Cookie-Einstellungen

WR-Intern
20.03.2023
Drucken

Brüsseler Regelflut für Künstliche Intelligenz könnte europäischen Standort weiter schwächen

©Adobe Stock (zapp2photo)

Deutschlands Wirtschaft hat enorme Chancen, unter Einsatz von Schlüsseltechnologien Führerschaft in der Wertschöpfung 4.0 zu erlangen. Hierunter fällt insbesondere die Künstliche Intelligenz (KI), mit der es möglich wird, maschinelle Prozesse zu optimieren und einen Mehrwert aus Daten zu generieren. Für die vom Maschinen- und Anlagenbau geprägte deutsche Volkswirtschaft ergeben sich über Prozess- und Industriedaten sowie den Einsatz von KI enorme Potentiale. Viel zu oft aber wird der KI mit Sorgen und Risikoszenarien begegnet, anstatt die Chancen zu betrachten. Das liegt vor allem an dem Unbekannten: der Blackbox einer selbstlernenden KI.

Seit zwei Jahren wird in Brüssel intensiv über den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Regulierung der Künstlichen Intelligenz, dem sogenannten EU AI Act, beraten. Nachdem sich der Ministerrat der EU-Mitgliedstaaten bereits im Dezember 2022 positioniert hatte, schauen gerade alle Augen auf den Beratungen zum Bericht des Europäischen Parlaments. Im Laufe der Befassungen von Ministerrat und Europäischen Parlament sind Anforderungen in die KI-Regulierung eingegangen, die weit über das Kernanliegen der Europäischen Kommission hinausgehen. Mit einer starken Fokussierung auf die Verbraucherperspektive, die gar nicht im Mittelpunkt der Anwendungen steht, und einer Hochrisiko-Betrachtung droht der EU-Regulierungsansatz industrielle Anwendungspotentiale für Innovationen zu ersticken.

Zuletzt hatte die Bundesfachkommission „Künstliche Intelligenz und Wertschöpfung 4.0“ sich zu dem EU AI Act mit dem Co-Berichterstatter der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Axel Voss MdEP, ausgetauscht. Unisono war der Tenor, dass mit den Forderungen des Euro-päischen Parlaments der Digitalisierung der Wirtschaft ein Bärendienst erwiesen wird. Dem AI Act fehlt die Balance zwischen Regeln und Freiräume für Innovationen, so sehen es auch der Abgeordnete Axel Voss und die Digitalministerin des Landes Hessen, Frau Prof. Sinemus. Axel Voss wusste zu berichten, dass insbesondere die linken Fraktionen im Europäischen Parlament nicht nur einfache regelbasierte Algorithmen sondern sogar komplexe Software-systeme als KI-Systeme definieren wollen. Dieser Logik folgend, müssten komplexe Excel-Dateien vom AI Act adressiert werden – ein völlig abwegige Vorstellung. Mit der Ausrichtung des Europäischen Parlaments mutiert der AI Act zu einem „Technologie-Act“, der praktisch jede komplexe Software unter einen KI-Begriff subsumiert.

Es ist unverständlich, warum das Europäische Parlament den Ansatz verfolgt, eine eigene, umfassendere KI-Definition zu bestimmen, wo doch bereits eine OECD-Definition von KI besteht. Für die deutsche aber auch die europäische Wirtschaft, die auf die Weltmärkte ausgerichtet und international aktiven sind, ist doch gerade eine international einheitliche Definition von Vorteil.

Ergebnis des Dialogs zwischen den Mitgliedern der Bundesfachkommission und der Politik war, besser keine KI-Regulierung zu haben, als eine schlechte. Ein neuer Anlauf in der neuen Legislaturperiode des Europäischen Parlamentes wäre dann die Folge. Der Wirtschaftsrat bleibt dran.