialleistungen an andere. So sind die geringen Arbeitszeiten in Deutschland auch eine massive, allgemeine Wohlstandsbremse. Dies gilt umso mehr angesichts des allgegenwärtigen Arbeitskräftemangels – aktuell sind zwei Millionen Stellen unbesetzt. Dabei wird die Zahl der Erwerbstätigen dieses Jahr mit 45,9 Millionen sogar noch ihr Maximum erreichen – und ab 2024 zunächst langsam und dann immer rascher sinken. Der Arbeitskräftemangel wird sich so in den kommenden Jahren noch dramatisch zuspitzen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand treten. Etwa ab dem Jahr 2025 gehen die Babyboomer in Rente, bis Mitte der 2030er Jahre verlassen 8,9 Millionen Erwerbstätige den Arbeitsmarkt. Gleichzeitig rücken nur 8,4 Millionen junge Menschen nach und erreichen das Erwerbsalter. Wenn diese alle arbeiten würden, ergäbe sich eine zusätzliche Lücke von 500.000 Erwerbstätigen. Legt man dagegen die aktuelle Erwerbsquote von 82 Prozent zugrunde, würde sich die zusätzliche Lücke sogar auf zwei Millionen Erwerbstätige belaufen.

Umso dringender muss das Arbeitsstundenvolumen stabilisiert werden, um mindestens so viele Güter zu produzieren wie bisher, damit den Wohlstand zu wahren und das Land am Laufen zu halten. Denn trotz der Rekordzahl von 45,9 Millionen Erwerbstätigen in diesem Jahr ist das gesamte Arbeitsstundenvolumen seit 2019 um 1,2 Prozent gesunken. Grund ist, dass jeder Erwerbstätige durchschnittlich immer weniger arbeitet. Wenn nun auch noch alle von einer Fünf- auf eine Vier-Tage-Woche umstellten, könnte unser Gemeinwesen kaum noch funktionieren. Man denke beispielsweise an die Auswirkungen von 20 Prozent weniger Unterrichtsstunden, 20 Prozent weniger Ärzten und Pflegern in den Krankenhäusern, 20 Prozent weniger Zugführerstunden, 20 Prozent weniger verfügbaren Handwerkern und letztlich auch 20 Prozent weniger Fahrzeugen, die vom Band rollen.

Die Bürger haben hier viel mehr Realitätssinn als Gewerkschafter und führende SPD-Politiker: 55 Prozent lehnen nach einer Forsa-Umfrage eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich ab. Ihnen ist klar: Unser Wohlstand will erarbeitet werden, und der Lohnkostenschock von um ein Viertel höheren Stundenlöhnen wäre ein Dolchstoß für die deutschen Betriebe.