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31.07.2025
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"CORE": Wirtschaftsrat kritisiert geplante Unternehmensabgabe

Nach dem Deal ist vor dem Deal. Die europäische Unternehmensabgabe „CORE“ ist das Falscheste, was die EU jetzt machen kann.
©Adobe Stock (finecki)

Die Schlagzahl grundlegender Entscheidungen in der EU ist derzeit hoch: Vor zwei Wochen erst stellte die EU-Kommission ihre Vorschläge für einen Mittelfristigen Finanzrahmen bis 2034 vor; letzten Sonntag besiegelte die Kommissionspräsidentin den Handelsdeal mit Donald Trump, um Schlimmeres für die europäische Wirtschaft zu vermeiden.

Was allerdings fehlt: Eine klare makroökonomische Sicht und Wirtschaftsstrategie der EU nach innen wie nach außen! Das Arbeitsprogramm der Kommissionspräsidentin ist geduldiges Papier. Konkrete Politikziele werden immer auch am Budget gespiegelt. Vor diesem Hintergrund lohnt ein genauerer Blick in den Vorschlag der EU für ihren Haushaltsrahmen in der kommenden siebjährigen Finanzierungsperiode. Und hier offenbart die EU-Kommission auf der Einnahmenseite gravierende Fehleinschätzungen; man gewinnt den Eindruck, dass trotz einer Welt der Umbrüche Kommissionsbeamte noch immer nicht den Schuss gehört haben: 

Während die USA seit Jahren drastisch Steuersenkungen für Unternehmen umsetzen, schlägt die EU-Kommission zur Finanzierung gestiegener Budgetansätze eine zusätzliche Unternehmensabgabe als neue Einnahmenquelle vor, die „Corporate Resource for Europe (CORE)“. Genauer: Unternehmen mit Sitz in der EU (unabhängig ob aus der EU oder aus Drittstaaten) und mit einem Umsatz über 100 Mio. Euro sollen 0,1 Prozent ihres Umsatzes als Sonderabgabe in den EU-Haushalt einzahlen.

Die Idee einer neuen EU-Abgabe für größere Unternehmen ist wirtschaftspolitisch völlig verfehlt. Die neue EU-Kommission ist mit dem klaren politischen Ziel angetreten, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft voranzustellen. Der Vorschlag einer „Reichenabgabe“ für Unternehmen über 100 Millionen Euro Jahresumsatz konterkariert dieses Ziel vollends. Unternehmen sind kein Selbstbedienungsladen für politische Kassenlöcher.

Es braucht mehr wirtschaftliche Stärke in der EU, das geht nur mit höherer Produktivität und mehr Investitionen. Die geschätzten 6,8 Mrd. Euro, die CORE laut EU-Kommission jährlich einnehmen sollen, fehlten als Eigenkapital zum Hebeln von Unternehmensinvestitionen. Zudem bestraft CORE diejenigen Unternehmen, die im EU-Binnenmarkt wachsen und zu global Playern werden können. Dabei ist der Binnenmarkt vor allem ein Wachstums- und Skalierungsmarkt für die europäische Wirtschaft. Mit CORE wirft die EU-Kommission der Dynamik von Unternehmen Stöcker in die Speichen.

Darüber plant die EU-Kommission mit Einnahmen aus dem CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM. Dabei verkennt sie die Wirkung dieser europäischen Insellösung für die Außenwirtschaft. Nicht zuletzt hat der US-Präsident Europa vor Augen geführt, dass Alleingänge der EU unter dem Framing „Nachhaltigkeit“ in Drittstaaten als nicht-tarifäre Handelshemmnisse und europäischer Protektionismus gesehen wird. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Handelskonflikte und des Abrückens von klaren Regeln sendet das Festhalten am CBAM das falsche Signal an die internationalen Partner aus. Nach dem Handelsdeal mit den USA muss die EU alle Hürden abbauen, die einer Diversifikation von internationalen Handelsbeziehungen und Wertschöpfungsketten entgegenstehen. Hierzu zählt auch der europäische Alleingang zu CBAM.

Die Europäische Kommission muss endlich erkennen, dass nicht immer mehr Ausgaben und damit immer mehr Einnahmewünsche die Lösung sind: Wettbewerbsfähigkeit lässt sich nicht durch EU-Programme herstellen, sondern durch bessere Rahmenbedingungen. Statt neue Einnahmen zu erfinden, sollte die EU-Kommission endlich die Europäische Kapitalmarktunion vorantreiben. Das würde nicht nur Investitionen mobilisieren, sondern macht auch öffentliche Fördermittel an vielen Stellen überflüssig. Wachstum entsteht nicht durch Umverteilung, sondern durch unternehmerische Dynamik. 

Europas Politik in den Mitgliedstaaten und in Brüssel muss jetzt dringender denn je in den ökonomischen Zusammenhängen zwischen internationaler Wettbewerbsfähigkeit nach außen, Finanzstabilität nach innen und ökonomischer Stärke denken. Sonst läuft die EU Gefahr, dass Brüsseler Bürokraten und Regulierungen den Binnenmarkt immer wieder gegenüber globalen Wirtschaftsräumen verzwergen.